Jetzt, da wir die Methode kennen gelernt haben, mit welcher man die Qualität der eigenen Vorhersagen sogar langfristig überprüfen kann und dabei weder Geld setzen muss noch die Einschätzungen anderer Propheten herbeiziehen muss, ist es an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie man die Einschätzungen zweier bis mehrerer Spieler, Tipper, Propheten, Buchmacher miteinander vergleichen kann. Und in diesem Falle sogar eine optimale, mathematisch einwandfreie, korrekte Abrechnungsmethode zu bestimmen.
Dazu erwähne ich noch einmal das Problem bei dem vorhergehenden Beispiel, dem zur Qualitätsprüfung der Vorhersagen: Wir können durchaus langfristig die Prognosen zweier Propheten miteinander durch die angegebene Methode vergleichen. Man bekommt auch eine Aussage. Aber die Aussage ist noch interpretierbar (erinnern Sie sich aber in diesem Zusammenhang bitte an allgemeine Aussagen, die Statistiker zu treffen in der Lage sind: Sie versehen Ihre Aussagen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit). Also man könnte auch diese Ergebnisse noch unterschiedlich deuten. Wer war tatsächlich besser?
Dazu will ich Ihnen noch einmal ein Beispiel geben von zwei Propheten, die nach einer Anzahl von, sagen wir, 1000 Spielen folgende Ergebnisse erzielt haben: Einer hat eine Festlegung, also eine durchschnittliche Wahrscheinlichkeit erwartet von 40.5%. Erreicht hat er aber nur 39.9%. Der andere hat auf die gleiche Auswahl von Spielen aber eine Festlegung von 38.95% gehabt, dafür aber eine eingetretene durchschnittliche Wahrscheinlichkeit von 39.2% erreicht. Wenn wir jetzt die Kriterien berücksichtigen, die für uns als günstig angesehen werden: Möglichst hohe W-keit erwarten und mit der eingetretenen möglichst nahe daran liegen, dann stellt sich bei diesen beiden Ergebnissen die Frage: wer hat denn nun besser prophezeit, vorhergesagt?
Der eine hat eine höhere erwartet, diese aber nicht ganz erzielt. Der andere hat eine etwas geringer erwartet, diese aber auch untererfüllt. Die Abweichung ist zwar bei Spieler 1 etwas höher, dafür hatte er das andere Ziel, so hoch wie möglich vorherzusagen, besser erreicht. Soll man nun die absolute Abweichung in Betracht ziehen? Oder die Höhe der durchschnittlich erwarteten Wahrscheinlichkeit zu des ersten Spielers Gunsten auslegen? Und wenn, in welcher Höhe?
Jedenfalls ist es nicht ganz einfach. Abgesehen davon, dass es selbstverständlich Glück und Pech gäbe, selbst wenn wir eindeutige Kriterien festlegen würden.
Also suchen wir eine finanziellen oder punktemäßig korrekte Abrechnung. Wie der Wettmarkt im Moment funktioniert ist es so: Einer bietet Quoten an (herkömmlicher Buchmacher, asiatischer Wettmarkt, Wettbörsen). Der Spieler, der zugleich auch Anbieter sein kann (Wettbörse), nimmt ein Angebot an oder lässt es sein bzw. erfragt er sich die Quote, die er gerne hätte. Aber was, wenn man die Einschätzungen gegeneinander „wetten“ lassen würde? Wie müsste man diese abrechnen?
Zunächst mal lassen wir den Anbieter oder Organisator der Wetten heraus, der theoretisch für sein zur Verfügung stellen des Wettangebots selbstverständlich dabei etwas verdienen muss. Insofern sind alle angebotenen Wetten nicht exakt auf 100% berechnet. Sie lassen dem Anbieter einen theoretischen Gewinn übrig, wie an anderer Stelle erläutert. Aber wir versuchen zunächst mal, das „Spiel“ absolut fair ablaufen zu lassen und im einfachsten Fall zwei Propheten gegeneinander antreten.
Ich schreibe zwei voneinander abweichende Einschätzungen auf, und wir überlegen dann, wie man diese bei jedem möglichen Spielausgang miteinander abrechnen müsste, damit jeder zu seinem Recht kommt. Hier erstmal die Einschätzungen. Ich komme zurück zum Bundesliga Saisoneröffnungsspiel 2008/2009 Bayern München – Hamburger SV. Meine Einschätzungen habe ich bereits notiert, hier noch einmal und dann mit einer alternativen Einschätzung:
Paarung | Prozente | Faire Quoten | BM Quoten | Torerwartungen | |||||||||
Heim | Ausw | 1 | X | 2 | |||||||||
1 | FC Bayern | HSV | 56.60% | 27.87% | 15.52% | 1.77 | 3.59 | 6.44 | 1.65 | 3.20 | 5.25 | 1.41 | 0.59 |
1 | FC Bayern | HSV | 64.20% | 22.10% | 13.70% | 1.56 | 4.52 | 7.30 | 1.50 | 3.70 | 6.00 | 1.52 | 0.53 |
Das sind erstmal ganz einfach zwei unterschiedliche Prognosen. Die Eitelkeit der Propheten einbeziehend, nehmen wir mal an, dass jeder von der Wahrheit seiner Quoten, seiner Einschätzung, überzeugt ist und darauf wetten würde. Nun fragt man sich, wie eine Wette zustande kommen sollte? Jeder bietet dem anderen seine Bezahlquote an (Spalten BMQuoten) und fragt den anderen, ob er bereit ist, dafür zu wetten. Der zweite Prophet hätte sogar angesichts seiner Einschätzung eine gute Begründung, Bayern auf Sieg zu spielen. Denn die Bezahlquote liegt oberhalb der fairen Quote. Dennoch wäre das nicht allgemein gültig.
Aber gibt es nicht ein korrektes Abrechnungssystem, bei dem es jedem der beiden genügt, nur die Wahrscheinlichkeiten (und damit im Kehrwert die fairen Quoten) zu notieren und damit sind sämtliche Wetten bereits platziert? Eine Wette direkt auf die Einschätzung?
Es gibt das System. Sicher. Man muss es nur gut einrichten, damit es keine Umgehungsmöglichkeit gibt, für einen der beiden eine nicht korrekte Einschätzung niederzuschreiben und dennoch offensichtlich zu profitieren. Ich stelle zunächst das korrekte System vor, um anschließend zu demonstrieren, warum ein einfacheres System scheitert.
Die korrekte Vorgehensweise (hierbei gleichgültig, ob um Geld oder nur um „Punkte“ gespielt wird) lautet: Beide wetten auf alle drei Chancen zu der Quote, die vom Gegenspieler angeboten wird. Entscheidend ist jetzt die Berechnung der Einsatzhöhe. Die Einsatzhöhe, mit der man auf die faire Quote des Gegenspielers wettet ist die Summe der beiden auf das Ereignis angenommenen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Durch diese Bedingung ist klar, dass beide exakt die gleichen Einsätze tätigen, auf jede Chance diese dennoch unterschiedlich ist. Wie viel man selber bereit ist, zu wetten, hängt davon ab, wie hoch man die Chance einschätzt, so die übersetzte Begründung. Je mehr Prozente Sie einer Chance einräumen, umso mehr Geld sind Sie bereit zu setzen und setzen Sie auch. Das ist doch einleuchtend?
Mathematisch geht das ganz korrekt auf. Die Aussage eines jeden Teilnehmers (hier zunächst nur zwei), der eine Einschätzung niederschreibt, muss lauten: „Meine Wahrscheinlichkeiten — und damit auch die faire Quoten — stimmen. Jede Abweichung davon, die ein anderer annimmt, ist ein Fehler. Ich bin bereit, auf diese Abweichung zu wetten.“ So sind die Teilnahmebedingungen. Wie gesagt, man kann es auch zunächst nur um Punkte (als Tippspiel) und ohne Geldeinsatz spielen. Aber wünschenswert hört es sich doch an, oder? Ich schreibe die Wahrheit auf. Jeder, der davon abweicht, also eine andere Wahrheit hat, muss dafür langfristig büssen. Denn: wenn meine stimmt, gehe ich als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Erwähnenswert auch hier: Gegen Glück und Pech ist man bei allen derartigen Spielen machtlos. Denn: Selbst Gott (der für dieses Beispiel aber nur die wahren Wahrscheinlichkeiten kennt und anschließend würfelt; ein Glück hab ich das Kapitel „Paradoxa“ dabei. Denn: wie anders könnte man sonst den Terminus „wahre Wahrscheinlichkeit“ nennen? Ach ja, Gegensatz zu Paradoxon ist „Tautologie“; eine sich selbst beweisende Aussage) könnte nach einer vorgegebenen Anzahl von Spielen, Ereignissen, auch verlieren, wenn er Pech hätte. Ein schöner Unsinn.
Man addiert die Wahrscheinlichkeiten der beiden Propheten auf und hat so die Einsatzhöhe pro Ereignis. Das sieht im konkreten Beispiel so aus:
FC Bayern | HSV | 1.2080 | 0.4997 | 0.2922 |
Das sind die Summen der Wahrscheinlichkeiten. Diese Summe beträgt natürlich exakt 2. Wir addieren die Chancen von zwei Teilnehmern auf, deren einzelne Summe jeweils 1 ist. Um ein Beispiel für die Berechnung zu geben: Spieler 1 hat für Bayern Sieg 56.60%, Spieler 2 hat 64.20% angenommen. Das ergibt 0.566 + 0.642 = 1.208. Der Spieler, der die höhere Chance hat, wettet sozusagen einen höheren Anteil dieses Gesamtbetrages auf die von ihm angenommene höhere Chance.
In Geldbeträge umgerechnet werden können diese Zahlen, indem man einen Betrag pro Einheit vereinbart. Also beispielsweise 1000 Euro pro Punkt würde die Einsätze von 1208 Euro jeweils auf Heimsieg, 500 Euro auf Remis und 292 Euro auf die 2, Sieg HSV ergeben. Dadurch, dass die Beträge gegenseitig gewettet werden, hören sie sich zwar hoch an, sind es aber nicht ganz so. Es bleibt ja nur das übrig, was einer der beiden mehr an Quote bezahlt als der andere.
Bei einem Tippspiel ohne Geldeinsatz erübrigt sich das. Man spielt um Einheiten.
Der Sinn der Sache ist der: Im Sinne der Gerechtigkeit bin ich bereit, auf des Gegners Einschätzung zu wetten. Ich bin auch bereit, jede der Chancen zu wetten. Zugleich bin ich selbstverständlich bereit, meine eigene faire Quote zu bezahlen. Dabei habe ich keinen Nachteil. Den Vorteil erhalte ich dadurch, dass der andere möglicherweise mehr bezahlt, eine höhere Quote. Wenn nicht auf dieses Ereignis, dann auf das, welches ich für wahrscheinlicher halte als er, und das ist in meinem Sinne. Aber nur unter einer Bedingung: Er wettet auch bei mir, ebenfalls auf meine Einschätzungen. Dann wird sich mein Vorteil der besseren Einschätzung schon bemerkbar machen. Denn: Irgendwo hat er einen höheren Kurs bezahlt als ich. Und auf dieses Ereignis hat er den Kurs zu Unrecht bezahlt. Denn die Einschätzung ist falsch, zu hoch. Also kann es nur noch Streit über die Höhe der Einsätze geben. Ich spiele bei ihm, er spielt bei mir. Das ist gerecht. Aber wie hoch müssen wir spielen? Diese Komponenten sind linear. Es genügt einfaches addieren.
Zur intuitiven Begründung:
Je höher ich ein Ereignis einschätze, je höher die Chance auf Eintreten ist, umso mehr Geld bin ich bereit, darauf zu setzen. Ich steuere die Einsatzhöhe quasi über die von mir dem Ereignis zugestandene, zugeordnete Wahrscheinlichkeit. Wenn ich ein Ereignis für unwahrscheinlich(er) halte, wette ich auch weniger. Absolut linear. Je geringer die Chance, umso geringer der Einsatz. Genauso mein Gegenspieler.
Jetzt schauen wir aber zunächst mal, was passiert und was es, aus Sicht des einzelnen Spielers bedeutet. Diese oben berechneten Einsätze. Nehmen wir mal an, dass wir es für heute in Geld umrechnen. Dann einigen wir uns vorher, wie viel Euro wir pro Einsatzpunkt spielen, ansonsten sind es eben einfach Einheiten. Aber sagen wir mal, wir spielen heute um 1000 Euro pro Einsatzpunkt. Das ergibt für jeden Spieler einen Einsatz von 1208 Euro auf die faire Quote des anderen bei Sieg Bayern, ca. 500 Euro Einsatz für jeden einzelnen auf die Remisquote des anderen und 292.2 Euro auf den Sieg des Außenseiters. Nun müssen wir uns ans Ausrechnen des Ergebnisses machen, zunächst des möglichen Ergebnisses. Was passiert nun, wenn Bayern gewinnt?
Spieler 1 muss an Spieler 2 auszahlen 1208* 1.77, den Einsatz * der eigenen fairen Quote, die er zu zahlen bereit war. Zurück bekommt er aber nur 1208* 1.56, die faire Quote des anderen. Also verliert er insgesamt 0.21 Einheiten (die Differenz zwischen 1.77 und 1.56, 1.56-1.77 = -0.21), macht 210 Euro. Wenn das Remis kommt, das X, dann muss Spieler 1 seine faire Quote ausbezahlen, also 3.59 * 500, bekäme aber 4.52 * 500 Euro zurück. Er gewänne 0.93 * 500 = 465 Euro. Bei Auswärtssieg ist die Rechnung so: Spieler 1 zahlt aus 6.44 * 229.2 und bekommt zurück 7.30 * 229.2, gewinnt 0.86 * 229.2 = 197.11 Euro. Spieler 1 verliert bei Sieg Bayern, gewinnt aber bei X und 2. Das erscheint soweit logisch, denn er hat die Chancen auf 1 kleiner als der andere, auf X und auf 2 jeweils höher.
Die Beträge, die er gewinnen würde stehen auch im Verhältnis zur Eintrittswahrscheinlichkeit. Auf die kleineren Chancen bekommt er mehr Geld zurück, Die Einschätzungen auf X weichen am meisten voneinander ab, demnach ist hier der Auszahlungsbetrag am höchsten.
Jetzt zeige ich noch, wie dann vor dem Spiel ein korrekter Berechnungsbogen mit allen Möglichkeiten aussehen würde:
1 | FC Bayern | HSV | 56.60% | 27.87% | 15.52% | 1.77 | 3.59 | 6.44 |
2 | FC Bayern | HSV | 64.20% | 22.10% | 13.70% | 1.56 | 4.52 | 7.30 |
Einsätze beiderseits auf | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€1,208.00 | €499.70 | €292.20 | ||||||
Auszahlung aus Sicht Spieler 1 im Falle von | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€256.54 | €467.16 | €251.08 | ||||||
Gewinnerwartung aus Sicht von Spieler 1, falls seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€23.96 | ||||||||
Gewinnerwartung aus Sicht Spieler 2, wenn seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€27.06 |
So kann Spiel für Spiel korrekt abgerechnet werden. Ob in Euro oder in Punkten. Und bei mehr als zwei Teilnehmern am Spiel ändert sich nicht viel. Alle Wahrscheinlichkeiten werden aufaddiert, jeder wettet gegen jeden diesen Einsatz auf eines jeden Teilnehmers faire Quote.
Zusätzlich habe ich die Gewinnerwartungen der beiden Spieler mit angegeben, unter der Annahme, dass des Einzelnen Einschätzungen korrekt sind. Und, wie erwartet, Wunder der Mathematik, aber Voraussetzung allemal: Beide haben eine positive Gewinnerwartung, aus ihrer eigenen Sicht. Wenn meine Einschätzungen stimmen, werde ich langfristig auch gewinnen. Beide denken das Gleiche.
Der Rechenweg ist wie immer: Man multipliziert einfach die Eintrittswahrscheinlichkeiten aus mit den dann eintretenden Auszahlungen und bekommt die equity. Besonderheit hier nur: Dadurch, dass es keine Wahrheit gibt sondern nur zwei miteinander konkurrierende Einschätzungen, bei denen jeder Teilnehmer von der Korrektheit überzeugt ist, multipliziert Jeder seine eigenen Wahrscheinlichkeiten (von deren Richtigkeit er überzeugt ist) mit dem dann eintretenden Ergebnis aus. Natürlich gibt es jetzt trotzdem noch alle möglichen Zufälle. Zum Beispiel diesen hier: Das Ergebnis stellte den Spielverlauf auf den Kopf.
Zusätzlich dazu, dass beide Einschätzungen falsch sein können, also die Wahrheit in der Mitte oder sonst wo liegen kann, vielleicht bei dem später teilnehmenden dritten Teilnehmer? Vielleicht bei Ihnen?
Untersuchung alternativer Abrechnungsmethoden (und deren Widerlegung)
Wenn man sich fragen sollte, warum man ein so kompliziertes Verfahren (ist es doch gar nicht, einmal verstanden, oder?) verwenden muss und ob es nicht ein einfacheres gäbe, muss ich natürlich eine Antwort parat haben. Diese will ich gerne präsentieren. Das erste Verfahren, was einem einfallen würde, wäre, einfach immer die gleichen Beträge zu wetten auf die verschiedenen Chancen. Du bei mir zu meiner Quote, ich bei dir zu deiner. Und die Beträge immer gleichhoch. Also 100 Euro auf jede Chance zum Beispiel. Das klingt zwar vernünftig und es ist auch kein Problem dabei zu sehen, sofern beide Seiten sich darum bemühen, ehrlich die Wahrscheinlichkeiten und damit die fairen Quoten aufzuschreiben.
Das Problem entsteht so: Einer der Teilnehmer kennt die korrekten Chancen nicht und hat auch gar keine Ahnung. Er macht es sich einfach und schreibt für jede Chance 33.33% hin. Auch hier ein Wunder der Mathematik: er kann mit diesem Verfahren gar nicht verlieren. Das scheinbare Wunder wird leicht erklärt damit, dass das Verfahren falsch ist. Die Begründung hier:
Wir schreiben das Gleiche auf wie im Beispiel vorher, nur ersetzen wir die im ersten Beispiel berechneten Beträge durch die Beträge 100 – 100 – 100.
1 | FC Bayern | HSV | 56.60% | 27.87% | 15.52% | 1.77 | 3.59 | 6.44 |
2 | FC Bayern | HSV | 33.33% | 33.33% | 33.33% | 3.00 | 3.00 | 3.00 |
Einsätze beiderseits auf | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€100.00 | €100.00 | €100.00 | ||||||
Auszahlung aus Sicht Spieler 1 im Falle von | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€123.32 | €58.81 | €344.33 | ||||||
Gewinnerwartung aus Sicht von Spieler 1, falls seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€0.03 | ||||||||
Gewinnerwartung aus Sicht Spieler 2, wenn seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€93.27 |
Wie wir sehen, bekommt Spieler 1 keinen Lohn für seine Mühen. Selbst wenn er Recht hat und alles exakt berechnet ist, ist er nur genau pari, keine positive equity (die –0.03 € entstehen durch Rundungsfehler, es müsste exakt 0 sein). Damit ist dieser Ansatz widerlegt: Die Beträge müssen unterschiedlich hoch sein, damit man für das Abweichen von der Gleichverteilung einen Lohn bekommt — falls man damit Recht hat (es gibt sicher Spiele, bei denen 33.3% — 33.3% — 33.3% für 1-X-2 stimmen)..
Kleine Anmerkung noch: Falls Spieler 2 Recht hatte mit seiner Einschätzung hat er eine positive equity. Das ist legitim. Andererseits bedeutet es, dass jeder kleine Fehler, den Spieler 1 bei der Einschätzung macht, sich sofort positiv auf die equity von Spieler 2 auswirken würde. Gegen das Verfahren von Spieler 1 gibt es nur genau zwei Möglichkeiten, seine equity auf 0 zu bekommen: Entweder, die Wahrheit treffen oder das Verfahren von Spieler 2 kopieren.
Schauen wir uns nun noch kurz an, was mit der equity von Spieler 1 passiert, wenn wir mein (korrektes) Verfahren anwenden, im selben Beispiel. Spieler 2 bleibt also bei seiner Gleichverteilung. Nun muss Spieler 1 doch in den Gewinnbereich kommen. Man sehe:
1 | FC Bayern | HSV | 56.60% | 27.87% | 15.52% | 1.77 | 3.59 | 6.44 |
1 | FC Bayern | HSV | 33.33% | 33.33% | 33.33% | 3.00 | 3.00 | 3.00 |
Einsätze beiderseits auf | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€899.33 | €612.03 | €488.53 | ||||||
Auszahlung aus Sicht Spieler 1 im Falle von | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€1,106.18 | €361.10 | €1,680.55 | ||||||
Gewinnerwartung aus Sicht von Spieler 1, falls seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€264.64 | ||||||||
Gewinnerwartung aus Sicht Spieler 2, wenn seine Einschätzung korrekt | ||||||||
€311.82 |
Dadurch, dass hier die Beträge auf die einzelnen Chancen im korrekten Verhältnis abgestuft sind, bekommt Spieler 1 seinen korrekten Lohn, für den Fall, dass das Ereignis, was er für wahrscheinlicher hält, eintrifft. Sicher bleibt es dabei, dass er bei den anderen Chancen verliert. Aber er erhält eine positive equity, falls seine Einschätzungen stimmen. Wenn Spieler 2 Recht hat, hat er selbstverständlich auch eine positive equity, das bleibt unverändert.
Ein zweites Verfahren zum Ermitteln der auszuzahlenden Beträge wäre weiteres nahe liegendes: Man nimmt einfach die Differenz in der Wahrscheinlichkeit, die bei den beiden aufgetreten ist. Wenn einer die Chance auf 70% schätzt, der andere auf 60%, das Ereignis tritt ein, dann ist es doch ganz einfach: Man zahlt die 10% an den Gewinner aus. Und man einigt sich auf Beträge, die man pro Prozentpunkt wettet. Ebenso beim Tippspiel. Jeder Gewinner, bessere Prophet, bekommt seinen Lohn durch die Differenz an Prozentpunkten, die er durch die bessere Einschätzung ergattert hat. Wo liegt da das Problem?
Der Haken an der Sache ist der folgende: Der eine Spieler schreibt gutmütig seine (für korrekt gehaltene)) Einschätzung auf.Der andere Spieler bedient sich eines Gegengifts. So, wie bei dem anderen zuvor geschilderten Verfahren..
Hier sieht das Gegengift so aus: Ich schreibe auf das (allgemein anerkannte) Favoritenereignis einfach 100% hin. Oder, meinetwegen, falls das beanstandet wird, nehme ich 98% und 1% jeweils auf die anderen beiden Chancen. Nur, um dem mathematischen Grundverständnis genüge zu tun, dass ein jedes in der Zukunft liegende Ereignis eine Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 1 haben muss. Zur Abrechnung wäre es nicht erforderlich. Schauen wir uns an, wie sich in diesem Falle die equity der beiden Spieler entwickelt.
Im Gegensatz zu dem anderen (korrekten) Verfahren würde man beim Wetten auf Prozentpunkte einen Eurobetrag pro gewonnenem Prozentpunkt vereinbaren. Zur Veranschaulichung habe ich angenommen, dass sich die beiden Spieler vorher auf einen Betrag von 10 Euro pro Prozentpunkt geeinigt haben. Dann ergibt sich folgendes Bild:
1 | FC Bayern | HSV | 56.60% | 27.87% | 15.52% | 1.77 | 3.59 | 6.44 |
2 | FC Bayern | HSV | 98.00% | 1.00% | 1.00% | 1.02 | 100 | 100 |
Auszahlung im Falle von | ||||||||
1 | X | 2 | ||||||
€414.00 | €268.70 | €145.20 | ||||||
Equity aus Sicht von Spieler 1 | ||||||||
€136.90 |
Hier sehen wir das niederschmetternde Ergebnis: Selbst bei absolut korrekter Einschätzung, falls Spieler 1 diese getroffen hat oder kannte, hat er bereits eine negative equity. Falls man nach Gründen sucht: Man holt sich mithilfe des Gegengifts, dass man die größte Wahrscheinlichkeit einfach noch höher einschätzt, die großen Gewinne auf das Ereignis mit der größten Wahrscheinlichkeit. Spieler 1 gesteht selber ein, dass der Heimsieg die größte Wahrscheinlichkeit hat. Und auf dieses (Favoriten-)Ereignis muss er trotzdem einen gigantischen Betrag auszahlen. Diesen holt er nicht annähernd auf die Ereignisse mit den kleineren Wahrscheinlichkeiten zurück. Schlussfolgerung: es ist ein ungerechtes System, auf die Differenz der Prozentpunkte zu wetten, zumindest garantiert dann, wenn einer der beiden sich weigert, die wirklichen Einschätzungen hinzuschreiben sondern stattdessen „fiktive“, die nur durch die (unsaubere, inkorrekte) Abrechnungsmethode gerechtfertig sind.
Schlussbemerkung:
Zur Anwendung dieses Verfahrens für ein Tippspiel stelle ich mir vor, dass es eine Internetseite gibt, wo alle Teilnehmer die Möglichkeit bekommen, ihre Einschätzungen abzugeben. Man beschränkt es zunächst auf die Bundesliga. Man könnte zum Beispiel sogar jeweils die aktuelle durchschnittliche Einschätzung abbilden. Ob das ein Vorteil für den tippenden Spieler ist, bleibt zumindest fraglich. Wenn er sich nämlich dafür entscheidet, die mehrheitlich Meinung zu kopieren, zu übernehmen, wird er garantiert nicht vorne liegen sondern lediglich im Mittelfeld (was wiederum langfristig gesehen eine gute Strategie sein könnte).
Wenn ich jetzt die Bedenken spüre, dann sicher nicht ganz grundlos: Man müsste Wochengewinner küren und auch Gesamtgewinner. Derjenige, der nun versucht, das Verfahren zu torpedieren, indem er abstruse Einschätzungen hinschreibt, um ein einziges Mal möglicherweise ganz vorne liegen zu können, könnte durch ein schlechtes Ergebnis auf lange Sicht aus dem Rennen sein. Sicher, man muss hierbei noch einiges erwägen, um das Tippspiel perfekt zu gestalten. Vor allem wie ganz genau. Dennoch ist es meiner Meinung nach eine lohnenswerte Alternative. Vor allem im Freundeskreis, wo ich es sogar schon bei einigen Weltmeisterschaften durchsetzen konnte.