Zu Beginn der 90er Jahre hat sich der Sender Premiere in die Fernsehlandschaft integriert. Ein Bezahlsender, der für das Programmangebot spartenweise Gelder kassiert(e). Ein neues Fernsehkonzept. Natürlich versprach sich der Sender den Hauptwerbeeffekt von den Exklusivrechten für die Übertragung der deutschen Fußball Bundesliga. In der Anfangszeit wurde jeweils nur ein Spiel übertragen, von den restlichen Ergebnissen wurde man per Einblendung am unteren Bildschirmrand informiert.
Es war schon eine Art Revolution, dass man von parallel zueinander ausgetragenen Spielen eines live verfolgen konnte am heimischen TV. Die Begründung, warum es undenkbar schien, ist offensichtlich: Man hätte zu befürchten, dass sich der Zuschauer bequem in seinem Sessel zu Hause einrichtet und den Stadiongang unterlässt. Dies wäre womöglich für das übertragene Spiel das etwas geringere Problem, da anzunehmen ist, dass die beiden gerade spielenden Vereine nicht nur einen sicher günstigen Vertrag haben, der ihnen höhere Einnahmen sichert – mal kurzzeitig abgesehen von der negativ beeinflussten Atmosphäre im Stadion durch eine geringere Zuschauerzahl –, sondern zusätzlich Werbung machen können für ihren Verein (und die Spieler für sich selbst). Das größere Problem besteht darin, dass die parallel ausgetragenen Spieler mit Zuschauereinbußen – man denke nur an schlechtes Wetter, wo sicher der eine oder andere dann gerne zu Hause bliebe, zwar auf das Spiel seiner eigenen Mannschaft, aber nicht auf Fußball verzichten müsste – rechnen müssten, für die niemand aufzukommen bereit wäre, in dem Sinne also ihr energisches Veto einlegen würden – und das zurecht.
Sicher, alles ist eine Frage des Geldes. Abgesehen davon stellt sich das Problem der Zuschauereinbußen in Deutschland zumindest so nicht dar. Ein Stadiongang ist durch nichts zu ersetzen. Man schaut in dieser gewohnten Atmosphäre mit einem ganz andern Blick ausschließlich auf dieses Spiel. Falls man von „Einbußen“ sprechen könnte, dann nur in dem Sinne, dass ein noch größerer, möglicher Boom verhindert wurde. Die Stadien sind aber auch in den Wintermonaten gut ausgelastet. Und die Frage des Geldes beantwortet sich auch recht einfach: Um Eifersüchteleien oder Ungerechtigkeiten zu vermeiden, gibt es den großen Topf, wo alles Geld hineinkommt – der Sender, einstmals Premiere, später Sky (was einem schon ein wenig zu denken geben könnte; aber davon später mehr) zahlte alles Geld in diesen Topf ein — und die Vereine sich halbwegs gütlich die Summe aufteilen sollen.
Dieses Vermarktungskonzept gab dem Käufer relativ freie Hand. Die leidigen Anstoßzeiten sind ein kleines Problem – wie sich nicht nur in Gerechtigkeitsfragen bezüglich der Europapokalauftritte der deutschen Mannschaften zeigte –, wo vor allem die Frage zu klären war/ist, was der zahlende Stadiongänger annimmt, aber auch wie viel Salami der Fernsehzuschauer zu schlucken bereit ist. Parallel ausgetragene Spiele haben weiterhin ihren Reiz – unter anderem liegt er darin, dass sich mehrere Mannschaften in Konkurrenzsituationen um Tabellenpositionen befinden. Allmählich gewöhnt man sich aber irgendwie daran, dass man erst am Montag ein komplettes, vollständiges, ansehnliches Tabellenbild hat.
Der Sender Premiere entschied mit dieser freien Hand, eine ganz neue, revolutionäre Idee umzusetzen. Es war zuerst nur eine Phantasie, allmählich wurde es zur Realität. Technisch schien mehr und mehr machbar, also warum nicht: Wir machen eine Konferenzschaltung. Die Bundesliga ist eine so kräftige Marke, fast jeder (Verzeihung: männliche) Bundesbürger hat den Samstagnachmittag zumindest gedanklich zu 50% für die 1. Liga reserviert, die Sportschau hat einen festen Platz. Da „Mann“ aber auch Familie hat, hat sich schon sehr frühzeitig eine Art der „Nebenbeibeschäftigung“ etabliert – und wurde in sämtliche Eheverträge, wenn auch nur gedanklich, integriert: „Ja, du kannst das Radio einschalten. Wir machen trotzdem etwas gemeinsam, aber zwischen 15 Uhr 30 und 17 Uhr 15 bist du freigestellt.“ So in etwa.
Und dies schien die wunderschöne und prall gefüllte Goldgrube zu versprechen. Ab heute – nach Realisierung – kannst du, Mann, diese ca. zwei Stunden nicht mehr für das Radio reservieren, sondern du kriegst die Action Live auf den Fernsehbildschirm. Alle Spiele, alle Tore, alles live, das klingt doch nach was. Da ist man doch bereit, etwas für zu blechen, außer den Fernseh- und Rundfunkgebühren, oder? So die Ansicht des großen Exklusivrechtvertreters.
Bei diesen Punkten angelangt beginnt aber bereits, ein klein wenig Kritik, zumindest Nachdenklichkeit einzusetzen. Sicher wirkt das anfänglich. Man hat etwas Neues, etwas Einzigartiges. Das gibt es auch im Ausland nicht. Man kann nicht nur die Option „Konferenz“ wählen, sondern für jeden Fan einer Mannschaft, die leider gerade auswärts anzutreten hat bietet sich die Einzelübertragung an, übrigens mit einem anderen als dem Konferenzreporter, nur so, zur Info. Der Zuschauer zeigt sich interessiert, das ist keine Frage. Man überlegt gar, wie man diese Vielfalt nutzen kann, wie man es möchte? Ein Spiel herauspicken, was besonderen Charakter hat, oder warten, bis man erkennt, dass ein Spiel eine besondere Spannung zu bieten hat, einfach so, von Torfolge oder Verlauf? Hin und herschalten? Auf der Konferenz Option bleiben? Tja, wie gesagt, es ist hier bereits kritisch. Denn: Der Zuschauer soll selbst entscheiden. Eine solche Situation ist ungewohnt. Man möchte es vielleicht gar nicht unbedingt? Wenn die „eigene“ Mannschaft spielt, gut. Wenn nicht, was dann?
Die Kritik beginnt, sich etwas zu verschärfen. Denn, wer bitte, bei dem Veranstalter hat sich jemals mit dem Zuschauerinteresse befasst? Werden Einschaltquoten überhaupt berücksichtigt? Wer schaut welche Option? Der Mangel, das Zuschauerinteresse nicht mit einzubeziehen, greift nicht nur bei den Kommentaren sondern auch hier: Warum interessiert man sich einfach nicht dafür? Umfragen? Fragebögen? Anrufe? Reine Zuschauersendungen? Eigens angestellt Erhebungen?
Das besondere Highlight sollte also die Konferenzschaltung – analog zur Radiokonferenz von früher – sein. Die oben erwähnten Ursache und Effekte zeigen bereits einige Bedenken daran auf. Wie hat der Zuschauer reagiert? Wie nimmt er es an? Was möchte er? Beobachtungen dessen – wie man sie (nicht mehr ganz so leicht, da viele sich bereits davon trennen) leicht in Kneipen und Cafés, die mit Premiere/Sky ausgestattet waren/sind ergaben: Die Sky Konferenz läuft genau analog zur früheren Radioübertragung ab. Man ist sehr wohl an Zwischenständen, an Torfolgen, an Torschützen oder an Spannung interessiert. Man möchte sehr wohl kurze Einblendungen hören von besonderen Momenten – Elfmeter, Platzverweis, ein später Ausgleich – aber man möchte nicht schauen, man tut es nicht. Sie läuft im Hintergrund, nebenbei, und wenn mal einer ruft „Tor in Dortmund“ dann schaut man kurz hin, sagt zum Nachbarn „Ah, Dortmund 2:0, haste gesehen? Wer hats gemacht? Wieder der …“, und widmet sich wieder den anderen Tischnachbarn oder dem Bier oder dem Kaffee. Das wars. Die Erkenntnis ist klar: Gut und schön, dass ich hier informiert bin. Nett, dass sie es mir hier anbieten. Schön, dass ich hier mit ein paar Freunden – die aus den gleichen Gründen kommen wie ich – zusammensitzen kann. Aber Fußball schauen? Nein, das tut man nicht. Es ist ganz interessant, lustig, unterhaltsam, mit den gewohnten Einschränkungen (u.a. des Kommentars), aber für zu Hause? Das würde man sich nie anschaffen. Nein, wozu? Da könnte man sich immer noch das Radio einschalten. Wieso extra zahlen für so was? Die Bilder sieht man noch in der Sportschau. Das hat auch einen klar zu erklärenden Grund: jeder, der einmal probiert, Fußball zu schauen, ernsthaft Fußball zu schauen, mit einer der (angebotenen) Konferenzschaltungen stellt fest, dass das nicht geht, man bekommt nichts mit, nicht so, dass es interessant ist. Keine Spielverläufe, keine rechten Einschätzungen. So sieht die Realität aus.
Mag sein, dass die Probleme erkannt wurden (hmhm, erhebliche Zweifel, da das doch Denkeinsatz voraussetzt), denn später begab man sich mit sich selbst in Konkurrenz. War es die Beobachtung, dass die Abonnementzahlen partout nicht nach oben gehen wollten, was auch immer mysteriöserweise dafür verantwortlich sein wollte? Man entschied, dass man die Spieltage noch weiter auseinander zieht. Neue Anstoßzeiten, mehr Live Spiele — dafür weniger Konferenz. Irgendwie muss der Kunde doch irgendwas annehmen?
Die Konkurrenz mit sich selbst sieht so aus: Das besondere Angebot soll sein, in einer Konferenzschaltung (unter anderem dieser! ist der Zuschauer schon überfordert?) ständig über die gesamte Action (nicht vergessen: Es heißt:„Alle Spiele, alle Tore!“) informiert zu sein. Gleichzeitig aber entzieht man ihr Action, indem man die Anzahl der parallel ausgetragenen Spiele mittlerweile (Stand: August 2010) auf fünf (von neun) reduziert hat. Freitagabend soll man freihalten für das erste Spiel. Samstagnachmittag soll man sowieso die Konferenz, die bereits dadurch zur Mogelpackung mutiert ist, einschalten und anschauen (?! bezahlt ist ja schon!), Samstagabend soll man das nächste exklusive Live-Spiel anschauen, und für Sonntag ist klar, dass man zwei Termine am Nachmittag einplant? Übersetzt für Frau und Kinder heißt das: den ganzen Tag. Nein, das macht man nicht mit. „Die Konferenz wäre vielleicht …, wenn sie … und wenn sie nicht… Ein Live Spiel, na gut, vielleicht, aber vier, und dafür kaum noch Konferenz? Die Familie meutert. Und die Geldbörse auch. Nein, das ist zu teuer und zu viel Zeit weg. Niemals, Ohne mich.“
Aufgezeigt bisher die kleinen Probleme, die natürlich zu einem Teil selbst gemacht sind – Zuschauer müssen integriert werden bei den Entscheidungen –, die aber zugleich möglicherweise ein generelles Problem darstellen. Wie viel ist der Fußball wirklich wert? Sich schlichtweg an ausländischen Zahlen zu orientieren (sicher, Sky, England, da funktioniert es) genügt nicht. Aber wenn man sich nun für diesen Weg entschieden hat, dann muss man die Ware doch zumindest gut anpreisen, oder? Wenn man so dumm wäre, sich mit faulen Eiern auf den Markt zu stellen, dann wäre es als letztes ratsam, sie auch als „faule Eier, klein und teuer“ auszurufen.
Man hat jetzt diese Landschaft angelegt, sie so erzeugt, wie sie ist. Ob das Konzept zukunftsträchtig ist, sei dahingestellt. Sagen wir mal, um den Vergleich noch weiter zu treiben, man hat Eier für 10 Cent das Stück eingekauft, man müsste, um rentabel zu sein, 30 Cent für das Stück erheben, aber neben einem steht ein anderer Marktschreier, der seine für 25 Cent anbietet, was tut man dann mit der eingekauften Ware? Sie am eigenen Schädel zertrümmern und den Kopf danach in den Sand stecken? Sie verschenken? Sie weiterhin als faul, dafür zu teuer ausrufen? Den Preis einfach senken und mit dem Verlust leben, sie wenigstens absetzen und für das nächste Jahr ein neues Konzept aufstellen?
Man hat jetzt zumindest die Chance, die eingekaufte Ware gut darzustellen. Das ist das Minimum. Auf den Fußball und die Konferenzschaltung bezogen stellt sich der Ist-Zustand gewohnt traurig dar: Es wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Eier besonders klein, verschrumpelt, hässlich und teuer sind. Und es wird besonders laut gerufen. Vielleicht, wenn man gar nichts sagen würde, ginge die Ware noch. Aber nein, man besteht darauf. Alles ist faul und stinkt, Und der eine, der dennoch stehen bleibt und sich zum Kauf entscheiden möchte, dem rät man dann am besten noch ab. „Hier gibt es wirklich gar nichts, weder sehenswert, noch hörenswert, noch kaufenswert. Gehen Sie bitte weiter.“
Zunächst soll ganz konkret diese Situation unter die Lupe genommen werden, die man in einer (ernsthaft verfolgten! Die übliche Behauptung bleibt, dass bei dem unglaublichen Gesabbel eh kein Mensch mehr hinhört) „Konferenz“ (sicher, das Wort gilt noch, aber fünf von neun, als „alle Spiele“ anzukündigen ist schon frech) vorfindet.
Zu Spielbeginn wird immer noch so ein wenig getan, als ob man Vorfreude oder Spannung empfindet (als Sprecher). Spätestens nach 10 bis 20 Minuten stellt sich heraus, dass die Sprechblase schon wieder das erste Fußballspiel seines Lebens schaut (wie das möglich ist? Da können nur Neurologen weiterhelfen), denn für ihn ist alles enttäuschend schlecht. Die Aktionen gelingen nicht und wenn eine gelingt ist der Gegner schuld, dass er sie nicht unterbunden hat. Nun, für das Gelingen einer Aktion gibt es ja nur ein Maß, das ist ein Tor. Falls das geschieht ist der Reflex von dieser unfassbaren Fehlerkette ausgelöst. Das Übliche also. Falls er sich an letzte Woche erinnern könnte: Da war es genauso. Vielleicht eine Beobachtung, die man sich über die Woche merken könnte: Der Fußball ist so. Ein Experte zeichnet sich übrigens nur dadurch aus, dass er im gleichen Verhältnis gute wie schlechte Leistungen erkennt. Das wäre das Zeichen, dass er das Niveau kennt.
Hier, in der Konferenz, gibt es den kleinen Unterschied: Dadurch, dass der Zuschauer – wie dem Kommentator bewusst ist – nur die kurzen Einblendungen hört, muss er immer kurz auf den neuesten Stand gebracht werden, zugleich aber fühlt sich der Sprecher beschützt für den abgesonderten Unsinn dadurch, dass das verpasste Geschehen nur von ihm gesehen wurde. Wenn er also sagt: „In den letzten Minuten ist die Mannschaft etwas besser geworden …“ (so was Positives hört man sehr selten, aber es kann passieren) dann ist es ihm im Grunde jetzt erst recht gleichgültig, ob es so war. Dies nur ein Beispiel. Das „ein ganz schwaches Spiel hier“ hört man etwa in vier von fünf – dafür aber regelmäßig und wiederkehrend, und zwar spätestens ab der 20. Minute, auf allen Plätzen.
Am schönsten ist immer das Weitergeben an den nächsten Kommentator: „Hier ist nichts los, wie siehts bei dir aus, Tom?“ Und Tom dann: „Nee, Tore gibt’s hier auch nicht, damit kann ich nicht dienen. Aber auch sonst ist das Spiel nicht besser hier.“ So in etwa. Da wird der Ball sich wunderschön zugespielt, perfektes Zusammenspiel, könnte man so was nennen, und angesichts der mangelhaften Darbietungen, die auf allen Plätzen beobachtet werden, können sich die Kommentatoren herrlich selber feiern. Die letzte eingefangene Szene, bevor man weggibt, sieht immer so aus: „den nehmen wir noch schnell mit, nee, weiter nach Leverkusen“. Das vermittelt doch echte Dramatik und Anspannung? „Den nehmwa noch mit. Nee…“ Der war richtig gebannt. „Nehmwa mit.“ Der Gipfel der einzufangenden Dramatik. Ein Highlight der Reporterkunst.
Facetten werden nicht aufgezeigt, keinerlei Differenzierungen, jedes Ergebnis ist sowieso per se verdient, da doch jeder weiß, dass die Tore zählen, was willste da diskutieren? „Schangsen, Schangsen, Schangsen, erzähl mir nischt davon. Die bringen ja nischt, wenn de se nich reinmachst.“
Jeder scheint froh zu sein, dass er weitergeben darf. „Hier ist nichts los. Weiter nach…“ Wenn mal ein Spiel wirklich spannend zu werden droht, dann ist er besonders eilig mit dem Weitergeben. Gerade, wenn wirklich ein geglückter Angriff läuft, wenn man das Gefühl entwickelt, hier könnte was passieren, dann wird eiligst der nächste Platz aufgesucht. Man fragt sich, wieso? Ist dort jegliches Gefühl dafür verloren gegangen, worum es geht? Ist bei der Vernichtungskritik die man permanent absondert jegliche Berufsehre verloren gegangen, die da heißt, den Zuschauer unterhalten zu wollen/können/sollen/müssen? Gerade in der Konferenz hätte man die Chance, nein, die Verpflichtung, den Zuschauer an das Geschehen zu fesseln. Weitergeben sollte man nur in der Erkenntnis, dass „leider auch irgendwann die andern mal dran kommen müssen.“ Eigentlich ist hier und bei mir die Action.
Nun kommen aber noch ein paar sehr konkrete Punkte der Kritik: Die Einsicht ist gewonnen, dass man aufgrund der Aneinanderreihung von Floskeln und Allgemeinplätzen, die im negativen, gelangweilten hämischen Tonfall rüberkommen, niemandem einen Live Kommentar zumuten kann. Insofern wird eine zweite Person installiert, die das Spiel zeitgleich kommentiert, für die Konferenz. Eine Möglichkeit, dies zu vermeiden, wäre, dass man einfach mal einen gelungenen Live Kommentar erzeugt. Wenn es diesen gäbe, dann wäre denkbar, dass der Zuschauer gerne bereit wäre, auch in der Konferenz, das anzunehmen. Ein gespannter, positiver, . leidenschaftlicher, optimistischer Kommentator, der in der Konferenzschaltung plötzlich live eingeblendet würde, könnte einen bewegen, auf dem Kanal zu bleiben, die Option für das Spiel auszuwählen oder sich einfach nur daran zu erfreuen? Keine permanenten Fehlleistungen und peinliche Aktionen, kläglich vergebene Torchancen. Ein spannendes Spiel. Das, was es ist.
Nun ja, die Zuschauer überfordernde Vielfalt ist ja bereits ein Problem. Aber wenn es erfreuliche Optionen wären?
Nun gibt es aber noch zwei sehr kritische Anmerkungen, die an sich den Rest in den Schatten stellen. Es handelt sich eigentlich um ein absolutes MUSS (nun gut, ein Fußballspiel positiv darzustellen ist an sich auch ein Muss). In beiden Fällen:
Punkt 1 ist, dass bei Torrufen und Rüberschalten auf den Kanal – natürlich einer der großen Werbeträger: man erfährt nicht nur, dass ein Tor gefallen ist, man kann es auch anschauen – das Tor in der Entstehung gezeigt werden muss. Tatsächlich werden aber nur Zeitlupen aus allen mögliche Perspektiven angeboten. Das Problem – und scheinbar noch nicht erkannt – besteht darin, dass eine Zeitlupenwiederholung nur dann (in seltenen Fällen) Erhellung bringt, wenn man die Aktion bereits in Originalgeschwindigkeit gesehen hat. Dann kann dieses oder jenes kleine Detail auffällig werden, es kann auch schön sein, hübsch anzusehen, begeisternd, toll. Aber nur, wenn man es im Original schon gesehen hat Die Begründung ist die: Man kennt die normalen Zeitabläufe, da man sie zu weit über 99.9% im täglichen Leben, aber auch auf dem Fußballplatz immer genau in der Geschwindigkeit ablaufen sieht. Das erlaubt einem die Urteilsfähigkeit. In einer Zeitlupe kann man keine wirkliche Vorstellung davon entwickeln, wie es gemacht war, ob gut oder schlecht. Zusätzliches Problem ist das: Die Zeitlupenwiederholungen werden meist aus ungewohnten Blickwinkeln geführt.
Der Zuschauer spürt diesen beschriebenen Umstand nur intuitiv. Er schaut nicht wirklich hin, so, wie es heute angeboten wird, weil er schon weiß, dass man nichts wirklich Erhellendes sieht. Man hört von dem Tor, man schaut kurz hoch, weil jemand etwas lauter gesprochen hat und dazu bunte Bilder ablaufen, man schaut vielleicht sogar noch auf den Jubel.
Die Tore müssen in der normalen Einstellung und Geschwindigkeit in der kompletten Entwicklung gezeigt werden, so, wie sie in der Sportschau gezeigt werden. Das gut gemacht, könnte wirklich für neue Attraktivität dieser Übertragungsart sorgen. Es ist eine Pflicht, das zu tun. Dies müsste erkannt werden. Vielleicht gewinnt man ein paar Zuschauer hinzu.
Diese Kritik bezieht sich übrigens nicht nur auf die Konferenzschaltung, sondern auch auf einzelne Live Spiele. Man sollte irgendwann mal verstehen, dass sicher noch immer etliche Fernsehgeräte eingeschaltet sind. Schauen tun aber die wenigsten. Man wartet, dass ein Tor fällt – und würde es dann gerne wirklich sehen. Das bleibt einem verwehrt durch die endlosen Zeitlupen. Die derart abgespielten Wiederholungen bringen keine Erkenntnisse. Man tröstet sich oftmals damit, dass man im Anschluss (auch zur Pause) noch einmal die gewohnten Geschwindigkeit und Perspektive sieht.
Punkt 2, und dieser ist allem übergeordnet (nein, positiv darstellen ist die Nummer 1, nur ist es hierzulande nirgends so), ist der, dass niemals das Gespür für die wirklich spannenden Spiele aufkommt. Hat da jeder seine festen Zeiten, die ihm, ungeachtet des Spielverlaufes zugeteilt werden und die dank der Eitelkeit eingehalten werden müssen? Dagegen spricht eindeutig, dass sie immer nur weitergeben wollen, vor allem dann, wenn es grad mal wirklich spannend ist. Jedenfalls ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dass ein auf der Kippe stehendes Spiel, bei einem engen Spielstand (1:1, 2:1) mit offensichtlicher Dramatik in den Schlussminuten ausgeblendet wird, damit man sich ein 4:0 aus dreizehn Kameraperspektiven (!) in der Zeitlupe anschauen soll. Nein, da hat wirklich jemand den Schuss nicht gehört. Noch schlimmer ist es übrigens bei Platzverweisen, für die auch locker abgegeben wird. Wen juckt denn so was?
Dieses Phänomen zieht sich durch. Es ist überall zu beobachten und zeigt auf, dass entweder das Gespür für die Schönheit, Spannung und Dramatik tatsächlich durch das negative Einheitsblabla verloren gegangen ist – nie da gewesen geht natürlich auch – oder ob man sich zur Nüchternheit verpflichtet sieht und dem Zuschauer das extra vorenthalten möchte? Es gibt praktisch an jedem Spieltag – wenn es auch nur noch fünf Spiele sind – zwei, maximal drei Spiele, die Spannung versprechen. Auf denen bleibt man drauf. Das ist die alte Radiokonferenz, die man einfach zu lieben verpflichtet war. Es geht hier natürlich auch um den Tonfall und bitte, jeder dieser eingeteilten „Sprecher“ möge sich einmal nur zur Erinnerung, was ihn in den Beruf getrieben hat anhören, wie man seine Stimme auf „Bedeutungsschwanger“ einstellt. „Hier passiert was, hier müssen Sie draufbleiben.“ Das muss mit jeder Faser des Körpers, mit jeder der Stimmbänder ausgestrahlt werden.
Für die Konferenz ist aber klar: Dramatik und Spannung, das können hier nur die Kriterien sein, und man hat die Chance, IN den letzten Spielminuten wird entschieden: Dieses Spiel und dieses Spiel, der Rest wird nur per Einblendungen gemacht. Die Sprecher müssen mitmachen, natürlich.