Wanja spricht mit seinen Kindern, heute über…
Die Regeln in Putoia
Es hatte sich gar nicht mal so viel geändert auf unserem so gemütlichen kleinen Planeten. Wobei „klein“ so relativ war wie alles andere. Denn die erdähnlichen Bedingungen bezogen sich natürlich auch auf die Größe. Wobei durch die mögliche Bereisung des so gigantischen Universums die Größenverhältnisse und das Empfinden für Größe sich doch erheblich geändert hatten. Was waren schon 10 hoch 624 Lichtjahre, wie man es früher zu messen pflegte? Denn etwa so weit lag Putoia von der Erde entfernt.
Was war es nun, was den Fußball hier, trotz nur kleinerer Veränderungen, so viel unterhaltsamer, spannender, gerechter, attraktiver machte? Es war zunächst der veränderte Geist, der Einzug hielt. Ohne, dass dies wieder und wieder hätte ausgesprochen werden müssen waren sich Spieler und Trainer einig, dass man sich an den Bedürfnissen der Zuschauer zu orientieren hätte. Was möchte der Zuschauer gerne sehen, wie macht ihm das Spiel Spaß, wie macht ihm das Zuschauern Spaß, was könnte ihn ärgern und was empfände er als ungerecht? Schließlich war jedem klar: der Zuschauer ist letztendlich derjenige, der, durch seine Vielzahl und jeder mit seinem kleinen Beitrag, das ganze Geschäft in Schwung bringen und später halten muss.
Ganz allgemein hatten Umfragen – welche bedauerlicherweise zu Erdzeiten nie angefertigt wurden – bestätigt, dass es den Menschen lieber ist, wenn der Ball rollt als dass das Spiel unterbrochen ist. Eine Torchance aus dem offenen Spiel heraus fand mehr Anklang als eine Torchance aus einer Standardsituation. Foulspiel war zwar zunächst nicht unbedingt ausgeklammert worden als Spielelement – dazu fehlte den Befragten die Erfahrung und Vorstellungskraft –, aber dennoch leuchtete jedermann unmittelbar ein, dass eine Regelverletzung so zu ahnden ist, dass sie dem Täter verleidet wird, also eine Wiederholung derselben nicht ratsam erscheinen lässt. Ein Foul kann passieren, so ergaben die Umfrageergebnisse, aber es sollte auf keinen Fall der Mannschaft einen Vorteil verschaffen, welche das Foul verübt hat, wie die weiter führende Frage denn ergab.
Nicht völlig eindeutig waren die Ergebnisse bezüglich der knappen und, wie es früher hieß, „dreckigen“ Siege, welche ihren Namen wohl vor allem dem Umstand zu verdanken hatten, dass sie unverdient waren, zugleich aber auch, dass es dazu einer größeren Menge an Regelübertretungen erforderte, welche zumindest die Regeln vorteilhaft ausnutzten. Hier gab es anfangs doch ein paar Fürsprecher, welche bei der Antwort „lieber ein dreckiges 1:0 als ein schönes Spiel mit einem unglücklichen 3:4“ ihr Kreuzchen setzten. Wobei „nicht eindeutig“ hier lediglich bedeutet, dass der Überhang für die Alternative nicht so groß war wie bei anderen Fragen.
Ebenso unerfreulich waren Verletzungen, ausgelöst von Foulspielen. Man schien auf der Erde der Ansicht, dass Fußball nun mal ein Kampfsport sei, und dass insofern Verletzungen in Kauf zu nehmen seien. Da jedoch viele der Zweikämpfe, welche die Verletzungen auslösten, a) durch besonders unfaires Einsteigen sowie b) von dem unbedingten siegen Müssen, welches die Hauptvorgabe zu Erdzeiten war, entstanden, und jene beiden Punkte sich bei anderen Antworten als nicht zwingend haltbar erwiesen, erkannte man bald sehr wohl an, dass es – nicht nur für die Betroffenen, welche oft monatelang ausfielen und man doch mit ihnen fühlte, sondern auch für die Zuschauer – viel schöner zu schauen war, wenn es nicht zu ständigen Verletzungen kam. Dieser Punkt jedoch war eine fast zwangsläufige Folge davon, dass es für Regelverletzungen jeglicher Art eine angemessene – das hieß grundsätzlich die Wiederholung demotivierende – Strafe gab.
Einigkeit erzielten die Umfragen bei dem, was am Spielgeschehen die erfreulichsten Aktionen waren. Das waren eindeutig die Tore. Hier gab es jedoch, um der Sache wirklich auf den Grund zu kommen, recht differenzierte Unterfragen. Also: eine Torchance sorgt bereits auf jeden Fall für einen hohen Unterhaltungswert und die Vereitlung derselben kann ebenfalls attraktiv, sehenswert sein, allerdings ganz deutlich nicht mithalten mit einem letztendlichen Einschlag im Netz. Zugleich wurde natürlich unterteilt in Tore, welche man sich gerade wünschte und jenen, die man lieber nicht gesehen hätte als Zuschauer, weil sie die eigene Mannschaft betrafen. Jedoch dank der Differenzierung schälte sich heraus, dass letztendlich ein schönes Tor, welches die eigene Mannschaft kassierte, dann gut zu ertragen wäre – sogar einige Anerkennung abringen könnte –, wenn es nicht unverdient wäre, sowie dann, wenn eine höhere Anzahl an Treffern allgemein im Spiel dafür sorgen könnte, dass man nicht dieses schreckliche Gefühl hätte, dass mit diesem einen Tor das Spiel entschieden wäre. Hier durchaus als Vergleich zum Eishockey, Handball oder Basketball , in die Umfrage eingebracht, in welchen man ein Tor, einen Korb, zwar nicht so überragend gerne gegen die eigene Mannschaft sieht, diesen aber hinnimmt und von dem „ist noch genug Zeit, unsere treffen auch bald wieder“ ersetzt wurde.
Im Gegensatz zum irdischen Fußball, wo man sehr häufig schon bei 0:1 und noch zwanzig Minuten auf der Uhr in trostlose Gesichter blickte, welche zum Ausdruck brachten: „Das Ding drehen wir nie und nimmer mehr.“ Wobei hier als „drehen“ schon ein Ausgleich galt, wie es Kanzlerin Merkel nach dem Viertelfinalspiel der WM 2006 gegen Argentinien so schön nach dem Schlusspfiff sagte: „Toll, wie unsere Jungs das Spiel gedreht haben.“ Ja, wirklich toll und kaum zu glauben: erst stand es 0:1 und dann stand es 1:1! Elfmeterschießen ging, wie immer, an Deutschland. Irre, wirklich. Ein solch dramatisches Spiel, gedreht, von 0:1 auf 1:1. Das demnach so ziemlich das ultimative Drama in einem Fußballspiel?!
Unfairness, Zeitspiel, Schauspielerei, Diskussionen, Rudelbildung, Ungerechtigkeiten wurden gemeinhin als absolut überflüssig und Spaß verderbend angesehen. Wobei stets diese Differenzierung erforderlich war, ob es die eigene oder die gegnerische Mannschaft betraf. Allerdings stellte sich hier heraus, dass man von der eigenen Mannschaft verübte Unsportlichkeiten nur deshalb nicht so unerfreulich fand, weil es der Gegner ebenfalls täte oder zuvor getan hätte. Die Zuschauer, welche sich als Fans einer Mannschaft ausgaben, hatten in einer Zusatzfrage bestätigt, dass sie schon das deutliche Gefühl hätten, dass ihre Mannschaft langfristig benachteiligt wäre und sich die Ungerechtigkeiten nicht gegeneinander aufwögen. Auch hier konnte man jedoch zusätzlich angeben, ob man dieses Gefühl für berechtigt hielt oder eher doch, bei genauerem Nachdenken, für subjektiv hält. Das Besinnen ergab: vermutlich subjektiv.
Die Umsetzung dieser Umfrageergebnisse in das Regelwerk, die Übertragung derselben auf den Platz, die Integration der Ideen ins Spiel, waren im Grunde ein Leichtes. Sobald man verstanden und verinnerlicht hatte, dass Ergebnisse NICHT alles waren und ein beliebiger Sieg, wie auch immer erstritten, NICHT allein selig machend war, gab es bereits eine so hohe Einigkeit der Zuschauer untereinander – eben auch der unterschiedlichen „Fanlager“, wobei die Bedeutung dieser Vertreter und der gesamten Zunft schwand, aufgrund der vielen sich alternativ einfindenden neutralen Zuschauer, welche einfach so ein schönes Spiel sehen wollten –, dass es bei der Anfahrt, um das Stadion herum, auf den Tribünen allgemein sehr friedlich zuging. Man könnte die Atmosphäre in etwa vergleichen mit derjenigen, welche man bei den traditionellen DFB-Pokalfinalspielen in Berlin damals vorfand: es wurde eigentlich nur gefeiert. Auf dem Platz und den Tribünen ging es friedlich zu, das Ergebnis stand nicht allein im Fokus, es war eine Riesenparty, zu der jeder geladen war und jeder, der dem Spektakel beiwohnte hatte sich eine schöne Erinnerung daran gesichert und sich eine Wiederholung fest vorgenommen, selbst wenn eben, wie auch in Putoia, der Erwerb einer Karte gar nicht so einfach war, aufgrund der hohen Nachfrage.
Einen Unterschied zum DFB-Pokalfinale gab es denn doch noch: es gab auf Putoia — außer dieser Riesenparty, dem schönen und meist fairen Spiel sowie einem Gewinner, welchem der Verlierer herzlich gratulierte – ein paar mehr Tore.
Zurück zur Umsetzung: Fouls sah man, aufgrund schlüssiger Regeln, aber auch aufgrund der Einigkeit, was man gerne und was man nicht gerne sah, selten. Es tat dem Sünder und dessen Mannschaft nicht gut, also unterließ dieser es und wurde so, sprachlogisch gesehen, gar nicht erst zum Sünder. Insofern hieße die richtige Formulierung: Foulspiel hätte einem potenziellen Sünder nicht gutgetan, also unterließ er es und vermied es somit, zum Sünder zu werden. Es wurde fair gespielt.
Das Zählen der persönlichen Fouls sowie der Mannschaftsfouls – wie im Basketball üblich – war zwar in den Regeln verankert, kam aber so gut wie nie zur Anwendung, eben in Form einer persönlichen oder Mannschaftsstrafe. Genau deshalb, weil die Strafe im so ungünstigen Verhältnis zur Straftat stand, dass das alte Sprichwort „Verbrechen lohnt nicht“ Vorfahrt hatte – zu jedermanns Nutzen. Keine Fouls, keine Unterbrechungen, Angriffsspieler, die sich im Zweikampf durchsetzen konnten und zum Abschluss kamen und, im Ergebnis, viel mehr Tore sowie viel mehr spannende Spiele.
Eine winzige kleine Änderung hatte ebenfalls dafür gesorgt, dass viel mehr Gerechtigkeit einkehrte: für Regelverletzungen innerhalb des Strafraums gab es differenzierte Strafen. Der Hauptgrund hierfür war ursprünglich, dass man zwar viele Regelverletzungen erkannte – also eine Vielzahl der Beteiligten und der Zuschauer –, dass es dem Schiedsrichter offensichtlich aber schwer fiel, einen Elfmeter dafür zu verhängen, da dieser mit einer unverhältnismäßig hohen Wahrscheinlichkeit verwertet wurde und zusätzlich, durch die geringe Anzahl der Tore, oftmals eine Spielentscheidung herbeiführte. Diese psychologische Hürde wollte man kleiner machen, da sie zu schwer zu nehmen war. Aber auch sonst erschien es logisch, dass es für kleinere Vergehen eine alternative Strafe geben sollte – obwohl dies in gewisser Weise im Widerspruch zu vorherigen Anmerkungen lag, dass man Regelverletzungen allgemein nicht sehen wollte und insofern härtere Strafen zwecks Demotivierung derselben durchaus zweckmäßig erschienen.
Als alternative Strafen standen dem Schiedsrichter zur Verfügung: eine kurze Ecke sowie ein freier Schuss aus sechzehn Metern – gegenüber dem noch immer vertretenen Elfmeter, welcher für die nicht regelkonforme Vereitlung von klaren Torchancen weiterhin zur Verfügung stand.
All dies wurde zwar so aufgezeichnet, entpuppte sich aber als fast überflüssig. Fouls oder lästige, Diskussionen auslösende Handspiele, kamen einfach fast nie mehr vor. Wie sich herausstellte, hatten Spieler und Trainer alsbald den Zeitgeist verinnerlicht und hielten sich an die Regeln. Kurios und auffällig dabei, dass die zu Erdzeiten so häufig auftretenden Handspiele so gut wie gar nicht mehr vorkamen. Die Spieler hatten ihre Arme am Körper. a) wollten sie gar nicht die Regeln übertreten, b) würden Handspiele, wie jede andere Regelübertretung, so bestraft, dass es nicht lohnen würde. Und falls eines sich heute noch gelohnt hätte, dann wäre garantiert alsbald eine Regelverschärfung eingetreten, um dieses Kindergartengetue loszuwerden, welches auf Erden für so viel unerfreulichen Wirbel gesorgt hatte.
Ebenso wurde bei Freistößen der Mauerabstand auf zehn Meter erhöht. Es war nur ein einziger Meter – die Einhaltung des Abstandes war längst kein Problem mehr –, nur stellte sich heraus, dass dies den Schützen enorm zugute kam. Auch diese winzige Änderung so gut wie überflüssig. Jeder potenzielle Täter wusste auch in Situationen in der Nähe des Strafraums: spiele NICHT Foul. Es lohnt garantiert nicht. Profitierender vom Nicht-Foul? Immer wieder: alle. Vor allem: der Zuschauer.
Falls man den Fußball nun mit dem Strafgesetzbuch vergleichen möchte: auch in der Rechtsprechung ist die Absicht, die Wiederholung von Straftaten zu verhindern. Einhaltung von Regeln ist oberstes Gebot, im Zusammenleben so wie auch auf dem Fußballplatz. Also wird ein Strafmaß festgelegt, welches, so gut es geht, Straftaten verhindert. „Straftaten“ sind, übertragen auf den Fußballplatz, Regelverletzungen jedweder Art.
Dies wären die Gemeinsamkeiten. Und, wie bei jedem Vergleich üblich, kann man beim Vergleichen die Suche nach Gemeinsamkeiten einleiten, aber auch die Suche nach Unterschieden. Also: „Du kannst doch Äpfel mit Birnen nicht vergleichen“ ist eine leider unsinnige Redewendung. Man kann beliebige Dinge miteinander vergleichen und Gemeinsamkeiten suchen oder halt Unterschiede. Was davon überwiegt? Darüber kann man im Anschluss befinden – oder es genau so gerne sein lassen.
Nach diesem kleinen philosophischen Exkurs nun weiter zu den Unterschieden: das Problem in der Rechtsprechung besteht in der gar nicht erst zu ermittelnden Dunkelziffer. Potenzielle Straftäter wären hier vielleicht Kleinkriminelle, gerne auch größere Kriminelle, möglicherweise aber auch jeder, der seine Steuererklärung abgeben muss und nach kleineren, mittleren oder größeren Gelegenheiten sucht, welche einzusparen: ob nun vom Gesetz einwandfrei gedeckt oder nicht.
Das Problem also auf den Punkt: ein potenzieller Straftäter gegenüber dem Gesetz hätte eine zusätzliche Abwägung zu treffen: wie hoch ist die Chance, dass ich bei der Gesetzesübertretung ertappt werde? Man wäre eventuell bereit, es zu tun – wie erwähnt bei Steuererklärungen vermutlich üblich?! Da möge sich jeder selbst hinterfragen –, sogar moralisch-ethisch es für vertretbar halten, mit der Scheinbegründung „wem schade ich schon dabei?“, aber dennoch das Risiko für zu hoch einstufen. „Falls ich erwischt werde, muss ich diese Strafe zahlen, nein, das tue ich lieber nicht“, ohne eigentlich exakt das Risiko abwägen zu können. Vielleicht auch mit dem letztendlichen gewissen Hemmnis durch die moralisch-ethische Ebene. „Nein, so was tut man doch nicht.“
Der Gesetzgeber hat hier die komplexe Aufgabe, ein angemessenes Strafmaß zu finden, mit welchem er die abschreckende Wirkung erzielt. Die unbekannte Größe der nicht aufgedeckten Straftaten in dieser Beziehung trägt erheblich dazu bei, dass das Strafmaß gelegentlich völlig falsch sein mag.
Man könnte, um es noch etwas plastischer zu machen, den Straßenverkehr als Beispiel anführen. Eine rote Ampel: man bleibt stehen. Vielleicht auch nicht JEDER und vielleicht nicht JEDER IMMER? Warum tut man es? Weil man stets das Auge des Gesetzes fürchtet, weil die Strafe recht erheblich wäre, bis Führerscheinentzug PLUS Geldstrafe, ein gewisses Gefahrenmoment und, demgegenüber, ein verhältnismäßig kleiner Zugewinn durch schnellere Zielerreichung. Also: es lohnt sich nicht. Aber hier und da vielleicht doch? Morgens um 4:30, kein Auto weit und breit, kein Nutzen vom Stehenblieben, kein Verkehrsrisiko, kaum Ertappungsgefahr, gib doch einfach mal Gas?
Nun zur Situation auf dem Fußballplatz: hier liegt so gut wie alles offen. Längst natürlich auch dank der Vielzahl von Kameras, aber auch sonst ist das Spielfeld offen, alles einsehbar. Insofern müsste es hier ein Leichtes sein, einen Sünder zu ertappen und zugleich das Strafmaß so anzusetzen, dass ihm die Wiederholung verleidet wird? Es mag zwar sein, dass man seinen Gegenspieler im Vorübergehen provozieren könnte mit einer Beleidigung, welche dem Schiedsrichter entgeht. Auch denkbar, dass man mit einem kuren Trikotzupfer davonkäme, bei dichter Strafraumbesetzung. Nur könnte man ja gerade derart „verdeckten“ und somit ganz klar „vorsätzlichen“ Vergehen letztendlich entgegentreten mit einem erhöhten Strafmaß im Falle, dass der Sünder doch damit auffällig wird? Eine Möglichkeit wäre, dass die Gegenspieler den Schiedsrichter darauf aufmerksam machen und er demnächst genauer hinschaut oder hinhört, wenn der vielleicht schon zuvor leicht auffällige – „zuvor“ könnten auch andere Spiele sein – Spieler erneut auf seine Art versucht, die Regel zu dehnen.
Auf jeden Fall gibt es diesen erheblichen Unterschied zu Straßenverkehr und Rechtsprechung dank der Offenlegung des gesamten Spielgeschehens. Sofern man jedoch einer gewissen, wiederkehrenden Unsportlichkeit NICHT Herr werden sollte, indem etliche Spieler sich beispielsweise im Anschluss beklagen, was ihr Gegenspieler getan hätte und was dieser wiederkehrend zwecks Vorteilserzielung eingesetzt hätte, so könnte man ganz einfach auch an dieser Stellte das Strafmaß so erheblich hoch ansetzen, dass es sich erneut nicht lohnt. Man wird zwar nur – Übertragung auf Rechtsprechung und Straßenverkehr – in einem von zehn Fällen erwischt, aber in diesem einen von zehn Fällen tut die Strafe so weh, dass man kalkulatorisch davon absehen muss. Es lohnt auch hier nicht. Es tritt noch immer auf? Erneute Anhebung der Strafe bei Ertappen. Bis es unterbleibt.
Dieser Gedanke ließe sich übrigens, und vielleicht schon zuvor deutlich, spielend leicht auf jede andere Regelverletzung übertragen. Man möchte es nicht sehen, es tritt dennoch auf. Setze eine Strafe fest, welche die vorherige übersteigt, Bis das, was du nicht sehen wolltest, endlich unterbleibt. Im Grunde kann jede Regelverletzung nur deshalb wiederholt auftreten, weil das Strafmaß falsch gesetzt ist. Falls sie es später noch immer täte, ganz gelegentlich, müsste das ursprüngliche Opfer sich ins Fäustchen lachen: „Weißt du, wie doof der war? Der hat mich gefoult! Hihi.“
Eine winzig kleine Änderung war diese: ein Vorteil sollte ein Vorteil sein. Hier lehnte man sich an Eishockey an. Sobald eine Regelverletzung erkannt wurde, wurde diese vom Schiedsrichter angezeigt, indem er den Arm hob. Ein Pfiff war nicht erforderlich und erfolgte auch nicht unmittelbar. Das Foul war somit ein zu zählendes, sowohl für die Individualfoulstatistik als auch die Teamfoulstatistik – Handspiele zählten dazu –, das Spiel lief aber weiter bis zum Ballverlust. Über das zusätzliche Strafmaß konnte im Anschluss noch befunden werden. Die angreifende Mannschaft hatte also die Chance, bis zum Ballverlust mit allen Spielern in den Angriff zu gehen. Dies sorgte nicht nur für zusätzliche spannende Spielszenen, sondern auch dafür, dass die Situationen sehr viel seltener auftraten – was jedoch auch im Interesse aller war.
Ganz schlicht zusammengefasst: es hatten sich ein paar geringfügige Änderungen in den Regeln ergeben, welche zwar aufgezeichnet waren, aber deren Einsatz gar nicht nötig war. Man hielt sich an die Regeln. Aus all den genannten Gründen. Die Regeln lauteten: elf Mann, ein Ball, versuche, diesen in das gegenüberliegende Gehäuse zu transportieren, so oft es geht, vorteilhaft ist es, wenn du es nicht seltener als der Gegner tust. Du weißt, was Foul ist und was Handspiel ist. Tu es nicht, sonst schadest du dir und deinem Team.
Und, kurioserweise, hatten alle durch dieses logische Verhalten Spaß. Es gab viele Tore und viele schöne Feste zu feiern, täglich und für jedermann.
Fußball in Putoia, er lebe hoch, er lebe hoch, er lebe drei Mal hoch!