Putoia – hier wird Fußball gespielt
Diese so schlicht klingende Textzeile hat eine doch recht spannende und lustige kleine Vorgeschichte, welche vorausgeschickt werden muss. Allerdings wird man erst so nach und nach die Zusammenhänge richtig verstehen können. Man muss ein wenig weiter ausholen. Geduld also?!
Zunächst einmal kam jemand auf die Idee, einen Fragebogen zu erstellen. Nur so, aus einer Laune heraus. Diesen stellte er ins weltweite Netz und wartete auf Bereitwillige, die diesen bearbeiten und ausfüllen würden – allerdings blieb er in deutscher Sprache gehalten. Es könnte jeder teilnehmen, kein Problem, aber es war sicher eher mit deutschsprachigen Teilnehmebr zu rechen. Zum Teil aus gutem Grund, sicher.
Im anderen Ereignisast ging es doch ein wenig utopischer zu. Nämlich konnte man sich dank einer genialen – und „genial“ deshalb, weil so einfach — Erfindung frei im Universum bewegen. Per schwarzer Löcher konnte man sich durchs Uuiversum schwingen und ohne den geringsten Zeitverlust – Zeit, was war das überhaupt noch, eingedenk dieser unendlichen Weiten und Geschwindigkeiten? – beliebige entfernte Galaxien, Michstraßen, Sterne, Planeten oder Monde, welche zugleich in unendlicher Vielfalt erdähnliche und damit nach unseren Vorstellungen lebensgerechte Bedingungen boten, bereisen. Lediglich musste man sich vorher kurz einfrieren lassen. Allerdings nicht etwa, damit man die Reisezeit gut übersteht und dabei nicht altert, sondern damit man nicht, da man sich schneller als mit Lichtgeschwindigket fortbewegte (der Faktor war etwa 10 hoch 10 hoch 84) und nicht nach Ankunft noch 100 Milliarden Jahre auf seine Geburt warten musste.
Bevor der Fragebogenersteller – in der Folge mit seinem Spitznamen „Wanja“ benannt, denn seine Freunde zogen ihn immer ein bisschen damit auf, dass er meinte „ihr könnte ruhig lachen aber irgendWANn, JA, da ist es so weit, ihr werdet schon sehen…“ –, also unser aller kleiner Freund Wanja, sich jedoch in diese unendlichen Weiten aufmachte – wie es zu der Zeit viele Menschen taten – einen dieser „Planeten“ (bleiben wir bei dieser Bezeichnung aus einer Vielzahl möglicher) zu ergründen und zu bewohnen, falls es sich einrichten ließe, schaute er sich die doch zahlreicher werdenden Fragebogen Ergebnisse an und wertete sie aus.
Die Ergebnisse dieser Auswertungen waren einem jedem Teilnehmer zugänglich, sobald er vollständig ausgefüllt hatte. Man konnte so seine eigenen Ansichten mit der Allgemeinheit abgleichen, ohne davon beeinflusst worden zu sein und zugleich war ein kleiner Anreiz geschaffen. Denn am liebsten hätten viele sicher nur die Ergebnisse gekannt? Die Gefahr, dass man andere über die Ergebnisse informierte war gering. Denn man wollte, sobald man die Fragen beantwortet hatte, dass es auch möglichst viele andere täten. Ausplaudern is nich, sagen wir mal so.
Ein gar nicht mal so dummer Gedanke…
Die Umfrageergebnisse werden an dieser Stelle zumindest eine Weile lang vorenthalten – die Neugierigen schauen stattdessen im uwN (universumsweiten Netz) selbst nach diesem Fragebogen?! Nur wurde Wanja von den Ergebnissen mehr und mehr ermutigt, die Umfrage damit abzuschließen, dass er Mitreisende suchte, zwecks Planetengründung. Sicher, ein kleines Abenteuer, aber das galt heute beinahe als chic und war auch keineswegs etwa eine kostspielige Angelegenheit.
So fanden sich tatsächlich immer mehr reise- und abenteuerlustige, jung, alt, weiblich, männlich, arm, reich, studiert oder nur grundausgebildet, sportbegeistert, Fußballfans oder solche, die diesem Sport längst den Rücken gekehrt hatten, aber auch Novizen, gänzlich unbedarfte, die sich an der Idee dennoch erfreuten.
Als sich ausreichend viele gefunden hatten – für Planetengründungen musste es eine bestimmte Mindestanzahl sein, damit die Weiterexixtenz gesichert war, ein wenig Noah ähnlich, aber diese hatte man locker überschritten — konnte es endlich losgehen.
Da die Reisezeit zu jedem auch noch so entfernten Planeten gleich Null war, konnte man natürlich a) jederzeit mit Besuchern rechnen – manche machten sich den „Hitchhikers guide through the universe“ von Douglas Adams nutzbar –, b) konnte man natürlich gerne bleiben, wenn man sich dort wohl fühlte. Zugleich konnte sich natürlich jeder reiselustige vorab ein Bild machen, was diesen oder jenen Planeten so auszeichnete und was einen dort erwarten würde.
Jeder Planet musste jedoch seine Besucher weithin sichtbar begrüßen mit einer Willkommensbotschaft. In unserer kleinen Geschichte waren den Arbeitern jedoch die Buchstaben ein wenig durcheinander geraten. Sie versuchten, diese aus der Erinnerung zusammen zu setzen. Sie waren nicht ganz sicher, aber sich doch irgendwann einig, wie es lauten musste. Als Wanja dies sah, wurde er zunächst böse und schimpfte ein wenig – was so gar nicht recht zu dem Planeten passte –, und meinte „Was ist das denn? Das gibt es doch gar nicht!“ Worauf der Vorarbeiter antwortete : „Wie, wat, jibt et nich. Siehste doch, dass et dit jibt? Wir sind hier doch nicht in Utopia?“
Genau in diesem Moment mag bei dem Vorarbeiter zwar der Groschen gefallen sein und er wurde ein klein wenig rot, hatte er doch „Putoia“ daraus gemacht. Nur hellten sich urplötzlich Wanjas Gesichszüge auf und er meinte: „Ja, wer von euch ist denn darauf gekommen? Das ist genial! Ihr habt recht, vielleicht gibt es Utopia nicht, aber das hier gibt es und ist ganz real und so soll es bleiben.“
Das fertig gestellt Schild sah so aus :
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Putoia
Hier wird Fußball gespielt
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Noch besser gefiel ihm aber der Gedanke, dass man auf dem Planeten selbst immer neue Schilder aufstellen könnte, Plakate aufhängen, Videoleinwände bespielen, Litfaßsäulen, freie Flächen, Hauswände, Brücken, überall könnten diese Botschaften aufgehängt sein und so verbreitet werden. Er selbst hatte ausreichend viele Ideen ohnehin – teils den Umfrageergebnissen entnommen –, aber es gab regelrechte kleine Wettbewerbe, bei welchen die Bewohner mitmachten und mitgestalteten, was man noch so alles verbreiten könnte. Das genial (einfache) daran: bei der Anreise wusste man sofort, worum es hier ginge. Fand man also ein Schild „hier wird fair gespielt“, dann konnte es sich logischerweise nur auf Fußball beziehen? Wobei es natürlich auch sonst einen fairen Umgang miteinander gab, da nämlich alle von dem gleichen Gedanken beseelt waren.
Man hatte sich ohnehin hier der Sache verpflichtet, alles nur positiv auszudrücken. Außer beim Planetennamen vielleicht, aber das gehört nun wirklich nicht hierher und den Bauarbeitern sei Dank, dass dieses „U“ nicht am Anfang stand, womit man dann womöglich etwas Negatives wie „kein“ assoziierte?
In Abstimmung mit den Umfrageergebnissen und den Bewohnern fand man bald beispielsweise das folgende Schild vor: „Hier gibt es nur saubere Siege“. Wenn man darüber mehr erfahren wollte („Was soll das heißen, nur saubere Siege?“), dann konnte man direkt in die Stadthalle fahren – eine solche gab es bald in jeder Stadt auf dem florierenden Planeten –, wo es eine Ausstellung gab und eine Führung und man über alles eingehend informiert wurde, bei ausreichendem Interesse. Wobei es sich da historisch gesehen nicht gänzlich vermeiden ließ, einen Vergleich mit der Erde anzustellen – was denn auch mal in einem „nicht“ oder „kein“ gipfelte. Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: „…nur saubere Siege heißt, dass es keine dreckigen gibt.“
„Hier gibt es keine Schauspielerei“. Was verbirgt sich dahinter? In der Stadthalle erfährt man: „Hier sind keineswegs Schwalben gemeint. Schauspielerei sind vorgetäuschte Verletzungen um einen der drei möglichen Vorteile zu erschleichen: ein Konterangriff des Gegners wird mit einer simulierten Verletzung unterbrochen, b) durch Aufschrei oder Sturz bei einer kleinen Berührung täuscht man eine Tätlichkeit an sich vor, um einen Platzverweis zu erwirken, c) als Verteidiger nach Ballverlust ein Stürmerfoul zu suggerieren und zu stürzen, um einen Freistoß zu erwirken, d) um einen Zeitgewinn zu erzielen oder e) den Spielfuss des Gegners zu unterbrechen.
Auch dazu gab es selbstverständlich noch ein paar Hintergründe und erforderliche Erläuterungen. Diese finden sich jedoch im weiteren Verlauf der Geschichte, an späteren Stellen.
Welche Botschaften es noch so alles gab, welche Hintergründe dazu, wie die Ideen umgesetzt wurden, wie der Geist dieser Ideen durch diese Botschaften weiter und weiter verbreitet wurde und von dem Bewohnern verinnerlicht, welche Folgen und welche Begleiterscheinungen sie hatten – all dies findet man im weiteren Text.