Das Spiel Backgammon
- Spielregeln
Backgammon ist das Mensch-Ärger-Dich-Nicht für Große. Es ist aber die Zwei-Spieler-Variante. Zwei Spieler versuchen also, alle ihre Steine um das gesamte Brett herum zu bringen. Unterwegs darf man gegnerische Steine auch heraus werfen und wer als erster fertig ist hat gewonnen.
Die kleinen Unterschiede zum Mensch-Ärger-Dich-Nicht:
– Jeder der beiden Spieler hat 15 Steine (Mensch-Ärger-Dich-Nicht: 4).
– Insgesamt gibt es 24 Zacken, das sind die Felder, auf denen die Steine stehen dürfen.
– Das Backgammon Spielfeld wird auch Backgammonboard oder auch nur board genannt.
– Das board ist unterteilt in 4 Abschnitte zu je 6 Feldern.
– Die Steine der beiden Parteien bewegen sich in entgegen gesetzter Richtung.
– Gewonnen hat der Spieler, der als Erster alle Steine ausgewürfelt hat. Ein Ausgewürfelter Stein
– Das Auswürfeln darf erst begonnen werden, wenn sämtliche 15 (genauer gesagt: alle verbleibenden; davon später mehr) Steine im eigenen Heimfeld angekommen sind.
– Das eigene Heimfeld ist der für jeden Spieler in Laufrichtung gesehene letzte Quadrant, die letzten 6 Felder also.
– Jedes Feld auf dem board darf von mehr als einem Stein besetzt sein.
– Die Farbe der Steine auf einem Feld muss aber einheitlich sein. Es können also niemals zwei verschiedenfarbige Steine auf einem Feld stehen.
– Gespielt wird mit zwei Würfeln.
– Die Augenzahl jedes Würfels muss mit einem Stein der am Wurf befindlichen Partei komplett ausgeführt werden und ausführbar sein (zwei Ausnahmen später).
– Allein stehende Steine einer Farbe auf einem Feld dürfen vom Gegner geschlagen werden. Dazu muss die Augenzahl eines Würfels einen Stein exakt auf das Feld des zu schlagenden Steins befördern (man kann nicht schlagen, wenn man nur an einem Stein vorbei kommt).
– Wenn beide Würfel die gleiche Augenzahl zeigen (ein Pasch), dann darf und muss man jede Augenzahl vier Mal setzen (dürfen oder müssen ist nur so genannt, weil es situationsbedingt von Vorteil oder von Nachteil sein kann).
– Befinden sich zwei oder mehr Steine einer Farbe auf einem Feld, so darf das Feld vom Gegner gar nicht betreten werden (wenn zwei oder mehr auf einem Feld sind, sind sie immer einer Farbe; erwähnenswert nur, weil es eine türkische Variante des Spiels gibt, wo man Steine des Gegners „fangen“ kann, indem man einen eigenen oben drauf stellt).
– Falls die beiden Würfel unterschiedliche Zahlen zeigen, muss jede gewürfelte Augenzahl ein Mal gezogen werden Falls die Augenzahl gleich ist handelt es um einen Pasch. Beim Pasch muss jede Augenzahl zwei Mal gezogen werden, demnach also die gewürfelte Augenzahl vier Mal. Wenn also beide Würfel eine 3 zeigen, sind insgesamt vier dreien zu setzen. Der Stein, mit dem man ziehen möchte, ist frei wählbar. Jedoch muss jeder Wurf komplett ausführbar sein. Man kann die Augenzahl nicht aufaddieren und nur die Summe ausführen (diese Sonderregel erklärt sich wirklich am Besten am Beispiel: Sie würfeln eine 3 und eine 5. Sie dürfen die Summe der 8 Augen sehr wohl mit einem Stein ziehen. Nur muss dafür zumindest die 3 oder die 5 in der ersten Hälfte des Zuges ein vom Gegner nicht mit zwei oder mehr Steinen besetztes Feld sein. Ist unterwegs auf der 3 oder auf der 5 ein einzelner gegnerischer Stein, so darf dieser geschlagen werden. Ist auf der 3 und auf der 5 jeweils ein einzelner Stein, so muss einer der beiden geschlagen werden. Ansonsten hat man die Wahl, zu schlagen oder nicht zu schlagen. Wenn beide Felder, die 3 und die 5, blockiert sind, also mit zwei oder mehr gegnerischen Steinen besetzt sind, so kann der betreffende Stein gar nicht ziehen, selbst wenn das 8 Augen entfernte Feld frei wäre). Man darf aber auch die beiden Augenzahlen mit zwei verschiedenen Steinen ziehen. Beim Pasch darf man auch mit bis zu 4 verschiedenen Steinen ziehen; aber auch alle 4 Züge mit einem Stein ausführen oder eine beliebige Kombination. Grundregel auch dafür: Jede einzelne Zahl muss ausführbar sein, also dürfen auf keinem der zu betretenden Felder zwei oder mehr Steine des Gegners stehen.
– Jede gewürfelte Augenzahl muss gezogen werden, sofern dies möglich ist. Wenn man eine verbleibende 6 aber zum Beispiel gar nicht legal ziehen kann, so verfällt die Augenzahl dieses Würfels (der andere kann oder muss aber dennoch, analog zu oben, ausgeführt werden). Man muss nicht ausführbare Augenzahlen also nicht unvollständig ziehen, sondern darf sie gar nicht ziehen.
– Geschlagene Steine landen auf der Bar. Die Bar ist ein fiktiver 25. Punkt (für die gegnerische Partei also gar ein 26.Punkt) auf dem Board. Zumeist sieht ein Board so aus, dass es tatsächlich eine „Bar“, also eine Art Leiste, in der Mitte des Boardes hat, wo die Steine Halt finden und so lange stehen können, wie sie nicht eingesetzt sind. Es bleibt aber ein „fiktiver“ Punkt, er ist nicht speziell markiert; viele Spieler halten die Steine in der Hand vor dem Einwürfeln).
– Das Einwürfeln auf der Bar befindlicher Steinen erfolgt analog zum normalen Ziehen. Der Stein startet mit seinem Zug auf dem ersten Punkt im gegnerischen Heimfeld. Dort würde er also mit einer 1 einsetzen (können). Das Feld, das der einzuwürfelnde Stein zu betreten gedenkt, muss allerdings frei, also nicht von zwei oder mehr gegnerischen Steinen besetzt sein. Wenn man tatsächlich also wieder 3 und 5 würfelt und der Gegner hat diese beiden Felder „besetzt“ mit zwei oder mehr eigenen Steinen, so kann der Stein nicht in diesem Wurf einwürfeln. Der Zug verfällt dann vollständig.
Die Sonderregel, die beim Einwürfeln zu beachten ist, ist also die, dass der auf der Bar befindliche Stein gezogen werden muss, bevor irgendein anderer Stein gezogen werden darf/kann/muss. Da es auch mehr als einer sein kann, müssen alle auf der Bar befindlichen Steine zuerst eingewürfelt sein, bevor ein anderer Stein gezogen werden darf.
– Die Sonderregeln beim Auswürfeln besagen, dass man natürlich auch hier alle Augenzahlen vollständig ziehen muss, sofern möglich. Wenn man allerdings eine 6 nicht mehr ziehen kann, weil alle Steine weiter vorne stehen, so darf man mit der 6 auch einen Stein von der 5 oder der 4 ausspielen, sofern es dann keine höher platzierten Steine mehr gibt.
– Noch eine Sonderregel für das Auswürfeln: Man muss sämtliche 15 Steine im eigenen Heimfeld haben, bevor man mit dem Auswürfeln beginnen kann. Allerdings kommt es häufig genug vor, dass der Gegner auch noch Steine in diesem Feld hat. Es kann sein, dass der Gegner sogar noch Steine auf der Bar hat, die noch eingewürfelt werden müssen. In allen diesen Fällen spricht man davon, dass es „noch Kontakt gibt“. Das bedeutet, dass theoretisch noch ein Stein geschlagen werden kann und wieder von vorne anfangen muss. Iim Gegensatz dazu: Wenn es keinen Kontakt mehr gibt, was ebenfalls oft genug vorkommt, nennt man die Partie dann ein reines Rennen: wer höher wirft gewinnt. Es kann nicht mehr zum Schlagen kommen. So lange es also Kontakt gibt, kann es passieren, dass man noch geschlagen wird. Das gilt natürlich für beide Parteien. Nur ist es in der Regel für die im Rennen weit hinten liegende Partei die einzige Chance, die Partie noch durch einen Schlagfall zu gewinnen. Wenn es also der zurückliegenden Partei dann gelingt, einen Stein zu schlagen, weil er eben beim Auswürfeln offen stehen geblieben ist (fast immer unabsichtlich, aber es passiert), dann muss dieser Stein erneut um das ganze Brett transportiert werden. Er muss eingewürfelt werden und die Heimreise antreten. Die Sonderregel nun: die Partei, deren Stein geschlagen wurde, darf, auch wenn sie bereits einige Steine ausgewürfelt hat, erst mit dem Auswürfeln fortfahren, wenn der geschlagene Stein auch wieder im eigenen Heimfeld ist. Also heißt die korrekte Regel nicht etwa „Das Auswürfeln kann beginnen, wenn alle 15 Steine einer Partei in ihrem Heimfeld sind“ sondern so: Immer, wenn sämtliche von einer Partei noch im Spiel befindlichen Steine im eigenen Heimfeld sind, dürfen Steine ausgewürfelt werden.“
– Eine weitere Besonderheit und beinahe Namensgeber für das Spiel: Es gibt Gammons und Backgammons. Ein Gammon ist dabei ein Spiel, wo eine Partei alle Steine herausgespielt hat und die andere noch keinen einzigen. Wenn das eintritt, dann zählt die Partie doppelt. Das heißt, die Zahl auf dem Verdopplungswürfel wird noch mit 2 multipliziert. Eine ganz besondere Form des Gammons ist das Backgammon. Auch bei diesem Gammon hat die eine Partei alle Steine ausgespielt und die andere noch gar keinen. Aber beim Backgammon hat der Verlierer noch mindestens einen Stein im Heimfeld des Gegners, also im hintersten Quadranten. Manchmal geht man bewusst das Risiko ein, einen Stein ganz hinten zu lassen, um den Gegner doch noch abfangen und schlagen zu können. Ein anderes Mal geschieht es aber auch, dass man so hilflos ist, und die Steine auch beim besten Willen nicht dort hinten herausbekommt. Der Faktor wächst dann an. Bei einem Backgammon wird die Zahl auf dem Verdopplungswürfel mit 3 multipliziert.
Das waren nun zunächst die Grundregeln. Eine weitere Grundregel ist die Ausgangsstellung. Die Steine starten nämlich nicht alle vom hintersten Punkt (was nach Erklärung oben ja die jeweils gegnerische Bar wäre), sondern sind auf bestimmten Punkten angeordnet. Dabei ist die Verteilung 2-5-3-5. In der Summe sind das 15 Steine, auf vier Punkte verteilt. Dabei ist der erste Punkt, der mit den zwei Steinen tatsächlich der am weitesten vom eigenen Heimfeld entfernten Punkt, dem 24er Punkt. Das ist der Punkt, auf dem man von der Bar mit einer 1 einwürfeln würde. Der nächste besetzte Punkt ist der so genannte „midpoint“. Das ist der Umkehrpunkt auf dem board, allerdings müssten die 5 dort platzierten Steine noch aneinander vorbei. Es ist der Punkt, der 13 Felder vom eigenen Auswürfelpunkt entfernt ist. Dann befinden sich 3 Steine auf dem eigenen 8er Punkt und 5 Steine auf dem 6er Punkt. Die Steine sind also, in einem aufgeklappten Backgammonboard, was auf diese Art symmetrisch gemacht wurde, allesamt einander gegenüber.
- Spielablauf
De Spielablauf sieht so aus: Beide Spieler würfeln mit einem Würfel. Wenn die Würfel die gleiche Zahl zeigen, wird wiederholt. Ansonsten beginnt der Spieler, der die höhere Zahl geworfen hat. Und zwar mit dem Zug, der auf beiden Würfeln zusammen angezeigt ist. Sie ein 4, der Gegner eine 3, Sie müssen den Zug 4-3 ausführen. Danach würfeln beide Spieler abwechselnd mit beiden Würfeln.
Dabei gelten folgende Regeln: Im Turnier wird aus einem Becher gewürfelt. Dabei müssen die Würfel hörbar geschüttelt werden. Anschließend würfelt man auf der rechten Seite der eigenen Boardseite. Beide Würfel müssen dann rollen und zumindest eine Bande berühren. Anschließend müssen sie auf einer freien Fläche im Board zu liegen kommen. Dann hat man den Zug legal auszuführen. Sowie man die Würfel vom Board aufhebt, gilt der Zug als beendet und ist nicht mehr veränderbar. So lange allerdings die Würfel im Board liegen, darf man sehr wohl Steine anfassen und hin und her bewegen. Im Gegensatz zum Schach, wo die Regel „berührt geführt“ gilt.
- Der Verdopplungswürfel
Dazu gibt es den Verdopplungswürfel. Den können beide Parteien einsetzen, um den Einsatz (im Turnier: die Punktzahl) zu verdoppeln, um den gespielt wird. Dabei gelten auch ein paar beachtenswerte Regeln. Zugriff auf den Würfel haben beide Parteien, wenn der Würfel in der Mitte liegt, also die Partie bisher unverdoppelt ist. Sowie eine Seite verdoppelt hat, liegt der Würfel auf der gegnerischen Seite und ist für den Spieler, der gedoppelt hat, nicht mehr zugänglich. Ab diesem Zeitpunkt darf nur noch die Partei verdoppeln, die den Würfel auf ihrer Seite hat.
Doppeln darf man immer, bevor man würfelt, sofern man Zugriff auf den Würfel hat. Nach dem Doppeln hat die gedoppelte Partei aber auch ein paar Optionen: Die normalen heißen dabei Annehmen oder Ablehnen (die eine Sonderregel des Biberns wird im Kapitel „Biber-Dirk“ erläutert und gilt nur für Geldspiel). Wenn der gedoppelte Spieler eine Verdopplung ablehnt, bekommt der Gewinner natürlich nur die ursprünglich auf dem Verdopplungswürfel angezeigte Einheitenzahl gutgeschrieben. Wenn Sie also von 4 auf 8 verdoppeln und der Gegner ablehnt, bekommen Sie 4 Einheiten, Punkte, gutgeschrieben.
- Strategien
Da das Backgammon, selbst nach Erklärung all dieser Regeln immer noch ein Rennspiel bleibt (das wäre sozusagen primitiv ausgedrückt: wer höher würfelt, gewinnt), muss man natürlich, um diesem Effekt entgegen zu wirken, Strategien entwickeln, die das Prinzip zumindest in Frage stellen.
Ein Problem, was beide Parteien miteinander vereint, ist das Problem, die beiden ganz hinten stehenden Steine „nach Hause“ zu bringen. Der Grund liegt einerseits darin, dass diese Steine ganz hinten sind, natürlich. Andererseits sind sie auch am weitesten von eigenen Steinen entfernt, nämlich insgesamt sind es 11 Felder bis zum nächsten eigenen Punkt, dem midpoint. Die anderen 13 Steine sind ja miteinander „verbunden“, durch einen einzelnen Wurf eines Würfels zu erreichen.
Damit also diese Steine herumbewegt werden können, muss man sie meistens alleine herumbewegen. Dadurch verlieren sie ihren Schutz und können sowohl geschlagen als auch später eingefangen werden.
Eine Strategie besteht also darin, die eigenen weit hinten stehenden Steine zu „befreien“ und die gegnerischen Steine, wenn möglich, nicht frei zu lassen. Dazu ist es häufig sehr effektiv, eigene Punkte zu „bauen“. Die mit 5 Steinen „überbesetzten“ Felder können dabei ihre überzähligen Steine so vereinen, dass sie neue Punkte bilden. Punkte sind dabei die jeweils mit 2 Steinen besetzten Felder. Wenn man also mit den 13 Steinen auf der eigenen Boardseite viele Punkte vor den gegnerischen Steinen aufbaut, wird es für diese nach und nach immer schwerer, die eigenen Steine zu befreien. Man nennt vor den gegnerischen Steinen aufgebaute, hintereinander liegende Punkte auch eine „Prime“. Dabei gibt es Zwei- bis Siebenpunkte Primes. Jedoch ist die effektivste natürlich die Sechserprime (sieben braucht man nicht, schadet aber auch nicht). Diese ist vom Gegner gar nicht zu überwinden. Man benötigt dafür mindestens zwölf eigene Steine. Eine Sechserprime ist nicht zu überspringen, da kein einzelner Würfel mehr als eine 6 zeigen kann.
Es gibt also im Prinzip zwei mögliche Traumziele: Die gegnerischen Steine komplett einzumauern und die eigenen Steine zu befreien. Das ist dann gelungen, wenn man sechs hintereinander liegende Punkte vor den gegnerischen Steinen aufbaut. In diesem Moment wird die Höhe der eigenen Würfel weitest gehend irrelevant. Das schlichte Element „Rennen“ ist erfolgreich mit „Strategie“ bekämpft worden. Falls die eigenen Steine jedoch noch nicht befreit wurden, so ergibt sich oftmals eine spannende Partie. Man nennt den Typus auch „Prime gegen Prime“. Beide versuchen, eigene Steine herauszubekommen und die gegnerischen nicht freizulassen. Da man aber vorwärts ziehen muss, ergibt sich dann oft, dass einer der beiden seine Prime brechen muss, also die hintersten Punkte aufgeben muss. Die damit verbundene Problematik nennt man auch „Timing Problematik.“ Man muss vorwärts ziehen, obwohl man davon Schaden nimmt.
Der absolute Traum ist allerdings, wenn die Sechserprime das komplette eigene Heimfeld liegt. Man stelle sich vor: Es gelingt einem, einen oder mehrere gegnerische Steine auf die Bar zu befördern und das eigene Heimfeld ist auf allen Feldern doppelt von eigenen Steine besetzt! Der Gegner kann sich dann das würfeln sparen. Er könnte keinen einzigen Zug ausführen, da er mit keiner einzigen Zahl einsetzen könnte. Dann kann man so lange weiter würfeln, bis man die eigenen Steine auswürfelt (man bedenke: um die prime im eigenen Heimfeld zu bauen genügen 12 Steine, 6 Felder mit jeweils mindestens zwei Steinen besetzt, 6*2 = 12. Also die anderen drei Steine können oder müssen dann zunächst nach Hause gebracht werden. Die Höhe der eigenen Würfe hat den kleinstmöglichen Einfluss: Sie ist gleichgültig.
- Gewinnstrategie
Hier den Begriff „Gewinnstrategie“ zu verwenden, ist natürlich Unsinn. Es gibt nicht eine Gewinnstrategie. Es gibt gute und weniger gute Spieler. Es gibt gute und weniger gute Züge. Und selbst dabei ist das Urteil noch nicht absolut zuverlässig. Es wird derzeit vom Backgammon Computer gesprochen und von der Weltelite akzeptiert. Aber ob es hier und da nicht doch einen besseren möglichen Zug gibt, wird auch damit nicht endgültig geklärt.
Es gibt noch die Begriffe „diversification“ und „duplication“, die einem auch als Anfänger zumindest einleuchten könnten. Dabei wendet man nach Möglichkeit die „diversification“ auf die eigenen Züge an und die „duplication“ auf die gegnerischen Zugmöglichkeiten. Denn die Bedeutung der Worte ist ja auch für nicht englischsprachige sicher nicht schwer. Man diversifiziert die eigenen Würfe, man dupliziert für den Gegner. Das Diversifizieren ermöglicht einem viele gute Würfe. Man hat eine 5, die man hier gebrauchen könnte, mit einer 2 könnte man da was anfangen und die 4 wäre hier hilfreich. Auch für 6en und 1en hätte man für den Notfall eine Verwendung. Für den Gegner lässt man es, nach Möglichkeit, anders aussehen. Am besten, er hat gar keine guten Würfe. Aber wenn er eine offensichtlich gute Zahl hat, dann stellt man an einer anderen Stelle auf dem Board einen Stein so hin, dass er ihn mit der gleichen Zahl schlagen könnte. Wenn er dann die Zahl hätte, wüsste er gar nicht, wo er sie zuerst ziehen sollte. Aber vielleicht hat er sie noch nicht mal. Und so weiter.
Warum ich das hier aufgenommen habe hat nur einen einzigen Grund: Die Selbstbeweihräucherung. Ich erkläre Ihnen meine eigene „Gewinnstrategie“. Ich würde auch glatt „aber bitte nicht weitersagen“ hinzufügen, wenn ich es nicht in diesem Moment schon veröffentlicht hätte. Aber diese „Gewinnstrategie“ hat dennoch nicht die Bezeichnung verdient. Es ist mehr ein Verhalten am Brett, was ich hier mal loswerden möchte.
Dazu muss ich aber auch mal wieder etwas sehr wesentliches erwähnen: Im moneygame, im Alltagsgeschäft des Backgammonprofis, was ich gerne mal gewesen sein wollte (ich war zu schlecht dafür und habe mir selbst den Gedanken, dass ich Profi war zu den Akten gelegt), war ich absolut erfolglos. Alle meine lächerlichen Theorien zur Gewinnstrategie habe ich komplett vernachlässigt, es sei denn, Sie wissen noch einen besseren Grund, warum ich da so erfolglos war. Ich konnte einfach nicht gewinnen. Beim moneygame war für mich der Fakt, dass man jede unglücklich verlorene Partie sofort bezahlen musste, Ausschlag gebend. Und die Folgepartie habe ich wahrscheinlich unter dem Aspekt gespielt, das Geld jetzt zurück gewinnen zu wollen. Eben das typische Verliererverhalten. Wichtig ist es, gute Züge zu machen und nicht nach dem aktuellen Punktestand zu spielen. Aber das dient nur der Überleitung zum…
- Turnier Backgammon
Das war die Disziplin, die mir lag. Sicher, alles, wo man Erfolg hat, bildet man sich ein, auch gut zu können. Aber es gab dennoch eine gute Begründung, warum es mir so gut gefiel. Im Turnier hat man zu irgendeinem Zeitpunkt das Startgeld bezahlt. Danach war das Geld irgendetwas wert. Dieser Wert hat sich mit jedem Zug, mit jeder gewonnen oder verlorenen Partie, mit jedem gewonnenen oder verlorenen Match, verändert. Aber die Veränderung bezog sich nur auf die equity selber. Man musste weder in die Tasche greifen noch konnte man die Tasche auffüllen. Die equtiy war ein fiktiver Wert. Nur nach dem letzten Wurf in der letzten eigenen Partie des Turniers wurde der Wert realisiert. Man bekam einen Preis oder nicht, oder die Höhe stand fest. Aus der Tenniswelt kenne ich noch die Formulierung „ich hoffe, dass ich den letzten Punkt im Match mache“. Das war das, lustig formulierte, Pendant zum Gewinnen des Matches. So konnte man auch beim Backgammon hoffen, den letzten Wurf des Turniers selber zu machen. Der letzte Stein war ausgewürfelt, der Gegner konnte, so Gentleman, nur noch gratulieren. Und: Wenn man ihn gemacht hatte, hatte man auch sicher einen Preis. Denn: um irgendetwas muss es ja gegangen sein. Und man hat gewonnen.
Die Folge dessen war für mich wieder mal in der Psychologie zu suchen, dazu der Verwendung der Pauli-Leiter. Per Psychologie sagte ich mir: So lange ich noch nicht ausgeschieden bin beziehungsweise das Match noch nicht beendet ist, ist es sinnlos, sich zu ärgern. Ich weiß ja noch nicht, wie es letztendlich ausgeht. Man stelle sich vor, man verliert eine sehr unglückliche Partie, ärgert sich darüber, spielt das Match aber weiter und gewinnt das Match! Erstens hätte der Gegner dann allen Grund, sich selber zu ärgern. Aber nicht so sehr über das verlorene Match als vielmehr über die Reaktion nach der unglücklich verlorenen Partie: „Du jammerst mir hier die Ohren voll, was du für ein Pech hast, und am Ende gewinnst du auch noch das Match.“
Also bis zum letzten Wurf, den man selber oder der Gegner ausführt, weiß man noch nicht, wer das Match gewinnt. Nach dem letzten Wurf weiß man es zwar, aber es ist jetzt zu spät zum Ärgern, also wozu das jetzt noch? Wer möchte, kann sich aber ruhig ärgern, wäre mir auch egal und auch für die Chancen. Es sei denn, man transportiert diesen Frust zum nächsten Turnier. Dabei sind ja auch hier weder Frust noch Ärger die wahren Einflussgrößen auf die Siegchancen im Match. Die wahre Einflussgröße ist natürlich die auf Grund des Ärgers nachlassende Konzentration, in der Folge die veränderten Entscheidungen, die unterm Strich einfach dadurch schlechter ausfallen können. Ein schlechterer Zug ergibt schlechtere Siegchancen und in der Sequenz vieler schlechter Züge vielleicht die entscheidende Veränderung der Chancen zu seinen eigenen Ungunsten, dem Verlust des Matches.
Während eines Turniermatches habe ich mich schlicht und einfach also nicht geärgert. Und nach dem Ausscheiden war es zu spät, also habe ich es auch unterlassen. Das war der psychologische Teil. Der Teil „Pauli-Leiter“ hatte lediglich zur Verinnerlichung geführt. Und das war tatsächlich so. Ich konnte mich einfach nicht mehr Ärgern. Das Prinzip war mir zu klar und einleuchtend. Eine verlorene Partie spielt doch einfach keine Rolle, egal wie unglücklich. Vielleicht gewinnt man anschließend das Match und hat dieses Unglück in Glück verwandelt. Denn: was gibt es Schöneres, als das Pech so unterzubringen, dass es keinen Schaden anrichtet?
Der Vorteil des Nichtärgerns bestand darin: Meine volle Konzentration war stets auf die Ausführung des nächsten Zuges gerichtet, auf die nächste Entscheidung. Natürlich war das oftmals vom Matchstand abhängig. Selbstverständlich muss man, im Falle, dass man im Match hinten liegt, teilweise andere, riskanter, Entscheidungen treffen. Umgekehrt, wenn man führt, etwas „sicherere“ Entscheidungen treffen. Aber das hatte ja nichts mit dem Pech zu tun. Es war nur eine dem Spielstand angepasste Strategie.
Ein letztes Geheimnis möchte ich jetzt und heute auch einfach mal Ausplaudern: Es gibt eine natürlich Anspannung, die jeder Spieler am Brett und während eines Matches, zumindest der ernsthafte Spieler, empfindet. Man ist gespannt auf die eigenen Würfe und auf die gegnerischen Würfe. Nun, um die eigenen Würfe ausführen zu können, muss man natürlich zwangsläufig auf die eigenen Würfel schauen. Aber praktisch alle Spieler schauen auch auf die gegnerischen Würfel. Und das war mein Ansatzpunkt.
Natürlich gibt es dafür zwei ganz offensichtliche Gründe. Der eine, dass man einfach wissen will, was der Gegner würfelt. Das ist der Teil des Ausdrucks der Anspannung. Der andere ist ein intuitiver Teil: Wenn ich nicht schaue, was er gewürfelt hat, kann er ja einfach einen Stein schlagen und die Würfel aufnehmen, obwohl er gar nicht getroffen hat. Oder einen ähnlichen Betrugsversuch. Er zieht einen Traumwurf, den er gar nicht hatte. Man muss dem Gegner „auf die Finger schauen“, im wahren Sinne des Wortes.
Jetzt kam meine Kreation: Ich habe nicht hingeschaut, was die Gegner gewürfelt haben. Das war mein größtes „Erfolgsgeheimnis“, wie ich mir gerne einbilde. Ausgeschlossen, dass sich die Gegner nicht irgendwann mal gefragt haben, warum ich nicht hinschaue. Oder auch die Frage, was wohl passieren würde, wenn sie einfach einen anderen Wurf ausführen würden, als die Würfe anzeigen. Dazu noch kann man mein Verhalten natürlich auch einfach als ausgesprochen „cool“ bezeichnen. Und ich weiß, dass es meine Gegner einfach nur irritiert hat. Der Gedanke: „Will der gar nicht wissen, was ich gewürfelt habe?“ muss einfach einen Einfluss haben. „Nimmt er mich nicht ernst?“ Aber es genügt auch schon: „Alle gucken doch hin, was ich würfele. Warum er nicht?“ Die Konzentration ist auf etwas anderes als die optimale Ausführung des Zuges gerichtet. Und ich kann bis heute nichts „unfaires“ daran feststellen. Es gelang mir, dem Gegner vorzumachen, dass mich sein Wurf nicht interessiert.
Ich gestehe gerne, dass ich in aller Regel beim Aufnehmen der Würfel doch kurz hingeschaut habe. Mein Vertrauen war zwar groß, aber dafür vielleicht nicht groß genug. Gerade in wichtigen Partien. Ich habe ja sehen können, was der Mann gesetzt hat. Die Stellungsveränderung habe ich ohne Ansicht der Würfel registriert. Bei Aufnahme konnte ich dann prüfen: Er hat 5-3 gezogen. Hat er auch 5-3 geworfen? Natürlich erübrigt sich das Problem des Nachschauens, wenn der Gegner einen für ihn sehr nachteiligen Zug ausgeführt hat. Warum dann noch prüfen? Den wird er bestimmt auch gewürfelt haben.
Es gab übrigens sogar noch eine weitere Konsequenz oder auch ein bestimmtes Verhalten, was ich perfektioniert habe. Wenn der Gegner mal einen seiner Würfe falsch ausgeführt hatte, was einfach teilweise unbeabsichtigt geschieht, habe ich nach der fehlerhaften Ausführung nur eine Weile lang auf das Brett geschaut und gar nichts getan. Weil nämlich eine Regel besagt, dass, wenn der Gegner einen fehlerhaften Zug ausführt, man diesen beanstanden darf aber nicht beanstanden muss. Man hat also die Wahl, ob man die Stellung so belässt oder ob man die korrekte Ausführung des Zuges einfordert. Aber auch diese Konsequenz hat zur Verunsicherung der Gegner geführt. Die erste Reaktion ist immer Irritation. Aber viele haben dann so reagiert, dass sie ihren Fehler bemerkt haben und dann schnell noch den falschen Zug korrigieren wollten, kurz nach dem Aufnehmen der Würfel. Dieses Verhalten musste ich dann zusätzlich noch beanstanden, weil nicht „Regel konform“ (ich hatte die Wahl, ob der Zug galt oder nicht), was zu weiterer Verunsicherung geführt hat.
Insgesamt behaupte ich, zumindest auf meine Turniererfolge im Backgammon bezogen, dass ich da die Mittel der Psychologie, die ich ein Leben lang im Schach (erfolglos) ignoriert habe, wie selbstverständlich eingesetzt habe. Im Geldspiel war ich aus den gleichen Gründen erfolglos wie im Schach: da habe ich mir immer nur selber Beine gestellt.
Allerdings räume ich ein, dass es bei Ihrer Erfahrung auch ein einfacheres Urteil über meine „Erfolge“ gibt: „Der Typ hat einfach Suppe gehabt und plustert sich hier so auf.“ Dem ist Nichts hinzuzufügen, außer „hinzuzufügen“ und „Nichts“.