1) Ich hatte schon (früh) diese Affinität zu Zahlen und diese gewisse Begabung, die man ruhig erwähnen kann, die aber auch so (per Zitat oder auch so im Text) hindurch scheint. So wurden mir häufig Rechenaufgaben gestellt, die absolut nicht altersgerecht waren (wie die 7 mal 17, im Vorschulalter), die ich aber dennoch im Prinzip lösen konnte (selbst wenn eben, wie beschrieben, mal ein Fehler passierte). Für dieses Talent gibt es eine Vielzahl von „Belegen“. Beispielsweise haben wir kurz nach dem ersten Schultag in „Rechnen“ (so hieß das Schulfach) einen Wettbewerb gemacht, den ich haushoch gewann (ich war bei ALLEN Aufgaben als Erster fertig; die Aufgaben hatten aber niemals das Niveau der 7 mal 17). Mir erschien das so spielend leicht und ich konnte die Glückwünsche oder die Bewunderung der Klassenkameraden gar nicht verstehen, weil es doch wirklich so einfach war?!
Dies war aber gar nicht die Geschichte, sondern nur Teil der Vorgeschichte. Man wächst damit auf, man wird gefragt, man bekommt sein Image, wie auch immer, man pflegt das auch, fast unvermeidlich. Nur kommt irgendwann mal im Leben diese Begegnung: es gab einen Schachspieler auf meinem Niveau, der mehr und mehr zum guten Freund wurde. Man merkte sofort, dass er besonders war, aber wir uns eben auch von der ersten Begegnung an sympathisch. Irgendwann stellt man fest, warum dies der Fall sein könnte?! Genau: man hat ähnliche Veranlagungen — und spürt dies, ohne unmittelbar darauf zu kommen, was es wäre. Irgendwann stellte ich fest, dass dieser Mann im Kopfrechnen überragend war. Man kam auf diese Frage, auf jenes Problem, man rechnete rasch, er war schneller, ich war schneller, nicht bedeutsam. Nur frage ich ihn einmal, als er mir aus kuriosem Grund eine beliebige, hohe Zahl nannte, ob er diese nicht bitte in ihre Primfaktoren zerlegen könne? Und prompt geschah es: er rechnete, für mich hörbar, i Windeseile die Primfaktoren aus und nannte sie mir hintereinander. Dies war so unfassbar stark, dass ich später nach Hause kam und nachts, anstatt zu schlafen, immerhin versuchte, diesen Rechenweg nachzuvollziehen. Und es gelang mir! Ich war ausgesprochen stolz darauf. Nur: bei mir dauerte es eine ganze Stunde, er schaffte das in ein oder zwei Minuten.
Daraufhin war er natürlich mein „Idol“. Wir unterhielten uns über Ausprägungen dieser Begabung, weil er meine natürlich auch anerkannte. Er meinte, er hätte früher immer vierstellige Zahlen im Kopf quadriert. Die Wette war die: man muss in weniger als zwei Minuten durch sein — und es muss natürlich stimmen. Nun begann ich, dies auch zu üben. Und tatsächlich gelang es mir, diese Aufgaben innerhalb von zwei Minuten zu lösen (eine Übungsmethode bestand darin, es auf der Autobahn zum Beispiel bei einem beliebigen Kennzeichen zu tun; ich rechnete die Zahl aus, hatte einen Stift und Zettel in der Tasche, notierte das Ergebnis, mit Händen am Steuer, aber eben in ruhigeren Sekunden, und überprüfte das Ergebnis beim nächsten Halt; es konnte auch mehr als eine Aufgabe sein bis dahin). Nur machten wir gegeneinander dann EIN EINZIGES MAL einen Wettkampf. Und er war in kaum einer Minute fertig, ich hingegen brauchte die vollen zwei. Sprich: es gibt überall diese Grenzen. Es hat mich kein bisschen deprimiert, eher begeistert, dass es nachweislich jemanden gab, der in dem besser war als ich und ich war stolz, diesen Mann zu kennen und könnte jederzeit und gerne diese Geschichte erzählen. Verstehen Sie in etwa? Ich denke schon, nur wäre die Frage, wie man das in den Text einbauen könnte?
2) Da ich nun diese Geschichte erzählt habe, müsste ich die nächste gleich anfügen, die fast den gleichen Charakter hätte, aber wir kämen somit bereits auf fünf insgesamt.
Ich hatte also einen weiteren Bekannten (von ihm habe ich übrigens völlig überraschend genau letzte Nacht geträumt). Wir haben leider keinen Kontakt mehr, da er meine Bezugsperson bezüglich des Subbuteo war und er dieses Spiel weiterhin nicht nur betreibt sondern auch regelrecht „promoted“, was wir damals zusammen taten, er aber vielleicht enttäuscht war, dass ich das Spiel nicht mehr weiter betrieben habe (wir haben viele Turniere zusammen gespielt und uns sehr viel über Verbesserung der Regeln Gedanken gemacht und ausgetauscht; die Welt verstand nicht recht, aber unser waren besser, nur nicht durchzusetzen; ähnlich wie meine Mission beim „richtigen Fußball“). Bei mir waren es aber sowohl familiäre Gründe als auch meine Rückenprobleme, die beim Spielen an der Platte ziemlich häufig auftraten.
Jedenfalls war klar, dass dieser Junge ebenfalls über eine (mindestens) Sonderbegabung verfügte. Wir waren uns ziemlich einig und eben ziemlich beste Freunde. Irgendwann mal machten wir gemeinsam einen Intelligenztest, online, am Computer. Er nutzte seine Intelligenz im Grunde nur dazu aus, überragend witzig zu sein. Er konnte das alles einfach nicht so ernst nehmen, wollte sich auch mit Niemandem anlegen oder streiten, also wurde er stattdessen witzig, worin sein Talent zwar deutlich wurde — vielleicht aber von anderen gar im Gelächter unbemerkt blieb und vor allem es nie arrogant wirkte. Er verstand (besser), der Witz machte es deutlich — keiner konnte ihm böse sein.
Bei diesem Intelligenztest nun war seine Attitüde ähnlich: ist lustig, aber nicht wichtig. Man könnte schon, viel mehr als das, aber wozu? Lachen ist gesund.
Nur kam plötzlich diese eine Aufgabe. Ich rechnete kurz, überlegte, dachte nach, es war schon schwierig, aber ich meinte, ich hätte es. Meine Lösung war natürlich falsch, wie ich sofort daran merkte, wie er rechnete. Nun korrigierte ich nicht meine Überlegung, sondern lauschte ihm fasziniert. Endlich war er mal ein bisschen herausgefordert. Endlich reizte ihn mal ein derartiges Problem. Endlich konnte man mal bezeugen, was er WIRKLICH drauf hatte. Und er konnte oder wollte dies auch gar nicht verbergen. Jetzt wurde gerechnet, hier war ein ernstes Problem, für das es sich lohnte. Ich lauschte also und wartete. Irgendwann meinte er dann: „Wart mal kurz, ich habs gleich…“ und dann spuckte er die — natürlich richtige — Lösung aus. Der gleiche Tenor: es gibt Grenzen, mich begeistert das, ich bin stolz, diesen Jungen im Bekanntenkreis zu haben.
3) eine dritte Geschichte, von denen ich nun schon auf sechs käme, versuche ich mal, etwas kürzer zu fassen: wir machten einmal einen Intelligenztest gegen Garry Kasparow, eine Reihe Berliner Spitzenspieler im Schach. Einen Artikel darüber gab es im Spiegel. Garry gewann natürlich. Es war ein Intelligenz-Schach-Ausdauertest. Also Schach zwischendurch, dann wieder Intelligenz, wieder Schach, einen Tag lang. Aber in dem einen Test kamen irgendwann praktisch reine Rechenaufgaben vor (ein bisschen verklausuliert vielleicht, aber für mich eben doch „einfach“). Wir bekamen ZWEI Minuten Zeit für diese Aufgaben. Ich war NACH EINER Minute fertig. Ich wendete das Blatt – nichts, keine weiteren Aufgaben. Ich schaute mich um — alle rechneten fieberhaft. Ich hatte nichts zu tun. Prüfen war lächerlich. Die Erfinder des Tests hatten sich gedacht: ALLE schafft eh keiner, mal sehen, wer wie weit kommt und wer wie viel richtig macht. Für mich hätten es aber doppelt so viele Aufgaben sein müssen, um die Sonderbegabung zu entdecken.
Das war übrigens in der Grundschule auch schon einmal geschehen. Da waren Referendare in unserer Klasse und gaben uns je einen Aufgabenbogen, den wir lösen sollten. Ich war nach wenigen Minuten fertig. Als ich untätig am Platz saß, kam einer der Studenten zu mir und fragte mich, ob ich nicht weiter käme und ob er mir helfen solle? Ich zeigte ihm mein Blatt und meinte: „Nein, ich bin fertig.“
Es war übrigens auch bei jeder Klassenarbeit in Mathe so, dass ich spätestens nach der Hälfte der Zeit abgegeben habe.
Insofern also: ich konnte schon was, aber es gab eben auch Grenzen, die man an ganz anderen Stellen findet.
4) Ich löste den Zauberwürfel, nur für mich allein, Ende der 70er Jahre. Ich hatte ihn bekommen, ich schraubte einen Tag lang daran herum, ich entdeckte immer mehr, ich brachte ihn am Abend des ersten Tages das erste Mal zusammen, konnte dies aber nicht wiederholen, hatte aber am nächsten Morgen dann, als ich ihn wieder in die Hand nahm, die endgültige Lösung, die ich jederzeit wiederholen konnte. Ich weiß gar nicht, wie viele Menschen auf der Welt ihn wirklich auf diese Art gelöst haben, aber als Beispiel war mein Onkel absoluter Rätsel- und Puzzlefreak (all kinds of puzzles I mean), aber er besuchte mich, schon bevor ich ihn selbst löste, mit einem Artikel aus dem Spiegel, in welchem eine Lösung abgedruckt war (mit Bildern und Drehvorschriften). Ich konnte gar nicht glauben, dass er das nur nachvollziehen und nicht selbst lösen wollte (ein Beispiel, was er einem so auftrug: als ich ein für mein Alter gar nicht mal so leichtes Puzzle fertig hatte, forderte er mich auf, das nun RÜCKWÄRTS zu lösen; also ohne jeglichen Anhaltspunkt, was die Farben oder das Gesamtbild anging; ich machte es; er stellte, auch an sich selbst, immer die allerhöchsten Anforderungen mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad – und war praktisch immer erfolgreich). Ich schaute gar nicht hin, auf den Artikel, und wollte mich auch partout nicht von ihm umstimmen lassen, sondern setzte mich selbst daran, mit genannten Ergebnis.
Als mir später andere Arten von Freaks mal zeigen wollten, was es für schnellere Lösungen gäbe, interessierte mich das überhaupt nicht. Ich hatte meine Lösung — und die war gut und funktionierte immer, verlässlich, mit einer gewissen Anzahl an Drehungen (man könnte sagen: Maximalanzahl, weil es schneller natürlich immer möglich war, je nach aktueller Konstellation). Allerdings machte ich ihn allmorgendlich auf dem Weg zur Schule, auf dem Fahrrad. Dazu steckte er in der Tasche, ich konnte ihn, falls die Verkehrslage es hergäbe, aus der Tasche nehmen und rasch ein paar erforderliche Drehungen ausführen, weil ich dazu nicht auf den Würfel schauen musste (nur immer ein einziges Mal kurz, zwischendurch). Das Ziel war: ihn bis zur Schule fertig zu haben – und ich schaffte es (hier war es ein gewisser Nachteil, dass der Schulweg recht kurz war).
5) Kurioserweise konnte ich bereits vor der Schule rückwärts sprechen. Warum ich das so genau weiß, hat diese Ursache: ich sang bei einem Kindergeburtstag immer „ächte, ächte tchalegsua“ (wie auch immer dies zu schreiben wäre). Meine Eltern fragten mich, was ich da so vor mich hin trällerte? Ich sagte, wahrheitsgemäß, dass es „Ätsche, Ätsche ausgelacht“, eben rückwärts gesprochen, wäre. Ich kannte aber die Buchstaben noch gar nicht.
Alle erkannten also, dass ich das bei allen Wörtern und sofort immer „wusste“, nur konnte man es so schnell ja nicht selbst nachprüfen. Egal, wie lang oder kompliziert die Wörter auch waren: ich antwortet spontan, sogar bei Sätzen (die ich allerdings immer nur Wort für Wort umdrehte; also nicht etwa, dass ich den Satz von hinten aufsagte). Um darüber einen „Beweis“ zu erhalten, dass ich es immer richtig machte, kam ein Nachbar, der zugleich Hobbybastler war. Dieser brachte sein Tonbandgerät mit. Mir wurden in schneller Abfolge Wörter aufgesagt, die vorsätzlich schwierig waren. Das Band zeichnete auf. Im Anschluss legte er das Band verkehrt herum ein und wir könnten alle Wörter überprüfen. Obwohl die Betonung falsch war und auch die Wörter „anhallten“ aber nicht ausklangen, hatte ich keinen einzigen Fehler gemacht. In Erinnerung geblieben ist mir nur dieses eine Wort, welches mir vorgesetzt wurde, in der Absicht, das Kind von fünf oder sechs Jahren „reinzulegen“ (was natürlich nicht wirklich die Absicht war). Es war die Straße an der nächsten Kreuzung. Die Grunewaldstraße. Ich sagte diese, ohne die geringste Verzögerung (ich musste eben nicht nachdenken, ich konnte es einfach so), alles richtig.
Aufgegeben habe ich dieses Spiel aus verschiedenen Gründen — und verlernte es tatsächlich später völlig. Einmal trat eine Frau im Fernsehen auf, die ein komplettes Lied rückwärts sang. Dieses wurde genauso aufgezeichnet wie bei mir zum Test. Ein Tonbandgerät, sie sang alles (was total schief und blöd klang) vor, das Band wurde von hinten abgespielt — und alles passte perfekt. Ich meinte natürlich — und alle waren sich einig —, dass es im Prinzip kein Problem wäre, so etwas einzustudieren und dass es unter den Umständen jeder könnte, nur frustrierte mich das trotzdem, dass jemand mit einer viel höheren Anforderung im Fernsehen auftreten durfte.
Ein anderer Grund war der: ich stellte allmählich fest, dass man beispielsweise ein „Z“ (auch und speziell im Wort) nicht wie „Z“ sprechen musste oder durfte, sondern eher wie „ts“, also, rückwärts, als „st“. Davon gab es noch ein paar Beispiele (natürlich sprach ich „sch“ immer nur „sch“ aus und nicht etwa so, wie man es hätte lesen müssen, da ich es ja, wie beim Beispiel „tchalegsua“, auch noch gar nicht schreiben konnte). So schwankte ich immer, wie man es nun wirklich „richtig“ machen müsse (zumal die Sätze natürlich ohnehin bedeuteten, dass man den Satz mit dem letzten Wort hätte beginnen müssen, was ich aber nicht tat). Und gab es schließlich gänzlich auf. Es gab kein „richtig“. Niemand brauchte mich mehr je zu fragen.
6) Da Sie auf die wissenschaftliche Anerkennung anspielten, die mir nicht zuteil wurde: ich habe Anfang des Jahrtausends mal eine Formel an die Uni in Leipzig geschickt, an einen gewissen Herrn Poppe (auf dem Weg zum Doktor). Das war die Stelle, an welche man seine Entdeckungen schicken sollte, wir mir irgendwann mal zugetragen wurde (ich selbst habe mich einfach nicht bemüht; auch ein wenig aus dem Frust oder der Überzeugung heraus, dass es eh, egal, wie gut, keiner anerkennen würde). Ich sprach danach sogar mit Herrn Poppe (einige Male) persönlich. Offensichtlich fand er es nicht gar so uninteressant?! Wie auch immer entsinne ich mich, wie er schon früh mal meinte: „Herr Paulsen, Herr Paulsen, hören Sie, es GIBT nichts Neues. Es ist alles schon dagewesen, Sie haben keine Neuentdeckung gemacht.“ Ohne, dass er es schon so recht wusste. Nun hatte ich ihm eine recht simple Formel geschickt, eigentlich aus vier Gründen: a) ich hatte sie selbst entdeckt, b) es war nicht vorstellbar, dass auf so etwas noch Niemand gekommen sein sollte, wenn Sie wollen ein c) bitte schaue mal jemand für mich nach, wer es wann war, das d) wäre dann: möge bitte der geneigte Mathematiker, der sich meine Entdeckung anschaut, beurteilen können, anhand dessen, dass ich vielleicht außer dieser Formel noch weitere hätte und dass ich wissenschaftlich arbeite und denken könne?
So forschte Herr Poppe einige Tage. Er wurde „natürlich“ fündig. Der gute Herr Zermelo hatte das bereits im Jahre 1929 entdeckt und veröffentlicht. Ich hätte noch immer gesagt, dass Herrn Zermelo eine praktische Anwendung gefehlt hätte, welche ich nicht nur gefunden sondern im Grunde etabliert und nachweislich nutzbar gemacht habe, aber bitte schön: er behielt so weit recht.
Nun versicherte ich ihm, dass ich ihm dies nur gezeigt hätte aus den vor genannten Gründen und dass es nicht die Formel wäre, welche ich ihm eigentlich zeigen wollte. Dementsprechend ließ ich ihm eine andere, wesentlich tiefere und bessere Formel, mit erheblichem praktischen Nutzen und welche für die Mathematik (und speziell die Statistik beziehungsweise Wahrscheinlichkeitsrechnung, welche aber, nach meiner Auffassung unser Leben bestimmt, insofern ist es fast schon eine philosophische Antwort auf viele Fragen, welche die Menschheit beschäftigen) einen ernsthaften Fortschritt (natürlich habe ich sie jederzeit parat und könnte ihren Nutzen und ihre Verlässlichkeit jederzeit anfügen; zumal sie selbst dann noch ziemlich simpel bleibt, trotz der Tiefe) darstellte.
Nun begab er sich einige Tage in Klausur. Vermutlich, auf der Suche nach dem Vorgänger. Als er diesen nicht fand, wechselte er die Strategie: er suchte den oder wenigstens EINEN Fehler in dem Konzept. Tatsächlich wurde er nach seiner Auffassung fündig. Er schickte mir also den „Fehler“ zu, welcher sich jedoch nur auf einen von mir wohl bedachten Nebenaspekt bezog, der mir jedoch bekannt war und welcher a) spielend zu beheben war aber b) grundsätzlich nichts mit der Stichhaltigkeit der Formel selbst (und deren Wert) zu tun hatte. Insofern meldete ich mich bei ihm zurück und meinte, dass ich ihm diesen (lächerlichen und unbedeutenden) „Fehler“ spielend leicht beheben könne. Ich tat dies am nächsten Tag und schickte ihm diesen Teil zu. Nun blieben keine Zweifel mehr: ich hatte etwas vorzuweisen, was gut und richtig und zuvor nicht entdeckt war. Mit folgender Konsequenz: es war der letzte Austausch, welcher je mit Herrn Poppe stattfand.
Ich möchte ihm nicht zu nahe treten und er hatte mehrfach gesagt, dass er inmitten seiner Doktorarbeit stecke und dass er dies nur nebenbei machen könne, insofern also eine Vielzahl alternativer Gründe möglich für die Schweigsamkeit. Allerdings auch möglich, dass er das von einem Nicht-Wissenschaftler nicht hinnehmen konnte, seine ursprüngliche Aussage felsenfest und unumstößlich im Raume stand („es gibt nichts Neues und Sie haben auch nichts, es sei denn, es ist falsch…“) oder, als letzte Möglichkeit, dass er für meine Freundlichkeit, ihm eine neue Methode vorgestellt zu haben, welche die Mathematik voranbringen könnte, dankte — und wir sie demnächst von IHM präsentiert bekommen. Natürlich all dies mit reichlich Phantasie und viel Augenzwinkern gesagt.
Dennoch bleibt von dieser Geschichte: ich bekomme keine Anerkennung, obwohl ich durchaus eine gewisse verdient hätte. Für mich bleibt es dabei, dass diese Formeln zu finden sehr einfach war, insofern also so oder so „nichts Großes“ von mir geschaffen wurde.
7) Ein kleines Beispiel noch aus der Schulzeit: in der neunten Klasse bekamen wir in der Mathearbeit auf, eine Strecke der Länge Wurzel aus 13 zu zeichnen. Wie sich die Lehrerin das vorstellte, war klar: 4 + 9 = 13, 2 ^2 = 4 und 3 ^2 = 9. Also: man zeichnet ein rechtwinkliges Dreieck mit, in welchem die eine Kathete die Länge 2 hätte, die andere die Länge 3 (man beginnt mit einer der beiden, legt einen rechten Winkel an, zeichnet die andere an diesem Winkel, die Hypotenuse hätte die Länge Wurzel 13 (Summe der Kathetenquadrate ist gleich dem Hypotenusenquadrat; 4 + 9 = 13; Hypotenuse hätte die Länge Wurzel 13). Alles klar, so weit einfach. Nur: hätte einer der Klassenkameraden oder die Lehrerin auch eine Lösung gefunden, wenn man nach Wurzel 11 oder Wurzel 17 gefragt hätte? Abgesehen von der Möglichkeit, nach irgendeiner beliebigen anderen Zahl zu fragen, die keineswegs ungerade zu sein hätte?
Klein Pauli hatte eine allgemeine Lösung. Diese lautet so: man dividiert die Zahl, von welcher die Wurzel gesucht würde, durch 2. Zu diesem Ergebnis addiert man einmal 0.5 hinzu und subtrahiert 0.5 davon. Diese beiden Zahlen trägt man so ein in das rechtwinkelige Dreieck: die größere ist die Hypotenuse, die kleinere eine der beiden Katheten. Die andere Kathete hätte die Länge der gefragten Wurzel.
Auf das einfache Beispiel Wurzel 13 von mir angewandt, welches ich auch in der Arbeit so darstellte und erklärte:
13 geteilt durch 2 = 6.5
6.5 + 0.5 = 7
6.5 – 0.5 = 6
Das kleine Wunder der Mathematik zeigt sich jetzt :
7^2 = 49
6^2 = 36
49 – 36 = 13
Das bedeute also: man zeichnet die Hypotenuse mit der Länge 7, eine der Katheten mit der Länge 6. Die andere Kathete hat die Länge Wurzel 13. Der Unterschied zur geforderten Lösung: meine ist IMMER und für jede Zahl x gültig, von welcher man die Wurzel zeichnen möchte.
Die Besonderheiten an der Geschichte: die Lehrerin gab mir 0 Punkte, in der Arbeit bekam ich eine 3. Ich beschwerte mich NICHT, sondern lachte sie weiterhin, wie auch vorher schon, aus (meine Nachbarn meinten: immer, wenn ich in den Unterricht eingriffe, bekam sie rote Flecken am Hals, Nervosität anzeigend; denn: sie wusste, sie hatte einen Fehler gemacht in dem Moment). Ich ging auch nicht zum Rektor, zwecks Anfechtung des Ergebnisses.
Eine kleine, weitere Besonderheit natürlich die: ich war da ganz allein drauf gekommen. So habe ich eben immer ein wenig mit Zahlen gespielt und solche Dinge „entdeckt“, wohlwissend, dass ich dieses Wissen nicht exklusiv hätte.
Noch eine Kleinigkeit dazu: als ich meinem Vater diese „Entdeckung“ zeigte, erklärte er mir in aller Ruhe und Freundschaft, dass dies nicht gar eine so dolle Entdeckung wäre (er machte mich nicht etwa klein oder so, er wusste schon, was er von mir zu halten hatte, lobte nicht zu viel, tadelte aber auch nicht; er erklärte einfach nur ganz ruhig). Er erläuterte es mir grafisch: wenn man ein Quadrat mit 5*5 zeichnet, dann kann man dieses sehr schlicht auf ein 6*6 Quadrat erweitern. Dazu fügt man unten, beispielsweise eine Reihe tiefer, fünf kleine Quadrate hinzu, so dass es quasi 5*6 ist. Dann fügt man an der rechten Seite (zum Beispiel; links ginge auch) ebenfalls diese fünf Quadrate hinzu. Das eine, kleine, fehlende Quadrat muss man nun nur noch ergänzen.
So ganz einfach graphisch zu erkennen. Insofern war meine Erkenntnis „entzaubert“, was mich aber auch nicht überraschte und was mich keineswegs davon abhielt, es weiter zu probieren und weiter zu forschen.
Ich hätte noch etliche weitere Beispiele, nur kurz genannt:
8) das perfekte Tippspiel. Dies habe ich in Videos erklärt (findet man wohl unter diesem Namen)
9) die Formel beim Tennis, welche auch auf das Schachspiel zu übertragen wäre (diese ist besser als die Elo-Formel).
10) Dass eine Quote eine Wahrscheinlichkeit abbildet, im Kehrwert ist eine Art „offenes Geheimnis“. Wie man aber aus der so ermittelten „fairen Quote“ eine „Bezahlquote“ macht, ist für viele weiterhin ein Rätsel. Hierfür habe ich eine Formel entwickelt. Diese hat eine Menge erstaunlicher Eigenschaften, die Buchmacher weder kennen noch verstehen — aber im Grunde alle danach arbeiten. Nur, um Sie (oder jeden Befragten) einmal zu testen: was wäre Ihre Bezahlquote, wenn die Wahrscheinlichkeit, von Ihnen so berechnet, für ein Ereignis 1% beträgt?
11) ich hatte einmal die Aufgabe bekommen, mir Pi auf die ersten 30 Stellen einzuprägen, innerhalb von zwei Minuten. Dies gelang mir. Ich konnte sie fehlerfrei aufsagen.
12) ein Spiel, welches ich bis heute gerne betreibe, ist jenes: „Sag mir dein Geburtsdatum, mit dem Geburtsjahr. Gib mir zwei Minuten, ich sage dir den Wochentag.“ (Warum immer zwei Minuten? Keine Ahnung, aber so war es).