Die Bundesliga Saison neigt sich dem Ende zu – quasi ist sie ja vorbei –, schon steht das nächste Großereignis ins Haus. Über alle Jahre und derartige Ereignisse war der Computer auch dabei ein treuer Weggefährte und hat sich auf diese oder jene Art mit eingemischt in diese Wettbewerbe, in aller Regel natürlich mit von ihm ermittelten Wahrscheinlichkeiten sowie den daraus resultierenden Wetten, die er am Wettmarkt zu empfehlen gedachte.
Nun muss man jedenfalls im Zusammenhang mit derartigen Großereignissen ein paar besondere Beobachtungen anstellen und am besten den aufmerksamen Leser vorab darüber in Kenntnis setzen.
Der Computer ist grundsätzlich optimal ausgelegt für den reinen Ligabetrieb. Jeder spielt gegen Jeden, einmal heim, einmal auswärts, es sind eine gehörige Anzahl von Mannschaften in der Verlosung, so dass es Woche für Woche Spiele gibt, die diesen oder jenen Verlauf nehmen sowie diesen oder jenen Ausgang. Obwohl man weit davon entfernt ist – und es auch absolut nicht ratsam erscheint, sich darauf zu berufen –, den Irrglauben zu verbreiten, dass sich „am Ende Glück und Pech ausgleichen werden“, wofür es nämlich keinen Anhaltspunkt gibt, so ist doch durch die permanente Eingabe der Ergebnisse mit gleichzeitiger eingehender Beobachtung der Teams und der Spiele und daraus resultierender möglicher Anpassungen, falls sich das Schicksal permanent gegen eine bestimmte Mannschaft wendet, gewährleistet, dass es keine besonderen Ausreißer bei den Zahlen gibt.
Bei einer EM (oder WM) ticken die Uhren ein klein wenig anders. Das eine Problem ist jedenfalls der Heimvorteil. Da es nicht erforderlich ist, sehr allgemein zu argumentieren, soll es hier gleich konkret werden: zuletzt gab es mehrere von zwei Verbänden ausgetragene Veranstaltungen dieser Art. Dies mag für die Verbände ihre Vorteile haben, sowie der Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass es für einen (kleineren) Verband nicht allein zu stemmen ist, zugleich hat es den Heimvorteil ein wenig in Frage gestellt. In Österreich und der Schweiz 2008 war es so, dass BEIDE Gastgeber in der Vorrunde ausgeschieden sind – ein bis dahin noch nie eingetretener Fall, sowohl EM´s als auch WM´s betreffend.
In Japan und Südkorea konnte immerhin Südkorea für längere Zeit die Gastgeber vertreten, in Holland und Belgien gelang es nur Holland. Zuletzt in Südafrika – als alleiniger Ausrichter – gelang es dem Gastgeber erstmals in der Geschichte der WM nicht, sich für die nächste Runde zu qualifizieren.
In der Summe bedeutet dies lediglich, dass man sich derzeit, auch als Programmautor, nicht sicher sein kann, wie groß der Heimvorteil tatsächlich ist. Man hat eine vernünftige Einschätzung aller Mannschaften, wobei auch hier die zwei kleinen Probleme erwähnt werden dürfen: a) die Mannschaften spielen NICHT im Wochenrhythmus und oftmals mit unterschiedlichen Gesichtern und sehr unterschiedlichen Motivationen, und b) die Ausrichter machen über den gesamten Zeitraum von zwei Jahren nichts als Freundschaftsspiele. Beides erschwert die Verlässlichkeit von Einschätzungen.
Also: ausgehend von den aktuellen Einschätzungen der Mannschaften würde es bereits Ergebnisse geben, was die Chancenverteilungen in den Paarungen und damit auch für die Gruppen, die Viertelfinals, Halbfinals und des gesamten Wettbewerbes angeht. Dennoch schien es über die vielen Jahre stets ratsam, je näher die EM rückt, ein paar Anpassungen vorzunehmen. Es ist sozusagen wie eine neue Bundesliga Saison, die beginnt, für welche man ja ebenfalls, sobald alle personellen Veränderungen bekannt und berücksichtigt sind, ein paar Anpassungen nicht nur vornehmen KANN sondern dies sogar tun MUSS.
Natürlich wird die Form der Teams in den Vorbereitungsspielen noch etwas Berücksichtigung finden – vermutlich in der Regel über die vom Computer automatisch vorgenommenen updates – aber zugleich erlaubt man sich, individuell hier und da Hand anzulegen, wobei gerade dieses der kritische – und dem Leser nicht vorenthaltene – Punkt ist. Denn damit entfiele ein Großteil der so gerne hier vertretenen „Objektivität“ des Computers.
Über die letzten beiden EM´s – damit es ein paar Zahlen zum studieren gibt – gab es folgende Ergebnisse, welche im Anschluss kommentiert werden:
EM 2008
Spiele Hsiege Remis Asiege Htore Atore Heimvort
eingetroffen 31 11 6 14 38 35 1.041
erwartet 31 10.84 8.41 11.73 37.2 39.2 0.974
abs Abweichung 0 0.16 -2.41 2.27 0.84 -4.15 0.07
rel. Abweichung 0 1.45% -40.17% 16.21% 2.21% -11.86% 6.45%
Festlegung erwartet Festlegung eingetroffen
37.28% 39.44%
Tore ø erwartet Tore ø eingetroffen
2.46 2.35
ø Torabweichung ø Torabweichung erwartet
1.83 1.74
Heran ans Interpretieren: Heimsiege und Auswärtssiege spielen in dem Sinne keine Rolle, da ja nur eine Mannschaft vorne steht und eine hinten, was ziemlich beliebig ausfallen kann. Insofern ist eine Abweichung dort zu tolerieren, sie könnte höchstens bedeuten, dass man die Spiele insgesamt nicht so gut eingeschätzt hat. Wenn jedoch ein Fehler hier zu erkennen wäre, dann wäre es jener der Unentschieden. Es gab 2.5 zu wenige, was bedeuten könnte, dass der Computer diese überschätzt, überbewertet.
Bei den Toren ist festzustellen, dass es ganz gut hinhaute, es aber insgesamt etwa 3.5 Tore zu wenig gab. Der Schnitt lag bei 2.35 Toren, hätte aber bei 2.46 sein sollen. Auch dies ein möglicher Fehler des Computers, der vor allem bei Entscheidungsspielen noch immer mit normalen Werten rechnet, während die Mannschaften „kein Risiko“ eingehen und der Schiedsrichter ohnehin bei kritischen Entscheidungen noch lieber gegen die Tore auslegt.
Die Festlegung erwartet lag bei 37.28%, während die eingetroffene Festlegung bei 39.44% lag. Man sieht, dass diese Abweichung größer ist als sie bei der Bundesliga je wurde. Dies könnte ein klares Indiz dafür sein, dass der Computer geneigt ist, den Favoriten zu unterschätzen. Dieser Gedanke macht speziell deshalb Sinn, da es, je näher die Entscheidung rückt, die Favoriten ernster und ernster nehmen und vielleicht doch einen so genannten „6. Gang“ haben, in welchem sie sich, ihn einmal eingelegt, doch besser durchsetzen können, vor allem, wenn der Gegner diesen nicht zur Verfügung hat.
Die durchschnittliche Torabweichung könnte bei dieser Abweichung ebenfalls darauf hindeuten, dass die Einschätzungen nicht gerade überragend waren.
Alles in allem bleibt stets zu beachten, dass die Anzahl von 31 Spielen eine recht geringe ist, um wirklich Aussagen ableiten zu können. Hier stand zwei Mal der Pfosten im Weg, dort hat der Schiri ein Abseits erkannt, welches keines war und hier einen klaren Elfer übersehen, dies sind die Kleinigkeiten, die oftmals Spiel entscheidend sind, und da kann es sich in 31 Spielen schon mal leicht negativ auswirken.
Hier noch die Werte der EM davor:
EM 2004
Spiele Hsiege Remis Asiege Htore Atore Heimvort
eingetroffen 31 10 11 10 38 36 1.027
erwartet 31 11.48 7.93 11.58 38.4 38.4 1.000
abs Abweichung 0 -1.48 3.07 -1.58 -0.40 -2.42 0.03
rel. Abweichung 0 -14.80% 27.91% -15.80% -1.05% -6.72% 2.66%
Festlegung erwartet Festlegung eingetroffen
40.77% 38.48%
ø Torabweichung ø Torabweichung erwartet
1.74 1.74
Tore ø erwartet Tore ø eingetroffen
2.4781 2.3871
Wie man im Vergleich gut sieht: Werte, die bei der 2008er zu klein waren, sind hier zu groß – und umgekehrt. Nur der Toreschnitt hat sich einigermaßen gehalten, und weicht genauso viel von der Erwartung ab. Die Festlegung war hier zu groß erwartet worden, was auf zu viele Außenseitersiege hindeutet (man erinnere sich an Griechenland…). Unentschieden gab es zu viele, während es 2008 zu wenige gab, so dass man insgesamt sagen kann: eigentlich hat der Computer seinen Job ganz gut gemacht. Es sind keine größeren Fehler auf diesem Wege zu erkennen.
Insofern hier angekündigt: demnächst gibt es Zahlen zur EM 2012, welche ebenso mit dem Markt abgeglichen werden und zu virtuellen Wetten verarbeitet werden.