Hertha steht abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz der Fußball Bundesliga. Die Leistungen über die bisherige Saison kann man ganz sicher nicht einfach schön reden. Die Tabellenposition und die Punktausbeute entsprechen den gezeigten Leistungen. Sicher könnte man sich nun auf Ursachenforschung begeben. Dabei bieten sich der Verkauf von drei Leistungsträgern vor der Saison, der Trainerwechsel Favre – Funkel, die Misswirtschaft in der Vergangenheit, die trotz regelmäßiger Europapokalteilnahmen niemals für eine finanzielle Gesundung sorgen konnte, aber auch die nicht klein zu haltenden Ansprüche in der Bundeshauptstadt. Jedoch möchte ich mich heute nicht mit den Ursachen sondern mit den Auswirkungen beschäftigen. Meine Lieblings- und Hauptzielscheibe sind dabei wie gewohnt die Medien, ganz speziell der Kommentar aus der Bild-Zeitung vom 30.11.2009. Dort steht die Hauptüberschrift:
Spart euch eure Durchhalteparolen!
… die glaubt eh keiner mehr
Um dann auf „einen weiteren Peinlich-Rekord“ aufmerksam zu machen, nämlich jenen, dass es nach dem 14. Spieltag bereits „Durchhalteparolen“ zu hören gibt. Dazu noch Hohn und Spott in der Form, dass das Wort „Leistungen“ in Anführungszeichen gesetzt wird. Dem Autor des Berichts ist es gerade noch gelungen, eine eigentlich für Herthas Auftritte angemessene neue Wortkreation auszusparen. Hier zitiere ich nun, was einige der Beteiligten und Verantwortlichen von Hertha gesagt haben, auf Anfrage zur augenblicklichen Situation, die allesamt als „flache Floskeln“ abgekanzelt wurden.
Der Präsident Werner Gegenbauer sagte: „So lange die Hinrunde nicht beendet ist, reden wir nicht vom Abstieg.“ Der Trainer Friedhelm Funkel sagt: „Wer hinfällt, muss auch wieder aufstehen. Und das werden wir.“ Der Spieler Fabian Lustenberger sagt: „Erst, wenn es rechnerisch nicht mehr möglich ist, sind wir abgestiegen. Wir müssen gegen die Kleinen punkten. Noch sind 60 Punkte zu vergeben.“ Noch mal der Trainer: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Der Präsident: „Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit die Mannschaft den Bock umstoßen kann.“ Noch einmal Funkel: „Die Mannschaft hat gut trainiert, sich viel vorgenommen.“ Schlusssatz von Präsident Gegenbauer: „Wir sind noch lange nicht da, wo man aufhören muss zu rechnen. Wir haben noch drei Spiele bis zur Winterpause, für die brauchen wir Ruhe.“
Ich finde alle Aussagen wohl überlegt und stimmig. Es ist eine schwierige Lage, die nahe daran ist, aussichtslos zu sein. Dabei sind die sieben Punkte Rückstand nicht das größte Problem. Das Problem ist eher das Selbstvertrauen, falls es nicht tatsächlich ein (dann irreparables) Befähigungsproblem ist. Und ein Zauberspruch álá Bibi Blocksberg wie „Zicke Zacke Zauberstein, 12 Punkte solln in der Tabelle sein. Hex hex.“, Und der verblüffte Reporter schaut in die Tabelle und… staunt. Wäre zwar hilfreich, entstammt aber dem Märchen der Kinderphantasien.
Wenn man sich dazu seriös äußert, dann nur so, wie es die Befragten getan haben. Ich als Spieler und in Kenntnis der Medien, die einem Verlierer eh keine Daseinsberechtigung zubilligen, hätte den Berichterstatter gleich mal zurück gefragt, welche Antwort er akzeptieren würde und nach welcher er mich nicht in der Luft zerreißen würde? Wäre es vielleicht diese hier: „Wir haben uns aufgegeben. Wir gewinnen kein Spiel mehr.“ Oder jene: „Seit Samstag laufen die Planungen für die Zweitligasaison auf Hochtouren.“ Oder auch die: „Der Mannschaft, dem Trainer und dem Präsidium fehlt es an Qualität für die 1.Liga. Wir treten geschlossen zurück.“ Oder die hier ist auch nicht schlecht: „Wir geben keine Interviews.“ Am besten gefällt mir persönlich dieser hier: „Wir jagen Tasmanias Uralt-Negativ-Rekord. Der soll in Berlin bleiben, aber endlich bei uns landen!“
Auf eine dieser Äußerungen hätte ich gerne mal das Medienecho gehört/gelesen. Ich spekuliere mal kurz. Zu 1: „Hertha hat sich selbst aufgegeben. Haben sie denn nicht einmal mehr Kampfgeist?“ Zu 2: „Das ist eindeutig Wettbewerbsverzerrung. Sie haben keinen Anstand.“ Zu 3: „Kein Kommentar.“ und zu 4: „Aha, sie stellen sich nicht einmal mehr in Interviews.“ Zu 5: „Genau!“