Das vorliegende Buch handelt vom Fußball. Der Fußball ist weltweit die größte Sportart. Allein dadurch wird es schwerlich einleuchten, dass es Gedanken darüber geben sollte, die noch nicht gedacht wurden, noch nicht niedergeschrieben, ausgesprochen, diskutiert und — wieder verworfen wurden. Das Buch ist in vier größere Abschnitte unterteilt, die allesamt ein paar Dinge aufzeigen sollen, die so noch nicht betrachtet wurden. Ein Teil handelt dabei von den Regeln des Fußballs, die, selbst wenn die Ansicht besteht, dass sie ausreichend viel diskutiert und erörtert sind, dennoch genügend viel Spielraum für Verbesserungen bieten.
Vor allem sind, sowie man von Verbesserungsideen spricht, sofort die Skeptiker auf den Plan gerufen, was man denn an etwas verbessern wolle, was ohnehin schon das Größte ist? Man hat allen Anlass, sowohl anzuzweifeln, dass es Neues gibt, als auch, dass das Neue irgendeine positive Wirkung zu erzielen imstande ist.
Die drei Fragen, die zu klären wären lauten: 1) Gibt es Missstände, die man mit einfachen Mitteln beheben kann? 2) Ist es in irgendeiner Form erforderlich, überhaupt etwas zu verändern? 3) Falls man etwas ändert, könnte die Folge nicht auch sein, dass die Faszination nachlässt?
Zu Punkt 1 möge sich jeder Leser selbst fragen, wann und worüber er sich zuletzt gehörig aufgeregt hat, bei welchem Schiedsrichterpfiff, bei welcher Schwalbe, bei welcher falschen Abseitsentscheidung, bei welchem rüden, aber nicht geahndeten Einsteigen, bei welchem nicht gegebenen Elfmeter oder Tor, falls es nicht umgekehrt war? Sowie man ein Spiel anschaut, wird es etliche Szenen geben, die einen – aus diesem oder jenen Grunde – wider die Natur gehen. Es gibt darunter Dinge, zu denen man schon seit langem eine feste Meinung hat, andere, wo man felsenfest überzeugt ist, dass es so und nur so zu gehen hätte, wieder andere, die man gerade erst in diesem Moment entdeckt hat oder die tagesaktuell von den Medien aufgegriffen werden – aus gegebenem Anlass – und stets neue Aspekte hervorbringen, bei denen man sich allmählich positioniert. Heiß diskutiert wird jedenfalls immer. Und sich aufgeregt auch, Hand aufs Herz.
Nun gibt es einige, die mit Sicherheit sofort erwähnen werden, dass das genau den Fußball ausmacht. Man hat etwas zu diskutieren, man empfindet etwas als schändlich, man hat Anlass, sich zu ereifern, zu engagieren, seine Lieblinge zu schützen, die gerade gehörig benachteiligt wurden und im Schiri, der gerade auf den Punkt zeigte sein Feindbild. All dies sind die viel zitierten Emotionen, die einfach dazu gehören, ohne die der Fußball seine Größe gar nicht erreicht hätte.
Hier dürfen erstmals Zweifel angemeldet werden. Zunächst mal ist es so, dass erkennbar alle Verantwortlichen – Medien, Offizielle, Beteiligte, Zuschauer und Fans, wobei Letztere beiden sehr wohl eine Unterscheidung lohnen — auf der Suche nach der Gerechtigkeit, zumindest deren Verbesserung, befindlich sind. Das legt den Gedanken nahe, dass es sehr wohl erstrebenswert scheint, für selbige zu sorgen, nur dass die Mittel bisher nicht ausreichten. Weiterhin ist es auch ohne diese Vorüberlegung leicht einsichtig, dass man auch ohne Ungerechtigkeiten ausreichend viel zu diskutieren hätte. Vielleicht würden sich die Unterhaltungen gar in Richtung positiv entwickeln? Hast du das tolle Spiel gestern gesehen, diesen Torschuss, das Dribbling, den Hackentrick oder die Parade anstatt sich nur über Ungerechtigkeiten die Köpfe einzuschlagen?
Zu Frage 2), die zum Teil schon beantwortet wurde: Ja, es könnte erforderlich sein. Es gibt ein paar Behauptungen, die Anlass geben, sich über den Fußball, seine Weiterentwicklung und Zukunft ernste Gedanken, wenn nicht gar Sorgen zu machen. Nun, da die WM 2010 in Südafrika gerade zu Ende geht, möge man sich bitte fragen, bei welchen Spielen man wirklich noch aus dem Sessel gegangen ist? Wo war die überraschende Wende in einem Spiel, wo war das torreiche Spiel, mit abwechselnden Toren, ständigen Torszenen, bei dem man nie sicher war, wer gewinnen würde, und welches am Ende in einem begeisternde, gerechten, fairen 3:3 endete? Welches war das Spiel, bei dem man einfach nicht wegschauen konnte, weil es so tollen Fußball zu sehen gab? Welches, bei dem ein tragischer Held am Ende weinend vom Platz ging und man einfach – ungeachtet dessen Herkunft — mitweinen musste, weil man so sehr mit ihm mitfühlte?
Sicher, gerade im deutschsprachigen Raum könnte man sagen: Immer, wenn Deutschland spielte, gab es doch wahre Feste. Gerade hier in Deutschland mahnend den Zeigefinder zu heben erscheint widersinnig. Sogar die ganze Welt, die sonst eher nur mit neidischen Augen auf die Erfolge, die oftmals auch bei nicht berauschenden Leistungen eintraten, blickte, hat sich vor der Leistung der Deutschen verneigt. Es gab Highlights. Hätten es dennoch nicht ruhig ein paar mehr sein können? (Mehr) Spektakel, auch in anderen Spielen?
Die nächste Behauptung ist die: Der Fußball ist ein reiner Fansport geworden. Natürlich kann man bei einer WM, wo zu einem einzigen Zeitpunkt auf der ganzen Welt nur ein richtiges Fußballspiel stattfindet, noch damit rechnen, dass viele Fernsehgeräte eingeschaltet sind. Nur, auch hier, Hand aufs Herz: Wer hat richtig hingeschaut, außer, wenn die eigenen Mannschaft spielte? Ja, gut, man hat, vielleicht, hier oder da. Aber es war ja auch WM! Was, wenn der Ligaalltag stattfindet? Wer soll sich da ein einzelnes Spiel ernsthaft über 90 Minuten anschauen ohne emotionale Beteiligung? Ein Spiel als neutraler Zuschauer anzuschauen geschieht nicht mehr, so die Behauptung. Es geschieht zu wenig, der Sport selbst ist zu langweilig. Da, so die weitere Aussage, wird es erforderlich, sich ernsthaft Gedanken zu machen. Wieso sollte denn ein Spiel nicht einfach so spannend und sehenswert sein? Man geht ja sogar in den Zirkus, um tolle Action zu sehen? Die Forderung: Mehr Torszenen, mehr Tore. Sowie das gewährleistet wäre, würde auch der neutrale Zuschauer auf seine Kosten kommen. Vielleicht könnte man so bei den vorhandenen Zuschauern für mehr Begeisterung sorgen, zusätzlich noch viele weitere Neueinsteiger hinzugewinnen, die die folgenden Sätze fühlen ,sagen befolgen: „Heute ist Fußball. Ich schaue hin! Schauste mit?“
Zu Frage 3: Sicher, es ist das Argument der Konservativen, die sich stets darauf berufen können, dass, falls man alles unverändert lässt, man auch das bekommt, was man schon kennt. Eine Veränderung? Wer weiß, wer weiß? Vielleicht laufen dann alle weg? Nun, neutral geführte, aber absolut nicht repräsentative Umfragen haben immer wieder den gleichen Tenor ergeben: „Nee, ich gucke nicht (mehr). Nur, wenn Hertha (… Schalke … Kaiserslautern … Bayern, …Werder) spielt. Oder Zusammenfassung, in der Sportschau.“ Ein ganzes Spiel erleben? Am TV? Das schafft man nicht. Die Behauptung geht sogar noch weiter: Für viele Fans, also die einer Mannschaft, die leidensfähigen, gehen auch nur ins Stadion zu einem Event, zu einer großen Fete, zu einem Zusammentreffen ihresgleichen, wo gefeiert und getrauert, aber auch getrunken und getanzt werden kann. Fußball schauen tun nur wenige ernsthaft. Man ist in Gesellschaft, man ist draußen, man bewegt sich. Das ist der Grund. Fußball? Ja, da können wir uns treffen.
Eine Antwort, was Veränderungen für Ergebnisse erzielen würden, bekommt man nur, wenn man tatsächlich etwas ändert. Der Weg zurück ist meist beschwerlich, wenn nicht unmöglich. Also: lieber beibehalten. Die Argumente der Innovativen hingegen: So lange man nicht ausprobiert hat, darf man gar nicht dagegen reden. Man musst erst mal machen. Keine Widerrede. Zusätzlich sollten die Argumente einfach einleuchtend sein, einer übergeordneten Logik folgend, der man sich nicht verschließen kann. Auch die Wahl der Mittel muss sehr sorgfältig geprüft werden. Große Umwälzungen würden mit wesentlich mehr Recht auf unüberwindbare Widerstände stoßen. Kleine, überzeugende Maßnahmen hingegen könnten sehr wohl rasch probiert werden.
Kämen wir also zur Wahl der Mittel: