Kommentar
Die Hetzjagd gegen Thierry Henry
Eine beispiellose Hetzkampagne, die in den letzten Tagen auf Thierry Henry, den Angreifer der französischen Nationalmannschaft und des FC Barcelona veranstaltet wird, welcher bisher als untadeliger Sportsmann galt und der sich nun den Mantel des unsauberen Profis anziehen soll.
Irland gegen Frankreich, ein Ausscheidungsduell für einen Platz bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika 2010 in Hin- und Rückspiel. Das Hinspiel gewannen die Franzosen in Irland mit 1:0. Im Rückspiel fiel in der Verlängerung das Ausgleichstor nach einer Vorlage von Thierry Henry an William Gallas – 1:1 – Irland raus, Frankreich weiter. Doch sofort danach Proteste der Iren, die absolut berechtigt waren. Die Fehlentscheidung war dank moderner Fernsehtechnik schnell aufgedeckt:
Thierry Henry hatte sich den Ball unmittelbar vor Erzielen des Tors mit der linken Hand vorgelegt, um ihn vor der Auslinie zu kontrollieren, und das sogar zweimal.
Anscheinend Ansicht der empörten Medien und Fußballwelt: Er hätte sofort nach dem Tor zum Schiri gehen müssen und ihm erklären müssen, dass dieses Tor nicht korrekt war. So wie jeder andere Spieler jede eigene Fehlleistung sofort beim Schiri anzeigt. Keine Schwalben, keine Behinderungen, keine übersehenen Elfmeter. Täuschungsversuche gibt es einfach nicht. Dabei sieht es doch so aus: Es wird jeden Tag überall auf der Welt in jedem Stadion und in jedem Spiel der Versuch unternommen, den Schiri zu täuschen, Vorteile für sich selber herauszuschinden und den Gegner mit allen Mitteln zu besiegen. Durch das vorgeblich lückenlose Regelwerk wird sichergestellt, dass es für jede Aktion die angemessene und korrekte Strafe gibt. Von Fair-Play steht nichts drin.
Grundsätzlich einmal eingeworfen: Darf man Betrugsversuche machen? Wenn man einen gemacht hat, muss man ihn dann anzeigen? Ist es sinnvoll, Spieler zu befragen, ob und was sie getan haben? Dass Spieler mit dem Schiri diskutieren, welche die richtige Spielentscheidung ist? Wer richtig gesehen und gefühlt hat? Sollten die Zuschauer votieren? Bräuchte man dann einen Schiedsrichter überhaupt noch?
Die Aktion von Henry wird aus folgendem Grunde hochgehängt: Es war eine spielentscheidende Aktion. Es war eine Aktion, die zu einem Tor führte. Aktionen, die fälschlicherweise zu einem Nicht-Tor führen, werden nie besonders beachtet, egal wie offensichtlich sie sind.
Allein am vergangenen Wochenende gab es in der Bundesliga vier Spielsituationen, die zu einem nicht gegebenen Tor führten, bei denen allesamt die versammelten Experten nicht ausmachen konnten, warum diese Tore nicht gegeben wurden. Das heißt, dass es korrekte Tore waren. Nicht anerkannt, einfach aberkannt, ohne Begründung – eine Katastrophe. Kein Hahn kräht mehr danach. Als Markus Merk vor einigen Jahren ein Tor der Bremer gegen Dortmund anerkannte, welches später als irregulär aufgedeckt wurde, sprach er von dem schlimmsten Fehler der letzten 10 Jahre. Dabei hatte er 87 fehlerhafte Abseitsentscheidungen und 25 nichtgegebene Elfmeter im selben Zeitraum zu vertreten. Statistisch betrachtet hätten daraus etwa 55 im Einzelspiel möglicherweise spielentscheidende Tore fallen können. aber alle diese Fehler sind vergessen. Es zählt nur der eine. Er hätte sich wohl beinahe selbst die Pfeifenlizenz entzogen, so schlimm war das.
Es bleiben jede Menge offener Fragen, interessanterweise gibt es aber auch Antworten…