- Die Bedeutung des Spielens:
Mit dem Voranschreiten der Entwicklung der Menschheit, auch gemeinhin Fortschritt genannt, haben wir es geschafft, uns das wertvollste Luxusgut mehr und mehr verfügbar zu machen. Dieses Luxusgut ist die Zeit. Nachdem also die Pflichten erfüllt sind, hat man Freizeit. Und wie verbringt man seine Freizeit am liebsten? Mit Dingen, die einem Spaß macht. Was macht Spaß? Etwas erleben. Was ist erleben? Spannung, etwas neues, raus aus der Routine, Urlaub, neue Länder und Leute sehen, kennen lernen. Klar. Diese Erlebnisse bestehen zu einem großen Teil aus „Unvorhersehbarem“, oder, besser gesagt: gerade das macht das Erleben aus. („Stell da ma vor, jestern hab ick den ollen Joethe jetroffen, in da fümundfuffzich, am Alex“. „Watt denn, du flunkerst doch, die fümundfuffzich fährt do ja nich am Alex“). Die Geschichten, die man zu erzählen hat, sind immer die, die von einer Routine abweichen, die einmalig sind. Und die uns bewegen, bewegt haben. Also Freude oder Ärger, Enttäuschung, Jubel, Niedergeschlagenheit, Euphorie, Anspannung und Entspannung, Höhen und Tiefen.
Und all diese „Erlebnisse“ kann man auf einmal beim Spielen haben. Man hat die ganze Gefühlspalette an einem Abend, in einem Spiel! Kein Wunder, dass es sich bei der Spielsucht um eine gefährliche Sucht handelt. Spielen kann süchtig machen, das ist gewiss. Man schafft es einmal, sich in eine Euphorie zu versetzen, man hat viel gewonnen. Dieses Glücksgefühl möchte man wieder haben, wiederholen. Ich versuche natürlich, Ihnen auch mit dem Studium dieses Buchs, eine Hilfestellung zu geben. Fast alle Spiele, die angeboten werden, die man um Geld spielen kann, kann man auch gut spielen. Ob auch mit Vorteil, also mit langfristig positiver Gewinnerwartung, ist spiel- und fähigkeitsabhängig.
An meinen ersten Spielbankbesuch kann ich mich übrigens noch gut erinnern. Denn: ich auch Deutscher, also gut aufgepasst und „ja nicht spielen, wetten, das macht man nicht“. Nun hatte ich doch aber immerhin Mathe studiert und ein paar Rechenoperationen gelernt. Außerdem hatte ich schon immer einen ausgeprägten Spieltrieb, also unter Freunden hatten wir schon regelmäßig ein Würfelspiel gespielt, um kleine Beträge, und ich hatte alle Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet (natürlich nur für mich). Aber plötzlich schickte mir ein Freund ein Buch über Black Jack zu. Ja, sollte es etwa möglich sein…? Ich las einige Seiten und es war eine schlüssige Theorie, wie man damit tatsächlich gewinnen kann, eine Gewinnstrategie!
Ich habe das Buch kurz überflogen und dachte gleich so: Jetzt aber ran ans Spiel. Bei der Fahrt ins Casino habe ich noch schnell die „basic strategy“ gelernt, und nun aber an den Spieltisch. Was soll ich sagen? Ich hatte von nix ne Ahnung und hab mit dem Minimumeinsatz von 10 DM tatsächlich insgesamt 650 DM gewonnen. Ist das sprichwörtliche „Anfängerglück“ eine Casino-masche, damit die Leute wiederkommen?
Ich bin zwar dann fast täglich wieder dorthin, aber ich habe auch Hausaufgaben gemacht. Nur: anstatt das Buch zu lesen, habe ich selber angefangen, eines zu schreiben. Denn: nach Überprüfen einiger Zahlen, die der Herr Edward Thorpe, Autor meines Black Jack Buches gedruckt hatte, kam ich zu dem Ergebnis, dass die nicht ganz stimmten (ich nehme ihn hier aber ausdrücklich in Schutz: In der Zeit, wo er das Buch geschrieben hatte, waren die Regeln noch in vielen Punkten anders als zu der Zeit, wo ich anfing; außerdem gab es auch zu meiner Zeit dann noch bestimmte Regelvarianten, die von Casino zu Casino verschieden waren), also, warum sollte ich das nicht selber alles ausrechen? Ich nahm also Stift, Block und meinen damals wirklich fortgeschrittenen HP67, einen Taschenrechner, und fing an zu rechnen. Zunächst mal nur die Wahrscheinlichkeiten, dass sich die Bank verkauft, dann darauf aufbauend die Regel, mit welcher Hand ich gegen die Dealerhand noch kaufen müsste und allmählich füllte sich mein Buch, allerdings nur mit Zahlen. Sämtliche Spielsituationen waren berechnet.
Später habe ich noch ein Computerprogramm geschrieben, bei der die empfohlene Gewinnstrategie in einer realistischen Simulation geprüft wurde. Die Berechnungen dienten dem Beweis der Gewinnstrategie und dem Ermitteln des möglichen Stundenlohns. Dieser war dann in etwa zu erwarten bei 60 DM/Stunde. Auch dazu später noch etwas mehr.
- Die Bedeutung des Sports
Der Sport hat allgemein zwei Funktionen in unserem Leben: Die eine ist, dass man ihn wunderbar selber betreiben kann. Man bewegt sich, dass soll ja gesund sein, man kann sich sogar bis zur Erschöpfung auspumpen, man kann ihn freizeitmäßig oder wettkampfmäßig betreiben, Teamsport oder Einzelsport. Gut, und die zweite ist die, ihn zu konsumieren. Das heißt, Sportveranstaltungen besuchen, TV-Übertragungen ansehen oder auch die Zeitungen, Magazine, Bücher lesen. Gut. Was macht den Reiz beim Konsumieren aus? Klar, man möchte die Besten sehen, es ist ein bisschen wie Zirkus, weil ein bisschen kann man ja auch, aber niemals so wie die! Aber noch etwas macht den Reiz aus: Wer wird gewinnen? Wer kann hinterher jubeln? Emotionen gehören auch dazu. Man möchte eben den jubelnden Gewinner sehen oder gelegentlich auch den trauernden Verlierer, man leidet mit oder freut sich mit. Man hat Spannung, schon wieder diese Spannung. Und die liegt an der Nichtvorhersagbarkeit. Über die Chancen wird ja gelegentlich noch spekuliert, aber jetzt geht’s los, 10 Sekunden (100m Lauf) oder zwei Stunden(ein Fußballspiel), um den Sieger zu ermitteln. Das reizt uns. Und allmählich fängt man auch an, Vorlieben zu entwickeln und selber vorherzusagen: „Boris Becker ist so stark, der gewinnt wieder in Wimbledon“ oder eben „Deutschland wird Weltmeister“ oder so was.
- Vorhersagen
Ja, also im Prinzip versucht sich dabei allmählich ein jeder als Prophet. Man ist zwar gespannt, ein Großereignis beginnt, sagen wir, die Europameisterschaft im Fußball. Irgendwie weiß man auch intuitiv, dass es noch von ein paar Zufällen abhängt, wie ein Spiel, eine Gruppe, ein Turnier endet. Aber man versucht es zumindest, etwas vorherzusagen oder vorherzusehen. „Die Deutschen sehe ich ganz stark dieses Jahr, die sind sowieso eine Turniermannschaft, die machens wieder, Deutschland wird Europameister“ oder so ähnlich kann sich das anhören.
Nun werde ausgerechnet ich als angeblicher Experte ja häufig gerade und speziell mit solchen Fragen beschäftigt. Ich habe dafür eine bestimmte Antwort parat: „Ich weiß wesentlich weniger als du, wie das Spiel ausgeht oder wer Europameister wird. Ich berechne lediglich Eintrittswahrscheinlichkeiten.“ Also meine Form der Vorhersage besteht aus dem Vorhersagen der Wahrscheinlichkeit. Ich kann das Problem nicht anders lösen. Ich bin als Prophet ungeeignet. Die erwartete, erhoffte Prophetei besteht ja, wahrscheinlichkeitsmäßig betrachtet, aus der Aussage 1 oder 0, sicher oder unmöglich, kommt es nun oder kommt es nicht. Und solche Ereignisse gibt es nicht. Alles, was in der Zukunft liegt, hat eine Eintrittswahrscheinlichkeit. Diese liegt zwischen 0 und 1, und zwischen bedeutet tatsächlich größer 0 und kleiner 1. Und dazu muss die Zukunft erst mal noch kommen.
Da merken Sie mal, wie langweilig meine Art der Vorhersage ist. Mich fragt also jemand, was kommt, wer gewinnt, wie geht das Spiel aus, und ich antworte in Wahrscheinlichkeiten. Und was ist der Inhalt meiner Aussage? Der Inhalt ist der: Es kommt oder es kommt nicht. Ich schreibe mal ein paar Wahrscheinlichkeiten auf, Einschätzungen von Ausgängen, typisch für einen Arbeitstag:
Deutschland wird Europameister: Ja: 18%, Nein 82% (übersetz heißt das, es kommt oder es kommt nicht)
Deutschland gewinnt das erste Spiel gegen Polen: Ja: 68%, Nein: 32% (übersetzt wieder, es kommt oder es kommt nicht).
Na, da wendet man sich doch ab und sagt: „Schöner Prophet du. du sagst, egal was ich dich frage, kommt oder kommt nicht. Das kann ich auch. Wie willst du denn gewinnen und davon leben?“ Man wendet sich intuitiv ab. Und gerade als Deutscher wird man ja irgendwie mit so Begriffen wie „Exaktheit“, „Sicherheit“ und „Planbarkeit“ in Verbindung gebracht?!
Dann hatte ich bei meinem ersten Einstieg ins Wettgeschäft gleich auch so ein denkwürdiges Erlebnis. Ich hatte ein Gespräch über die Europameisterschaft 1988. Und ich sagte zu einem Bekannten: „Ich habe Spanien auf Europameister gewettet. Die Quote ist 9.0“. Da sagte er: „Spanien wird doch nicht Europameister. Das ist doch Quatsch. Die gewinnen nie ein großes Turnier“. Dann sagte ich: „Ich spiele es ja nicht, weil ich daran glaube, dass sie es werden, sondern weil die Quote von 9.0 zu hoch ist. Irgendeine Chance werden sie schon haben, die Frage ist doch nur, wie groß.“ Darauf wieder er: „Ganz egal, Spanien wird nicht Europameister.“ Da mir allmählich die Argumente ausgingen, sagte ich: „Na dann zahl du mir doch die Quote, oder zahl du mir doch 20.0, ist doch sicheres Geld für dich. Ich wette es bei dir.“ Dann wieder er, der weise Mann: „Nein, ich wette ja nicht. Aber Europameister werden sie nicht.“ Und wie Recht er hatte – Holland wurde es.
Mir fiel nur bei diesem sehr frühen Erlebnis auf, dass man da nicht besonders viele Argumente hat. Das einzige Argument ist am Ende: „Wenn du es so gut weißt, dann musst du eben auch wetten, deine Einschätzung mit Geld untermauern. Wette oder schweige.“ Der Amerikaner sagt dazu auch: „Put your money, where your mouth ist.“ Wer nicht wettet, kann sagen was er will. Besser ist, er schweigt. Am besten aber: Mutig sein und wetten. Sich messen lassen an seinen Aussagen (Haben Sie irgendwie das Gefühl. Ich möchte Sie zum Wetten verleiten? Nein, wie werd ich. Ich weise das von mir. Oder hatten Sie zufällig eine besondere Motivation beim Bucherwerb?). Aber dazu später mehr…