Nach meiner Einschätzung lohnt es sich allemal, ein wenig hinter die Motivation zum Spielen, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen, zu blicken. Das kann durchaus auch die Gefahren enthüllen, die das Spielen mit sich bringt, es kann aber auch die pure Freude, die es machen kann, einerseits erhellen andererseits aber auch selbst als Motivation dienen. Und warum eigentlich nicht?
In diesem Sinne möchte ich die Spiele zunächst kategorisieren. Dabei sind durchaus höchst unterschiedliche Aspekte für die Kategorisierung verantwortlich, aber auf diese Art auch beleuchtenswert.
- Kategorien von Spielen
- Reine Unterhaltungsspiele
Es gibt die reinen Unterhaltungsspiele. Dabei ist hier der vordergründig erwähnenswerte Aspekt, dass man fast jedes Spiel auch als Unterhaltungsspiel betreiben kann. Umgekehrt natürlich kann man auch quasi jedes Spiel mit Geldeinsatz spielen, wenn es einem zu langweilig sein sollte.
Wenn Kinder spielen, spielen sie praktisch immer zur Unterhaltung (Ausnahme: Cincinnati Kid). Im Prinzip versuchen Kinder bei vielen Spielen, die Realität abzubilden, auf diese Art das „Erwachsen Sein“ übend. Zusätzlich gibt es die Spiele, bei denen Kinder einfach auf spielerische Art etwas lernen sollen/können.
Wenn man also aus der Kindheit herauskommt, fallen diese Aspekte nach und nach unter den Tisch. Man könnte dann als Spielmotivation angeben: „Ja, ich habe Kinder. Mit denen spiele ich.“ Aber es trifft vielleicht auch noch nicht ganz den Kern. Es gibt womöglich eine Art Spieltrieb im Menschen, der ihn auch als Erwachsenen Spiele spannend, unterhaltsam oder auf eine andere Art reizvoll erscheinen lässt.
Und um diesem Spieltrieb nachzugehen, kann man wiederum verschiedene Arten von Spielen spielen. Rein zur Unterhaltung. Eine besondere Eignung als Unterhaltungsspiel kann ich allerdings kaum einem Spiel zuordnen. Die Eignung kann eher umgekehrt gelten, nämlich bei der Fragestellung, welches Unterhaltungsspiel sich auch als Geldspiel eignet.
- Reine Glücksspiele
Reine Glücksspiele haben die besondere Qualität, dass man mit Nachdenken gerade extra nichts ausrichten kann. Dadurch sind alle Spieler quasi „gleichgut“. Selbstverständlich sind derartige Spiele ausschließlich mit Geldeinsatz zu spielen. Roulette ohne Einsatz wäre sicher langweilig. Es ist aber ein reines Glücksspiel in diesem Sinne (Einschränkungen hierzu in den Kapiteln „“, „“). Es ist wünschenswert, dass es ein reines Glückspiel ist. Der Veranstalter hat dadurch einigermaßen zuverlässig seinen vorbestimmten Gewinn, so dass er das Spiel veranstalten kann, der „Gast“ spielt es zur Unterhaltung, bei recht fairen Bedingungen.
Sicher kann man auch privat reine Glücksspiele spielen, wo langfristig keine Seite einen Vorteil hat. Aber auch das wird recht schnell langweilig. Oder fänden Sie es unterhaltsam, eine Stunde gegen einen Freund Münzwurf um 10 Euro pro Wurf zu spielen?
- Spiele mit Glücksfaktor und Geschicklichkeitsfaktor
Diese Spiele haben jedenfalls eine hohe Eignung, sowohl langfristig als Geldspiel geeignet als auch langfristig unterhaltsam zu sein. Man kann seine Chancen durch gute Entscheidungen beeinflussen, aber man kann auch einfach Glück oder Pech haben. Der Schwächere kann mal gewinnen, das ist auch für ihn eine Motivation. Außerdem hat man die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Man kann Gewinnstrategien erlernen, anwenden. Man kann sich gar in Turnieren mit anderen messen. Man kann aber auch mit ausreichend viel Glück ausgestattet Erfolge erzielen, sei es auch nur vorübergehend. Kurzum: Es ist für Jeden etwas dabei.
Zu diesen Spielen sind zu zählen: Skat, Backgammon, Pokern, Bridge, Rommée. Selbst das Black Jack zählt zu einem gewissen Grade dazu.
- Bewegungsspiele
Der natürliche Bewegungstrieb, schon als Kind, lässt einen auch schon in jungen Jahren häufig in einen Sportverein eintreten und dort ein oder auch mehrere Sportarten/Spiele erlernen. Das aufgebaute Können wird dann ins Erwachsenenalter transportiert und man wendet es dort weiterhin an, indem man diese Sportart weiter betreibt.
Selbst wenn die Bewegung im Vordergrund steht, so wird es doch in aller Regel in Wettkämpfen angewendet. Man versucht also auch hier, sich mit anderen zu messen, einen Sieger zu ermitteln, seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern, aufzusteigen oder gar, im mehr oder weniger professionellen Falle, damit Geld zu verdienen.
Dabei sind die Sportarten zu vielfältig, um hier eine Aufzählung zu rechtfertigen.
- Denkspiele/Denksport
Die dem Menschen überragend zugeordnete Eigenschaft soll ja das Denken sein. Insofern bietet es sich prinzipiell an, seine Fähigkeiten gerade auf diesem Gebiet zunächst zu trainieren und dann womöglich gar zu messen.
Und obwohl viele, besonders die Spiele, bei denen Glücks- und Geschicklichkeitsfaktoren kombiniert vorkommen, eine wesentlich höhere Eignung als Geldspiel haben, ist doch das Schachspiel auserkoren, um dort überragend repräsentativ für diese besondere Ausprägung des Menschen, das Denken zu sein. Jedoch soll an dieser Stelle hier das Schachspiel explizit ausgenommen sein. Es wird an vielen anderen Stellen behandelt. Hier soll also mehr von andern Denksportarten die Rede sein.
Der Denksport, den ich hier meine, sind im Wesentlichen Rätsel. Und die Besonderheit dabei: Man kann diese Spielform ganz alleine betreiben. Niemand, dem man eine Rechtfertigung für Denkfehler abliefern müsste, über die investierte Zeit oder den Lösungsweg oder gar die Unfähigkeit. Man sucht eine Herausforderung, ganz für sich alleine. Ob es sich dabei um ein Kreuzworträtsel oder ein Zahlenrätsel oder eine sonstige Denksportaufgabe (8 Kugeln; eine davon ist schwerer oder leichter; zwei Mal wiegen auf einer Waage, die nur nach oben oder unten gehen kann; finden Sie die eine Kugel mit dem von den anderen abweichenden Gewicht…) handelt, man misst sich nur mit sich selber.
Mein persönlicher, absoluter Favorit unter den Rätseln? Sudoku, na klar. Wenn ich mal wirklich nicht wüsste, was ich zu tun hätte: Ein Sudoku vertreibt spielend und gar ein wenig sinnvoll die Zeit. Die grauen Zellen wollen doch auch wirklich ab und zu mal gefordert sein, heißt es. Man kann die Sportart auch „Gehirn-Jogging“ nennen.
- Die Perspektive
- Teilnehmer
Der ursprüngliche Reiz eines Spiels liegt natürlich grundsätzlich darin, es selber zu spielen. Es bringt eine Art von Zerstreuung, Zeitvertreib, der Aspekt der Gesellschaft, Geselligkeit, darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Und man kann auch Fertigkeiten erhalten, erlernen, sich aneignen, die man dann mit anderen im Vergleich anwenden kann. Es kann sogar Ästhetik oder Kunst eine Rolle spielen.
Aber das Sich-mit-anderen-Messen hat doch eine überragende Bedeutung. Das Gefühl des Gewinnens ist ein so schönes, dass man es gerne wiederholt empfinden möchte.
- Zuschauer
Es gibt vier Kriterien, die dafür verantwortlich sein können, dass ein Spiel auch für Zuschauer attraktiv ist. Ich möchte die Aspekte nacheinander untersuchen:
Der erste Aspekt ist jedenfalls die Spannung. Wenn ein Spiel viel Aufregung verspricht, viele Schwankungen, ein Auf und Ab, ein Hin und Her kann das garantiert dieses Spiel für einen Zuschauer attraktiv gestalten. Man sieht einen nahe ans Ziel gelangen, am Sieg schnuppern, plötzlich die überraschende Wendung (ich sag jetzt nicht: Rocky). Auch Unbeteiligte, nicht mit dem Spiel vertraute oder selber das Spiel nicht spielende können durch diese Spannung das Spiel auch als aufregend erleben. Am Beispiel wird es immer am besten deutlich: Tennis, Fußball muss man nicht spielen können, um ein Match, ein Spiel zu verfolgen und spannend zu finden. Es sind in aller Regel also die Bewegungsspiele, die fast für jedermann geeignet sind, sie auch als Zuschauer verfolgen zu können.
Ein weiterer Aspekt kann eine hohe Befähigung der Akteure sein. Für alle Menschen, die einen bestimmten Sport auch selber betreiben, kann dieser Sport dann, selbst wenn er für Unbeteiligte langweilig erscheint, durch die hohe Meisterschaft der Teilnehmer selber seinen Reiz beziehen. Unter diese Kategorie fällt jedenfalls das Schachspiel. Für Nicht-Schachspieler kann es nur und ausschließlich langweilig erscheinen. Man kann vielleicht fünf Minuten zuschauen und sich an der Absurdität des Geschehens erheitern. Menschen, die absolut stumm da sitzen und — einfach gar nichts tun. Vielleicht wippt mal einer mit den Knien, ein anderer kratzt sich am Haupt, ein dritter kniet sich mit seinen Armen quasi mitten ins Brett. Aber ansonsten geschieht einfach nichts. Nicht mal eine Figur wird bewegt. Aber selbst wenn eine bewegt wird, macht es für den unbeteiligten Zuschauer absolut keinen Unterschied, ob der Läufer, der Springer, ein Bauer oder der Turm gezogen wird. Die Unterschiede können sich lediglich für die ganz geringe Anzahl von absolut Eingeweihten bemerkbar machen. Und selbst da sind oftmals Zweifel angebracht, wer wirklich die Nuance, die den einen vom anderen Zug unterscheidet, wahrnimmt. Das Geschehen spielt sich im Wesentlichen in den Köpfen ab.
Der dritte Aspekt ist der Fanatismus. Vorsichtiger könnte man es auch nennen „Anhängerschaft“. Dabei kann es sowohl passieren, dass man einen der Teilnehmer persönlich kennt, womöglich gar sich seinen Freund nennen darf, aber auch die pure Identifikation mit einem Teilnehmer, ob Einzelperson oder Mannschaft. Dabei gilt auch für den neutralen Zuschauer oft, dass er sich im Verlaufe des Spieles seinen persönlichen Favoriten herauspickt. Das kann mit einer durch irgendeine Aktion ausgelösten Sympathie zusammen hängen, oder auch mit einer Ungerechtigkeit, die einem widerfahren ist, die ganz offensichtlich war. Der durchschnittlich neutrale Zuschauer pickt sich allerdings meist den Underdog heraus. Es hat doch immer einen besonderen Reiz, wenn David den Goliath besiegt (mein zweiter Sohn hat diesen Namen vielleicht außer der Klangschönheit auch so nicht ganz zufällig). Und allein schon diese Erwägung hätte einen längeren Psychologischen Exkurs verdient, den ich Ihnen hier gnädigerweise erspare.
Der vierte Aspekt ist der, dass man sich hier schon häufig in Vorhersagen übt. Man kann seine eigene Meisterschaft, sein eigenes Verständnis dieses Spieles auf diese Art unter Beweis stellen, dass man einen (glänzenden) Tipp auf den Sieger, die Siegermannschaft, abgibt. Und dieser leitet dann schon beinahe über zu der Spielform des Zuschauers, dem Wetten nämlich. Man schaut ein Match sowieso, es handelt sich um ein Spiel, aber man kann gar als Zuschauern mitspielen, all seine erworbenen Fähigkeiten, noch dazu Gewinn bringend, einfließen lassen? Ideal, oder?
- Die Berechtigung der Spiele
Jedes Spiel hat seine eigene Berechtigung, wie auch schon in den vorherigen Kapiteln herauszulesen ist. Das möglichst einfache Spiel, das genauso möglichst Chancengleichheit gewährt, das höchst komplexe Spiel, bei dem sich der Bessere auch möglichst zuverlässig durchsetzt, hat auch dadurch einen gewissen Reiz (wenn dieser auch nicht in finanziellen Motiven zu suchen ist), das Bewegungsspiel, bei dem man nicht nur was Gutes für den Körper tut, sondern darüber hinaus auch noch Wettkämpfe austragen und sich behaupten kann, das Wetten selber, wo auch der Zuschauer fast direkt ins Geschehen mit einbezogen wird. Das Roulettespiel, welches wirklich zu sehr fairen Bedingungen gespielt wird und seinen Reiz ausschließlich aus dem Geldfaktor bezieht hat natürlich auch seine Berechtigung, ebenso wie Lotterien oder das Toto. Hier ist der Reiz eben in der Möglichkeit, einen sehr hohen Betrag auf einmal zu gewinnen, begründet durch die enorm hohe Teilnehmerzahl die alle der gleichen Illusion nachlaufen lassen, aber es trifft ja tatsächlich immer irgendeinen. Eine Berechtigung ist einem solchen Spiel also auch nicht abzusprechen.
Die Ursachen und die Konsequenzen, die das ganze haben kann, wenn man es übertrieben betreibt, gar dem verfällt, möchte ich in einem eigenen Kapitel untersuchen. Nur so viel noch: Obelix hat ja mal nach dem Verzehr von einer riesigen Menge Austern, die er allesamt mit Schale verspeiste, über Bauchschmerzen geklagt. Asterix daraufhin: „Mit den Austern ist es wie mit den Römern: Zu viel davon ist ungesund.“