Dieses Würfelspiel eignet sich hervorragend, um die mathematische Herangehensweise an solche Probleme zu erlernen, gewürzt mit den paar kleinen, erforderlichen Rechnungen. Natürlich Rechnungen, nachdem man das Herangehen verstanden hat.
SevenEleven wird auch in Spielcasinos angeboten. Ich habe es dort nur einmal gespielt. Ich kenne also noch nicht einmal die exakten Regeln. Deshalb kann ich nur das Spiel untersuchen, was auf dem Kiez gespielt wird, oder auch sonst in Spielerkreisen. Da gibt es keinen Veranstalter, man spielt es untereinander.
SevenEleven wird mit zwei Würfeln gespielt. Es gibt einen Spieler, einen Menschen, der wirft, und es gibt die Gegenspieler. Die Gegenspieler nennt man „die Ponte“. Der, der wirft, ist auch „die Bank“. Seinen Namen hat das Spiel dadurch, dass man als Werfer dann gewonnen hat, wenn man im ersten Wurf eine 7 oder eine 11 wirft. Also der Spieler, der dran ist, auch das geht für gewöhnlich der Reihe nach, bekommt die Würfel und würfelt. Die Ponte hält ihre Einsätze dagegen. Dem Werfer ist es dabei teilweise überlassen, wie viel Geld er „annimmt“. Also aus der Ponte wird gefragt „Gehen noch die 100?“. Der Werfer bestätigt oder nicht.
Es gibt also die 7 und die 11, die sofort gewinnen. Es gibt aber auch ein paar Würfe, die sofort verlieren. Diese Würfe schreibt man lieber so hin: Es ist der Pasch 1, 1-2 und der Pasch 6. Das sind die so genannten „craps“, „Müll“ Würfe. Dann hat man verloren. Meist wird das Spiel so gespielt, dass der Werfer weiter macht, wenn er gewinnt, und der Nächste dran ist, wenn der Werfer sein Spiel verliert.
Was passiert nun, wenn der Werfer weder 7 noch 11, aber auch kein craps wirft? Davon gibt es eine ganz ordentlich Anzahl von Würfen, die wir gleich untersuchen. Die Regel besagt aber, dass das Spiel weiter geht, wenn es im ersten Wurf, also im Anwurf noch nicht entschieden ist. Und zwar geht es so weiter: Der Werfer muss anschließend so lange würfeln, bis er entweder ein 7 oder aber die Zahl, die er vorgelegt hat, noch einmal würfelt. Dabei ist die 7 die Zahl, bei der er verliert und die Zahl die er vorgelegt hat und dann bestätigt ist die, bei der er gewinnt.
Am konkreten Beispiel wird es vielleicht anschaulicher: Der Werfer wirft. Er hat 5 Gegenspieler, von denen jeder 50 Euro gesetzt hat. Er würfelt einen Pasch 4. Das ist in der Summe 8. Es ist also weder craps noch eine 7 und auch keine 11. Also geht das Spiel weiter. Er würfelt weiter. Im nächsten Wurf wirft er 2-3. Das ist weder 7 noch 8. Also passiert gar nichts. Er wirft wieder. Er würfelt 3-6. Das ist weder 7 noch 8. Er muss noch einmal werfen. Nun würfelt er 4-3. Das ist in der Summe 7. Der Werfer hat verloren und muss alle Beträge der Ponte mit gleichem Geld auszahlen. Das mach 5 * 50 Euro = 250 Euro Verlust. Hätte er doch bloß eine 8 gewürfelt!
Wie rechnet man jetzt bloß aus, welche Seite einen Vorteil hat (wenn überhaupt)? Da hilft einem auch wirklich keine Intuition. Da muss knall hart gerechnet werden. Die Annäherung an die Lösung erfolgt natürlich, indem man die einzelnen Anwürfe untersucht. Wie immer macht es natürlich keinen Unterschied, ob man die Würfel auf einmal wirft oder nacheinander. In der Praxis werden sie natürlich immer gemeinsam geworfen. Dadurch, dass man sie auch nacheinander werfen könnte, sieht man im Prinzip (weiß man ja eh schon), dass es 36 Kombinationen gibt, da jeder einzelne Wurf 6 Ausgänge hat, die Multiplikation von 6 * 6 ergibt die 36. Bei diesem Spiel hier gäbe es natürlich einige Würfe, die sich zusammenfassen ließen. Aber wozu eigentlich? Wir können uns nämlich recht bequem alle Kombinationen auf einen Blick in einer Matrix 6 * 6 anschauen. Das Zusammenfassen der einzelnen Anwürfe erfolgt dann, indem man die gleichen Einträge bei den Einträgen vorfindet, die sich in der Form gleichen, dass sie die gleiche Chancenverteilung bieten. Also hier jetzt mal die Matrix:
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | ||
1 | -1.000 | -1.000 | -0.333 | -0.200 | -0.091 | +1.000 | -1.624 |
2 | -1.000 | -0.333 | -0.200 | -0.091 | +1.000 | -0.091 | -0.715 |
3 | -0.333 | -0.200 | -0.091 | +1.000 | -0.091 | -0.200 | +0.085 |
4 | -0.200 | -0.091 | +1.000 | -0.091 | -0.200 | -0.333 | +0.085 |
5 | -0.091 | +1.000 | -0.091 | -0.200 | -0.333 | +1.000 | +1.285 |
6 | +1.000 | -0.091 | -0.200 | -0.333 | +1.000 | -1.000 | +0.376 |
-1.624 | -0.715 | +0.085 | +0.085 | +1.285 | +0.376 | -0.509 | |
-0.509 |
Hier sind zunächst mal die Auswirkungen, was passiert, wenn… Das ist insofern zu unterscheiden, als es hier noch nicht mit der Eintrittswahrscheinlichkeit ausmultipliziert wurde. Wenn man also 1-1 würfelt, dann hat man –1.00 Einheiten, also eine Einheit verloren. Das sagt aber nicht, wie oft es kommt. Wenn wir aber einen Erwartungswert berechnen wollen, und diesen brauchen wir für die Fragestellung „wer hat den Vorteil?“, müssen wir das ausmultiplizieren noch vornehmen. Das tue ich gleich im Anschluss. Hier möchte ich erst einmal die Einträge kurz erklären.
Wenn man also 1-1, 1-2, 2-1, 6-6 würfelt, findet man in der Matrix den Eintrag –1.00. Man hat bei diesen Anwürfen sofort eine Einheit verloren. Wenn man aber die Hauptdiagonale, also 1-6, 2-5, 3-4, 4-3, 5-2 oder 6-1 würfelt, hat man sofort eine Einheit gewonnen. Ebenso bei 5-6 und bei 6-5. So sind die Regeln.
Die anderen Einträge benötigen noch eine kurze Erläuterung: Wenn man zum Beispiel eine 4 in der Summe gewürfelt hat (2-2 oder 3-1 oder 1-3) dann gibt es, ebenso wie vorher, 36 Folgewürfe. Nur: Von diesen 36 Würfen sind etliche irrelevant. Denn bei den meisten muss man sowieso noch einmal würfeln. Es genügt also, die Würfe zu untersuchen, bei denen das Spiel endet. Das genügt, da das Spiel eben immer nur dann endet, wenn eine dieser Kombinationen folgt. Diese sind stets die Kombinationen, die in der Summe 7 ergeben, also alle 6 Möglichkeiten auf der Hauptdiagonalen, und die, die in der Summe 4 ergeben. Das sind weiterhin die 1-3, 2-2 und 3-1. Es gibt also 9 Wurfkombinationen, bei denen das Spiel endet und bei den restlichen 27 wird weiter gespielt. Wir ignorieren diese 27 einfach (richtigerweise; sie sind zwar Elemente des Ereignisraumes, haben aber keinerlei Einfluss auf den Sieger des Spiels).
Von den 9 relevanten Wurfkombinationen sind für den Werfer 6 Verlustwürfe und 3 Gewinnwürfe. Also kann man das mit der gewohnten Division günstig/möglich berechnen. Da wir jetzt die Perspektive des Werfers betrachten, müssen wir natürlich für ihn das „günstig“ erkennen und zugrunde legen. Günstig sind für ihn die 3 Kombinationen, in denen er eine 4 erzielt. Die anderen 6 sind ungünstig. Wir müssen aber dividieren günstig/möglich, also 3/9.
Leider errechnet uns diese Zahl nur die Wahrscheinlichkeit, einen günstigen Wurf zu werfen. Für eine Berechnung des Erwartungswertes, im Falle, dass wir im Anwurf eine (Summe) 4 gewürfelt haben, müssen wir jetzt doch schon die Multiplikation mit der Wahrscheinlichkeit durchführen. Diese errechnet sich so: 3/9 * (+1) – 6/9 * (-1). In drei von 9 Fällen, also den günstigen, hat der Werfer eine Einheit gewonnen. In den 6 ungünstigen Fällen hat der Werfer aber eine Einheit verloren. Das ergibt den Eintrag in der Matrix, denn 3/9 – 6/9 = -3/9 = -1/3 = -0.33.
Der Anwurf (Summe) 4 ist exakt analog zum Anwurf (Summe) 10. Es gibt auch 3 Kombinationen, nämlich 5-5, 4-6 und 6-4. Das ist, aber nicht zufällig, exakt die Rückseite der Würfel! Deshalb gleichen die Einträge bei Anwurf (Summe) 10 auch denen der (Summe) 4.
Die gleiche Analogie ergibt sich für 5 und 9. Nur: Die Anzahl der günstigen Kombinationen erhöht sich. Man hat danach 4 günstige Kombinationen. Eine 5 kann man erzielen mit 1-4, 2-3, 3-2 oder 4-1 (schauen Sie auf die Rückseite für die 9). 4 sind dann also günstig, 6 ungünstig. Das ergibt für die Berechnung des Erwartungswertes: 4/10 * (+1) – 6/10 * (-1). Das einzige, was man beachten muss, ist, dass sich auch die Zahl der möglichen Ereignisse erhöht hat. Also in dem Sinne geht das Spiel (und das stimmt wirklich) schneller zu Ende. Es gibt mehr Kombinationen, die es beenden können, also geht es schneller. 4/10 – 6/10 = -2/10 = -0.2.
Die Analogie für die 6 und 8 anzuwenden spare ich mir hier. Es gibt 11 Kombinationen, die das Spiel dann beenden. Von denen sind 5 günstig und die 6 ungünstigen bleiben ja immer. Also ist die Rechnung 5/11 * (+1) – 6/11 * (-1) = -1/11 = -0.91.
Jetzt haben wir alle Erwartungswerte für die einzelnen Anwürfe berechnet. Das ist aber noch nicht die Erwartung für das gesamte Spiel. Jetzt müssen wir das nur noch mit der Eintrittswahrscheinlichkeit für den einzelnen Anwurf multiplizieren. Das ist aber in diesem Falle wirklich einfach. Selbstverständlich habe ich für dieses Beispiel bewusst die Darstellungsform einer Matrix gewählt, weil natürlich alle Einträge gleichwahrscheinlich sind. Es sind 36 Einträge und alle kommen gleichwahrscheinlich, d.h. jeder mit 1/36. Jetzt kann man natürlich sowohl das Endergebnis, dass als Summe der Matrix in Zeile und Spalte schon oben steht durch 36 dividieren, oder aber eine neue Matrix anschauen, innerhalb derer ausmutlipliziert wird und dann aufaddieren.
Hier zunächst diese Matrix:
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | ||
1 | -0.028 | -0.028 | -0.009 | -0.006 | -0.003 | +0.028 | -0.045 |
2 | -0.028 | -0.009 | -0.006 | -0.003 | +0.028 | -0.003 | -0.020 |
3 | -0.009 | -0.006 | -0.003 | +0.028 | -0.003 | -0.006 | +0.002 |
4 | -0.006 | -0.003 | +0.028 | -0.003 | -0.006 | -0.009 | +0.002 |
5 | -0.003 | +0.028 | -0.003 | -0.006 | -0.009 | +0.028 | +0.036 |
6 | +0.028 | -0.003 | -0.006 | -0.009 | +0.028 | -0.028 | +0.010 |
-0.045 | -0.020 | +0.002 | +0.002 | +0.036 | +0.010 | -0.014 | |
-0.014 |
Die so erhaltene Darstellung ist nur insofern etwas unhandlich, als die Einträge kleinere Zahlen ergeben. Das Ergebnis ist aber dennoch ersichtlich: Der Anwerfende hat einen Nachteil von –0.014 Einheiten. In Prozent ausgedrückt sind das –1.41%.
Das gleiche Ergebnis erhält man natürlich, wenn man die oben als Matrixsumme von Spalten (die Zahl ganz unten rechts ist nur die Prüfsumme der Zeilen). Die Summe aller Einträge ist –0.59, das dividiert durch 36, ergibt auch wieder –1.41%.
Der Anwerfende hat einen Nachteil. Das wissen wohl doch recht viele der Zocker. Aber sie vertrauen dann doch, weil Würfel in der Hand oder was auch immer, auf ihren Einfluss. Das Spiel wird (bzw. wurde) sehr viel gespielt. Es ist ja auch wirklich relativ fair.