Champions League Halbfinale, Dienstag Bayern – Real, Mittwoch Chelsea – Barcelona. Besser geht es kaum, da müsste bei Sky eigentlich allen Verantwortlichen das Wasser im Munde zusammen laufen. Heute gilt es, Werbung für den Fußball, Werbung für das eigene Programmangebot zu machen, heute gewinnt man Neukunden, wenn sich hier jemand zu einem Freund verirrt und erstmals Fußball auf diesem Level auf diese Art präsentiert sieht, dann hat er nichts Eiligeres zu tun, als für den nächsten selbst ein Abo abzuschließen. Die Nummer 1 und 2 der besten Liga Europas – und damit sicher der besten der Welt – am Start, gegen zwei der besten Mannschaften aus Resteuropa, einer englischen und einer deutschen, wobei Letzteres natürlich das größte Lockmittel darstellt.
Dass einem dies nicht bewusst ist bei Sky, damit musste man rechnen, nein, das war eigentlich schon vorab klar, musste einem klar sein, der die Dauerunsinnsberieselung im monotonen Mäkeltonfall aus der Bundesliga kennt, zumal einem noch die Bemerkung aus der Viertelfinalpaarung Milan gegen Barcelona nach 10 Minuten Spielzeit im Ohr klang und schwer im Magen lag, als irgendein dahergelaufener Klugscheißer, dem ein Mikrofon in die Hand gedrückt wurde und dazu batzenweise Geld monatlich auf den Tisch geblättert wird, dass es „erstaunlich viele technische Fehler, auf beiden Seiten“ zu sehen gab . Wie sollte man für diese Tage auf Besserung hoffen, woher sollte sie kommen?
Hatte am Dienstag noch Marcel Reif aufgewartet mit dem absurden Bemängeln der technischen Fähigkeiten des Luiz Gustavo – abgesehen von all seinem anderen Irrsinn, der einem zu Ohren kam — , so durfte man gespannt sein, was einen am Mittwoch erwartet, da mit dem FC Barcelona die anerkanntermaßen beste Mannschaft weltweit zu sehen und zu kommentieren war.
Fritz von Thurn und Taxis war eingeteilt worden. Eine (relativ) gute Wahl, sollte man meinen, denn er wartet ausschließlich mit Ahnungslosigkeit auf, die er keineswegs zu verhehlen gedenkt, und die damit ein Gegensatz zu seinen Kollegen darstellt, dass diese ihre gleich große Ahnungslosigkeit mit Unverschämtheit und Dreistigkeit paaren, zudem einen Tonfall anschlagen, der schlichtweg unerträglich ist, wenn man bedenkt, dass es doch ein Thema sein müsste, seine Ware an den Mann zu bringen. Wer bitte soll sich denn das beobachtete und beschriebene Sammelsurium an Unzulänglichkeiten anschauen wollen, wen möchte man damit hinter dem Ofen hervorlocken?
Fritz von Thurn und Taxis jedenfalls scheint eine Journalistenehre zu besitzen, er ist vom Tonfall her so gut, dass man beinahe nicht aggressiv wird davon. Es ist zwar das meiste Unsinn was er sagt, die live zu vernehmenden „Analysen“ von Spielverlauf oder Spielanlage fast durchgehend unzutreffend, aber er scheint immerhin einem Event beizuwohnen, den es einzuschalten, nicht zu verpassen gilt. Er legt eine Bedeutungsschwangerschaft in den Tonfall, die beinahe an die so vielfach und hoch gelobte englische Berichterstattung erinnert. Wenn man auf diesen Kanal zufällig reinschaltet, dann möchte man eine Weile lang zumindest bleiben, nämlich eigentlich maximal so lange, bis man heraushat, dass es zwar toll klingt, was er da sagt und wie er es sagt, nur dass es eben dauernd am Thema vorbei geht.
Dennoch war es eine Wohltat für das zumeist noch viel mehr geschundene Ohr, man konnte sich für eine Weile der Illusion hingeben, dass es so doch immerhin gelingt, ein Fußballspiel, selbst wenn man einen deutschen Sprecher dazu ertragen muss, so etwas wie spannend und unterhaltsam ist, sofern es einem gut genug gelingt, die vernommenen Inhalte auszublenden.
Es sei hier die Anmerkung gestattet, dass es dem Autor stets ein großes Vergnügen bereitet, Fußball zu schauen, dass man durchgehend voller Bewunderung für die Leistung dieser Kicker dort unten ist, welche hinuntergeht bis weit in untere Ligen, wenn man sie denn sehen könnte. Die Kommentierung tötet einen Großteil des Vergnügens ab, nur hat man sich zur Pflicht gemacht, den Ton zuzuschalten, um darüber schreiben zu können, möglicherweise in Zukunft für Besserung zu sorgen.
Es war ein gutes Spiel ein sehr gutes Spiel, sofern man den Blick dafür hat. Natürlich muss man etwas tiefer schauen, um dieses Spiel gut zu verstehen, gar die Vorgängerpartien, von denen es einige gab, ins Gedächtnis rufen, bei denen auch bereits auffiel, dass Chelsea eine physische Überlegenheit besitzt und diese in die Waagschale wirft, permanent. So wird das überragende Kurzpassspiel von Barca zwar nicht verhindert, aber immer, wenn die Angreifer in den Strafraum eindringen wollen, am liebsten mit Ball, steht einfach ein riesengroßer Mann da, der einen nicht vorbeilässt.
Dennoch kam Barca zu einigen sehr guten Chancen und das Ergebnis kann man keineswegs als gerecht bezeichnen, aber sie kamen nicht so systematisch zu ihren Chancen, dass man die Uhr danach stellen konnte – und es gleichzeitig hier und dort klingelt. Gerade in den letzten 15 Minuten, als man es Barca doch unbedingt hätte zutrauen sollen, dass sie zumindest eine ganz dicke Torchance bekämen, wurde der aufgebaute Riegel immer dichter, geradezu undurchdringlich.
Nun gut, eine Spielbeschreibung und Analyse in dieser Form zu erwarten, wäre eh viel zu viel verlangt und darum ging es auch gar nicht, nicht in diesem Artikel hier. Der Schock kam nämlich, als sich folgende Szene abspielte:
Barca kombinierte sich einmal wirklich hervorragend, blitzschnell und mit dieser unnachahmlichen Ballbehandlung, gerade, wenn Messi am Angriff teilnimmt, durch, dass man eh vor Stauen eigentlich den Mund gar nicht zubekommen dürfte, auch als Sprecher nicht, und so den Zuschauer mit dieser Begeisterung alleine lassen sollte, es sei denn, man könnte seine Emotionen so weit kontrollieren, dass man das Zungeschnalzen hörbar machen könnte.
Fabregas kam im Strafraum zum Abschluss nach perfekter Vorarbeit von Messi, mit einem ohne jede Übertreibung millimetergenauen Pass. Fabregas kommt zwischen Abwehrspieler und Tormann zum Schuss, auf phantastische Art und Weise, und nicht nur das, er spielt den bestmöglichen Ball, indem er diesen zwischen Keeper und Gegenspieler hindurch zwirbelt, als halber Lupfer, und der Ball so und nur so zwar der Torlinie entgegenhüpft, jedoch ohne das maximale Tempo. Der alles in diesen Temposprint legende Abwehrspieler Ashley Cole schafft es, diesen hüpfenden Ball Zentimeter vor der Torlinie mit einer artistischen Rettungsaktion abzuwehren, Kein Tor, weiter 1:0. Den Zuschauern im Stadion stockte eh der Atem, da überwiegend Chelsea, aber sicher hielten auch jene von Barca den Atem an, als Zuschauer konnte man eh wie bei einer Zirkusvorstellung nur Staunen, falls man neutral war auf das gebannt zu sein, was denn nun wirklich herauskäme, und als Sprecher tat man dies:
„Das haben sie schlampig zu Ende gespielt.“
Unfassbar, das konnte einfach nicht wahr sein. So, als ob es eine Sendervorgabe wäre, mindestens einmal im Spiel eine derartige Unverschämtheit einzubauen, wie könnte man dies sonst bei dem durchweg wohlwollenden Fritz von Thurn und Taxis nachvollziehen? Was hatte er da gesehen, was meint er damit? Ohnehin wird ja das Nachplappern von irgendwelchen Floskeln, die einer der Reportergilde vorzugeben scheint und der damit eine Absegnung für das große Buch der 120 (dann 121) deutschen Reportersprüche erreicht, welche man per Bibelstechen hervorzaubert, egal, was sich gerade auf dem Platz abspielt, kritisiert. Aber so einen hahnebüchenen Fehltritt hätte man heute unter diesen Umständen wirklich nicht erwarten können, nein, das war unterste Schublade, ein Tiefschlag etwa 25 Zentimeter unterhalb der Magengrube, direkt in die Weichteile nämlich. Autsch! Sky, go home, nach England, da, wo du dir die vielen Millionen reingeholt hast, die du hier und heute „verschlampst“, um sich dieser Wortwahl, mit weitaus mehr Berechtigung, zu bedienen.