Spiel vom Abend des 14. August 2009
Da es sich hierbei um eine Art von “Erlebnisbericht” handelt – zudem einem im unittelbaren Anschluss an das Erleben aufgezeichneten –, erscheint die eigene Perspektive durchaus vertretbar, insofern vielleicht hier ab und an mal diese Sicht in den Vordergrund tretend?
Am freitäglichen Abend des 14. August 2009 lief also, wie üblich an derartigen Wochenenden zu der Jahreszeit, Zweitligafußball. Drei Spiele, mit den Wahlmöglichkeiten: Einzelspiel oder Konferenz? Die Wahl des Verfassers dieser Zeilen fiel auf die Einzelübertragung des Spieles SC Paderborn – Karlsruher SC.
Natürlich stellt sich prinzipiell bei jeder dieser Einzelübertragungen die Frage, wie hoch die Einschaltquoten sind und ob das überhaupt gemessen wird? “Erheblich” erschiene bei dieser Fragestellung vor allem: gibt es wenigstens einen einzigen Decoder, welcher diese per Einzeloption auf den TV Bildschirm transportiert, jenseits dem geringen Anteil der enthusiastischen Anhänger einem dieser beiden Clubs? An sich müsste die Antwort lauten: nein, gibt es nicht. Wobei hier die Einschränking gelten mag: keiner, der das durchgehend verfolgt, in Wort und Bild.
Eingeschaltet also vielleicht ein oder zwei, vielleicht ein- oder zwei-, maximal dreistellig. Zugehört und hingeschaut: davon null.
Wer sollte ein Zweitligafußballspiel einfach so schauen, ohne eine Leidenschaft, eine Fanverbundenheit dahinter? Tut man nicht. Da fehlt etwas an Unterhaltungswert. Sei es dem Spiel Fußball selbst oder in der angebotenen Darreichung.
Dies allein wäre schon bedenklich, sofern Sky das Produkt “Fußball” als eine Art Goldgrube ausschöpfen möchte – und dafür mehrstellige Millionenbeträge hinblättert. Wie soll sich das rechnen?
Vorbehaltlich der dies verifizierenden Erhebungen: es wäre eine höchst bedauerliche Beobachtung und Feststellung, vieles von den allgemein hier vertretenen Bedenken bestätigend, zugleich eine zwingend zu behebende, sofern man denn an einen Fortbestand dieses Gesamtkonzepts und des Senders interessiert sein sollte? Das müsste sich natürlich vor allem der Sender selbst fragen – und sich dabei Teile der Verantwortung in Rechnung stellen lassen.
Der Sprecher tut sowohl in Tonfall als auch angestrebtem Unterhaltungswert nichts, um einem die Sache schmackhaft zu machen. Zugleich gilt jedoch eine recht schlichte Aussage: die meisten der über den Äther gebrachten Beobachtungen seinerseits sind zumindest oberflächlich, tendenziös, aber zum großen Teil einfach falsch. Die Länge eines Spielfilms wird eher überschritten, Spannung, Unterhalung, Qualität, alles kommt bei einer Fußball Übertragung nach hier vertretener Ansicht zu kurz.
Wer gegen diese Aussage votiert: bitte einen Abendverlauf filmen, bei welchem zumindest eine Person nachweislich ohne Fanbeziehung zu beiden im Wettstreit befindlichen Parteien vor einem Fernseher bei eingeschaltetem Bild und Ton eines solchen Zweitligaspiels sitzt, durchgehend zuhört, und, als weitere Bedingung: dabei meistens die Nägel kaut, ab und an aufspringt oder schipft, mitfiebert und erkennbar aufgeregt/angespannt ist. Irgendeinen weiteren Nachweis der Anteilnahme wäre unbedingt mitzuliefern, soo das heißen.
Dieses Video bei youtube hochladen, versteht sich. Dann würde man die hier getätigten Aussagen vielleicht überdenken müssen. Allerdings bei einem Einzelexemplar? Nun gut. Da es ohnehin nicht geht, man so einen Menschen nicht findet, erübrigt es sich. Ein Experiment wäre es, ja, aber mehr eines der Gedanken.
Aktuell, bei der Verköstigung eines derartigen “Appetithäppchens” im frühen Abendprogamm, wird man sozusagen dauerhaft mit Unsinn berieselt, in der spürbaren Absicht (halt mal die Lider hoch, ohne Einsatz von Streichhölzern!), eingeschläfert zu werden oder zum Abschalten zu bewegen und die ganz wenigen, die vielleicht zu Beginn zugeschaltet sind werden dieser fast unverhohlenen Aufforderung sehr bald nachgekommen sein. Dieser Sprecher war sich offensichtlich sicher: “ich kann erzählen, was ich Lust habe, zuhören tut eh keiner.”, zugleich dabei glabhaft zu versichern: “Fußball? Macht eh keinen Spaß.” Dies als Rücksichtnahme gegenüber den Patienten mit Herzinfarktrisiko auszulegen wäre Sarkasmus reinster Prägung.
Da die Miesmacherei in der Ausprägung “Langeweile verbreiten” kein Einzelfall ist, muss man konstatieren: das ist ein totaler Flop, das Gesamtkonzept in seiner derzeitigen Aufmachung. Selbst wenn es noch Abonnenten gibt, die aus alter Liebe, Tradition und Verbundenheit dem Fußball gegenüber hier “treu” bleiben und umfassend informiert sein wollen (vor allem über Ergebnisse?!), dann kann man schwerlich rechtfertigen, dass eine ganze derartige Sendung keinen Platz in Abonnents Terminkalender findet? “Hast du heute Abend Zeit?” “Ja, vielleicht nach 21 Uhr. Heute ist Zweite Liga, weißt du doch – da muss ich schauen.” Das wäre dann wohl das Ende der freundschaftlichen Beziehung? Absagen wegen zweiter Liga? Ja, gehts noch?
Es besteht dringender Handlungsbedarf, sagen wir es mal so.
Sofern sich ein für das Programm Verantwortlicher nur ein einziges Mal der Marter aussetzen würde und einen derartigen Kommentar über 90 Minuten an Ohr, Herz und Verstand dringen ließe – es tut keiner, so die gesicherte Botschaft darin –, dann könnte er nur zu dem einen Enschluss kommen: der Mann muss entlassen werden. Wenn der derart Gefolterte sich ein zweites Mal dieser Pein aussetzte : die nächste Entlassung, in der Konsequenz alle anderen Unsinnsverzapfer mit den Mikrofonen auch. Das, was sie im Verlaufe eines Spiels von sich geben, ist nachweislich Sender schädigendes Verhalten. Da sind ja ausschließlich Maulwürfe unterwegs! Raus mit denen, wir haben sie identifiziert!
Wobei es eine Alternative gäbe: die Reporter müssten wieder daran erinnert werden, was guten Journalismus ausmacht. Für solche gilt: “Du hast die Story. Begib dich auf die Suche nach ihr, in Wort und Bild. Falls du sie nicht hast, dann tu wenigstens so, als ob du sie hättest. Bring das rüber. Da muss Enthusiasmus, Faszination und Begeisterung durchklingen, da muss der Zuschauer schlicht gezwungen werden, drauf zu bleiben, weil es Action und Spannung gibt. Du bist Verkäufer. Du musst, wie der Marktschreier, dein Produkt an den Mann bringen. Dein eigener Blickwinkel ist mir piepschnurz. Und mit Fehleranalysen und nüchterner Sachlichkeit kannst du dich vielleicht als Trainer, Sportdirektor, Manager, Spielerbeobachter bewerben – sollten da wahrhaft Qualitäten liegen –, hier ist das nicht gefragt. Selbst wenn es durch Zufall mal stimmen sollte. Fehler sind die Ausnahme, das hier ist die höchste Qualität, da muss der Zuschauer mal aus dem Sessel gerissen werden und mal in ihn hinein gedrückt, Nägel kauend, weil er die Spannung nicht erträgt.”
Ein Seminar böte sich an, in welchem man auf diese Grundtugenden zurückgeht. Denn, eines sollte man den Sprechern durchaus nicht aberkennen: sie können reden, schwatzen, schwafeln, und zwar ohne Unterlass. Nur eben die Ausrichtung ist komplett die falsche. “Fehlpassfestivals” möchte keiner sehen. Der Eindruck entsteht aber – jedem der nicht vorhandenen Zuhörer – ,permanent einem beizuwohnen.
Nun aber zu dem Spiel, seiner Einstufung am Wettmarkt, dem Spielverlauf und dem unsäglichen Kommentator:
Am Wettmarkt war Karlsruhe ganz leichter Favorit. Das ist durchaus verständlich, denn Paderborn ist gerade erst aufgestiegen in die zweite Liga, während der KSC gerade aus Liga 1 abgestiegen ist. Die Einschätzung ist „normal“ und wurde auch vom eigens zurate programmierten und stets zurate gezogenen Computer geteilt. jedoch hielt dieser (Computer) Karlsruhe für einen noch klareren Favoriten als „der Wettmarkt“. Somit wurde als eine kleine Wette auf den KSC platziert.
Bei den Abweichungen handelt es sich, wie stets, nur um Nuancen, in etwa so ausgedrückt: Markt sagt 52/48 KSC. Computer 56/44 KSC (Unentschieden herausgerechnet). Das genügt dennoch (unter Umständen) bereits für eine Wette.
Karlsruhe hatte ziemlich stark gespielt und beeindruckt im ersten Saisonspiel mit neuer line-up, das Spiel daheim gegen Aachen aber endete nur 1:1.
Auf der anderen Seite hatte auch Paderborn — laut Spielbericht, kombiniert mit dem vertrauten “zwischen-den-Zeilen-lesen” – unverdient mit 0:2 in Düsseldorf verloren. So konnte man im Grunde noch keine ganz klaren Konturen erkennen. Grundsätzlich gilt: Aufsteiger sind in der Frühphase einer Saison meist etwas erfolgreicher als von den Meisten erwartet. Insofern hatte der Markt möglicherweise sogar mehr recht als der Computer, dies per Massenintelligenz “einkalkulierend”?
Kurzm: die eigens platzierte Wette hatte keine besonders gute Rechtfertigungsgrundlage.
- Hier jetzt ganz schlicht der Spielverlau f:
Das Spiel begann, Paderborn ging gleich richtig zur Sache. Offensichtlich hatte der Trainer von Paderborn seiner Truppe den Auftrag gegeben, nicht abwartend zu agieren sondern ab der ersten Minute Vollgas zu gebe. Diese „Taktik“ ist für eine Heimmannschaft nichts übermäßig Ungewöhnliches, jedoch auch nicht unbedingt Standard. Der KSC wurde ein bisschen davon überrascht, Sie versuchten, den Ball über ein paar Stationen ruhig laufen zu lasen, wurden dabei aber sofort gestört, und das in vielen Fällen mit Erfolg. Sie wollten eine Klasse demonstrieren, mit Ruhe und Gelassenheit, dies misslang aber gründlich in diesen Minuten.
Der große Vorteil, den man als Heimmannschaft von so einem Vorgehen hat, ist der, dass man die Zuschauer direkt hinter sich bekommt. Die nehmen diese gespürte Euphorie sofort auf und schreien ihre Mannschaft noch mehr nach vorne, während es beim Gegner den umgekehrten Effekt auslösen kann. Dass diese Art des Vorgehens auf der anderen Seite auch Risiken birgt, ist beinahe überflüssig zu erwähnen. Eines davon, ganz offensichtlich, dass man bei sehr aggressivem Forechecking oder Pressing im Falle einer guten Ballstafette des Gegners – der sich spielerisch löst und der hinter den pressenden Gegenspielern den Freiraum vorfindet und nutzt mit schnellem, energischem Nachrücken — in der Abwehr schnell in Unterzahl gerät, was in der Konsequenz zu einer gefährlichen Torchance auf der “falschen” Seite führen kann.
In diesem Spiel hier wurde es gut ausgeführt und belohnt. Paderborn hatte gleich eine gute Torchance, was die Fans noch mehr und besser “ins Boot nimmt”. Für den Moment hätte wirklich die Formulierung gepasst, dass „die Karlsruher noch nicht auf dem Platz waren.“ Die Zuschauer waren voll da, für die Karlsruher galt das nicht unbedingt.
Nach fünf Minuten gab es eine Standardsituation für Paderborn. Einen aus 40 Metern — dem so genannten “Halbfeld” – in den Strafraum geschlagener langer Ball. Nun ist die Beobachtung die, dass es in den letzten Jahren zu einer der Situationen gehört, die beinahe die größte Torgefahr heraufbeschwören können. Fast schon größer, als ein direkter Freistoß aus 20 Metern. Denn: der Ball wird lang Richtung Tor geschlagen. Der Moment dieses Schusses/Passes wird von den mit kopfballstarken Spielern angereicherten Angreifern genau abgepasst sie laufen geschlossen in Richtung Elfmeterpunkt, zeitgleich mit den im Pulk auftauchenden Angriffsspielern.
An jenem kommt der Ball nach Möglichkeit genau in Kopfhöhe wieder herunter. Für den Torwart ist dieser Ball dort extrem schwer zu erreichen, da eine Vielzahl von Spielern vor ihm auftaucht, eigene und gegnerische. Gleichzeitig haben es auch die Verteidiger schwer. Das Kuriose nämlich: der Ball bräuchte gar keine Berührung, um selbst dann gefährlich Richtung Tor zu kommen – weil er genau mit jener Ausrichtung ausgeführt wird. Der Torwart weiß nicht einmal, ob es zu einer Berührung kommen wird. Er sieht nämlich in der Spielertraube ziemlich wenig. Er muss mit allem rechnen. Und, im Gegensatz zu einer Flanke von der Grundlinie, welche früher für torgefährlicher eingestuft wurde, muss der von hinten in den Strafraum geschlagen Ball nicht mehr berührt werden.
Zusätzlicher Effekt: der Ball kann sowohl vom Abwehrspieler als auch vom Angreifer leicht berührt werden und somit recht kurz vor dem Kasten eine Richtungsänderung erfahren, auf welche der Torhüter schwerlich reagieren kann und auch nicht direkt vorbereitet ist. So sieht man hier und da einen Ball nicht gerade in Höchstgeschwindigkeit an einem paralysierten Torhüter vorbei rollen oder springen und im Netz landen.
Es sieht vielleicht unbeholfen aus, aber es ist diesem Umstand geschuldet, dass meist eine Richtungsänderung erwartet wird. Von “Torwartfehler” keine Spur. Von “schlecht aussehen” hingegen schon. Wie würde man allerdings “gut” aussehen, wenn man den Ball aus dem eigenen Netz zu holen hat? “Da macht er eine tolle Figur – wie er den aus dem Netz holt!”
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Karlsruher waren sowieso noch nicht ganz da, der Ball wurde geschickt verlängert, das 1:0. Nun, kein Wunder alles, es ist immer ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten. Die Torsituation war gut, die Ausführung war gut, es passte alles, drin, ein Tor.
Nun gut, Karlsruhe besann sich allmählich seiner Fähigkeiten und begann nach und nach, auch ein Bein (nach dem anderen) auf die Erde zu bekommen. Es kam zu immer besseren Ballpassagen und in der Folge in (un-)regelmäßigen Abständen zu sehr klaren und guten Tormöglichkeiten. Einmal tauchte ein Spieler völlig frei vorm Tor der Paderborner auf, bekam den Ball auch in den Fuß gespielt, brauchte ihn auch aus 5 Metern nur noch in das vom Torwart verlassene Tor zu schieben — das muss also das 1:1 sein — als gerade in diesem Moment ein Verteidiger von hinten angerauscht kommt und dem einschussbereiten Angreifer nur von hinten in die Beine geriet. Der Ball kullerte am Tor vorbei. Dass war ein eindeutiger Elfmeter, nicht nur nach den sonst hier vertretenen Ansichten der unterschiedlichen Bewertungen der Situationen innerhalb/außerhalb des Strafraums. Auch in der Zeitlupe war zu erkennen, dass der Verteidiger nur das Bein und nicht den Ball trifft, der Schiri aber, als Alibi, auf Eckball entschied, damit suggerierend, dass er den Verteidiger am Ball gesehen hätte. Sicher: eine “Ausrede” ist ihm immer willkommen und wenn man nicht unbedingt muss, gibt man auch nicht. Aber: es war ein Elfer.
All dies ist dem so heiß und innig geliebten Kommentatoren entgangen, und hier ein “leider” hinzuzufügen würde der Sache nicht gerecht: es ist alles andere als einmalig, dass den Sprechern Wesentliches durch die Lappen geht. Keiner Erwähnung wert allemal, natürlich vor allem, da er ja die ganze Zeit über „den Spielstand gerechtfertigt hat“, also auf Karlsruhe herumgehackt hat. Da wäre jetzt kein Platz für einen Kommentar wie „ein klarer Elfer, nicht gegeben.“ Man bleibt im Tonfall und lässt sich nicht irritieren. Das würde ja am gerade im Aufbau befindlichen Image der “Allwissenheit” kratzen. KSC ist schwach. Das erkennt man nicht nur am Spielstand sondern in jeder Aktion – möchte er glauben machen. So tönt jeder einzelne Kommentar jedenfalls. Denen kann doch nichts gelingen und ein Elfer steht ihnen schon gar nicht zu, so in etwa meint er wohl.
Zusätzlich gab es zwei Lattenschüsse der Karlsruher, wobei der eine noch zu einem Abpraller mit Nachschussmöglichkeit und der andere Unterlatte, also ein Fast-Tor, war. Eine weitere Gelegenheit war die, als ein Spieler glänzend frei gespielt wurde und alleine vorm Torwart auftauchte. Auch diese Chance blieb ungenutzt. Insgesamt waren es also (mindestens) fünf sehr gute Möglichkeiten für Karlsruhe, und nur drei, weniger gute, für Paderborn. Wobei die frühen zwei aus der Anfangsphase den besonderen Charakter hatten: “überfallartig”.
Ein nicht ungewöhnlicher Verlauf dennoch. Karlsruhe lag hinten, was dann oftmals Kräfte freisetzt. Man möchte unbedingt den Ausgleich. Das Verhalten ist ein bisschen vergleichbar mit “Panikreaktion” – daher die Extrakräfte. Zugleich zieht sich der Gegner, die führende Mannschaft, hier Paderborn, etwas mehr zurück, teils unebabsichtigt, da der Gegner mehr tut, teils aber auch taktisch bedingt, teils gar durch Spielerwechsel, welche im Verlaufe des Spiels durchgeführt werden, falls der Spielstand hält.
Dennoch war der KSC einfach die bessere Mannschaft, das könnte keiner bestreiten. Mehr und bessere Möglichkeiten, dazu mehr Ballbesitz und besseres Kombinationsspiel. Paderborn hatte jede Menge Leidenschaft entgegenzusetzen, aber auch beileibe ansonsten kein schlechtes Spiel gemacht. Demnach wäre ein viel passenderes Urteil: ein gutes Spiel und ein spannendes Spiel. Wenn man gänzlich neutral wäre, würde man sagen: “Ich gönne Karlsruhe den Ausgleich, den hätten sie verdient.”.
Es kam die 41. Minute, die vierte Torchance für Paderborn, ein leicht zögerliches Einschreiten eines Verteidigers – wobei dies als tyoisches Reporterdeutsch vielleicht eine geringe Akzeptanz haben müsste, aber es kann in Einzelfällen auch mal zutreffen? — , ein guter Abschluss und der Ball war drin. Das 2:0.
Nun, Karlsruhe versuchte noch, bis zur Pause den Anschluss zu erzielen, aber es gelang nicht. So ging es mit einem absolut frustrierenden Ergebnis für sie in die Halbzeit. Als “verdient” konnte man schon allein jegliche Führung für Paderborn nicht bezeichnen, aber eine mit zwei Toren war schlichtweg unglücklich für den KSC.
Dass der KSC in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viel zuzusetzen hatte und das Spiel allmählich mit einem 0:2 „austrudelte“, ist unter den gegebenen Umständen auch nichts Ungewöhnliches. Der KSC könnte vielleicht bei maximalem Einsatz gelegentlich das 1:2 erzielen und vielleicht sogar noch den Ausgleich schaffen, aber der mögliche Ertrag steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand. Man findet sich irgendwann mit dem Ergebnis ab. Dass parallel dazu Zuschauer und Paderborner Spieler sich immer sicherer werden und sich langsam „auf den Sieg einfeiern“ ist für ein Heimspiel auch nichts besonders Aufsehen erregendes. So geschieht es täglich. Es ist wirklich schwer, für die Auswärtsmannschaft etwas dagegen zu setzen. Der Heimvorteil ist real, es gibt ihn, statistisch nachweisbar.
2. Nun der Kommentar dazu
Für den Sprecher wurde nach dem erfolgten 1:0 „der Gegner einfach überrannt“. Ab diesem Tor wird jede Aktion der Paderborner über den Klee gelobt, ein Fehlpass wird gnädig verschwiegen, während ein Angriff vom KSC, der nicht zu einer Torchance führt, gnadenlos kaputt gequatscht wird. Das ist von einem „Fehlpassfestival“ die Rede, da „fehlen die Ideen aus dem Mittelfeld“, da „ist keine Bewegung im Spiel“, da „sind einfach zu viele Ballverluste im Aufbauspiel“, da „gibt es keine Anspielstation“ und nicht zuletzt „zu viele individuelle Fehler“. So wird jede einzelne Aktion genau mit dem gleichen Tenor kommentiert. Dieser Sprecher sitzt auf einem seiner Meinung nach sehr stabilem Ast. Dieser Ast ist das ihm bekannte Zwischenergebnis. Wenn er diesen nicht wüsste, dann würde ein jeder Kommentar zu Staub zerbröseln, jede Aktion könnte exakt ins Gegenteil (vom Kommentar her) verkehrt werden, er würde völlig hilflos von seinem Baum abstürzen und hoffentlich dann mit der Schnauze im Dreck landen, so dass diese nicht mehr plappern könnte.
Er konnte dann, nach der vierten Großchance, einfach nicht mehr übersehen, welches das verdiente Ergebnis gewesen wäre. Er hatte sich sicher schon den dann passenden Kommentar zurechtgelegt: „Natürlich ist der Ausgleich nach der Vielzahl der Chancen mittlerweile längst verdient. Aber die Paderborner waren auch zu passiv in letzter Zeit´.“ Aua, jetzt wird’s richtig schmerzhaft. Vor allem für Freund Sprecher, wenn Dummheit wehtun würde… Zu seinem Glück kam es anders.
Denn: auch diese wurde verpasst. Da verfiel er auf folgenden Gedanken: „Es ist ja nicht so, dass Karlsruhe keine Torchancen hätte. Aber diese entstehen entweder aus Standardsituationen oder aus Einzelaktionen.“
Wow, ein wahrer Experte. Denn: Wenn Karlsruhe aus einer dieser Chancen nun das Tor gemacht hätte, hätte es ja eigentlich gar nicht gezählt, oder wie? Man erinnere sich in diesem Zusammenhang an das Paderborner Tor und seine Entstehung. Abgesehen davon noch vier durchaus erwähnenswerte Punkte: 1) die Aussage stimmt nicht, 2) wie bekommen andere Mannschaften ihre Chancen? 3) was spielt das überhaupt für eine Rolle? und 4) wie viele Chancen hatte er für den KSC erwartet?
zu 1): Die eine Chance für Karlsruhe entstand nach einer Ecke, also tatsächlich per Standard, der Kopfball landete an der Querlatte, ein fast sicheres Tor aber. Eine gute Aktion, eine Riesenchance. Standard hin oder her.
Eine weitere Chance war herrlich herausgespielt, als der Spieler zum Abschluss alleine auf das Tor lief. Ob dies nun als Einzelaktion zu gelten hätte? Wäre aber im Grunde gleichgültig. Torchance so oder so, wozu diese “abwerten”, wieso der Versuch dazu?
Die dritte, die zu einem Elfmeter hätte führen müssen (der Schiri gab Eckball und tat damit so, als ob der Verteidiger den Ball von hinten gespielt hat; die Wiederholung zeigt, dass es ausschließlich das Bein war; vom Kommentator blieb all das unerkannt). Auch kein Standard, aber eine Torchance.
Eine vierte Torchance kam durch eine herrliche Direktabnahme, bei der der Ball an der Unterlatte landete und der Nachschuss nach dem Abpraller auch noch das Tor verfehlte. Ist das eine Einzelaktion? Oder war es ein Standard? Es ist einfach eine gelungene Aktion, ein Fernschuss in perfekter Ausführung.
Also: die Aussage ist definitv falsch, zugleich abwertend, als ob die so erspielten Chancen einen geringeren Wert hätten. Basierend eh auf dem Rückstand. Falsch und negativ. Jedes dieser Kriterien einzeln erfüllt müsste aber schon genügen, damit man ihm das Handwerk legt.
zu 2) Ja, bitte geschlossen nachdenken: Wie kommen sonst Torchancen zustande? Flanken, bei denen der Ball gefährlich vor dem Tor landet, ein gelungenes Dribbling meinetwegen. aber heute kaum noch möglich (falls von „Einzelaktion“ die Rede wäre). Ein Fernschuss oder ein Standard oder per Kombinationsspiel herausgespielt. Man schafft dabei durch entschlossenes Nachrücken und große Ballsicherheit irgendwo eine Überzahlsituation, die dann genutzt werden kann. Aber auch sehr schwierig heutzutage. Alle vier Möglichkeiten hat der KSC genutzt, es war alles vertreten. Es fehlte nichts außer das berühmte Quäntchen Glück.
zu 3) genau, wer hätte nach einem Karlsruher Sieg gefragt, ob sie die Tore „nur durch zwei Standards“ oder durch „zwei Einzelaktionen“ herbeigeführt haben? Das ist abgehakt. Sie wären besser gewesen und hätten verdient gewonnen, wäre man belehrt worden.
zu 4) die fünf herausgespielten Torchancen sind ligaweit jedenfalls deutlich über Schnitt. Der KSC war gut, das ist sicher, eine Mannschaft aus dem oberen Tabellendrittel. Was er erwartet hat? Nach bisher möglicher Einschätzung des Weit- und Tiefblicks seines Geistes: gar nichts.
Das abschließende Urteil des Sprechers kam nicht wirklich überraschen. Denn eines hat er in der Schule sicher bewältigt: Wie viel ist 1+1? Und die einfachere Aufgabe auch noch: Wie viel ist 0 + 0? Welche der beiden Zahlen ist nach Addition größer? Hat er raus! 1+ mit Sternchen!!
„Der Sieg war verdient.“ Wer will da noch widersprechen? 2:0. Die Tore zählen.