Was soll in diesem Buch besprochen werden?
Es gibt drei große Themenkomplexe, welche selbstverständlich eng miteinander verknüpft sind. Dies wird im Weiteren näher erläutert. Die drei Komplexe selbst lauten zunächst so:
- Die Fußball Regeln
- Die Berichterstattung
- Der Wettmarkt
Zu 1. : Das Ziel ist klarerweise, eine Verbesserung zu erreichen. Es gibt zwei grundsätzliche Behauptungen über die Regeln: a) es gibt eine in ihnen liegende Ungerechtigkeit und b) die reine Anwendung der bestehenden Regeln würde bereits ausreichen.
Ansonsten gibt es aber noch eine fundamentale Behauptung über den Fußball: die Tore sind das Salz in der Suppe und wenn das Salz fehlt, fehlen Würze und Spannung. Sprich: etwas mehr Spannung täte dem Unterhaltungswert und damit dem Spiel selbst gut.
Auch diese Thesen werden im Anschluss ein wenig näher erörtert.
Bevor dies geschieht jedoch kurz zu den anderen beiden Hauptpunkten:
Zu 2.: dies ist ein speziell deutsches Problem, jedoch ein durchaus ernst zu nehmendes. Auch hier könnte ein höherer Wahrheitsgehalt sowie das grundsätzliche Verständnis des Journalismus, welches im Grunde auf „Spannung erzeugen“ basieren sollte, rasch weiter helfen. Auch an jener Stelle jedoch – wie bei den Regeln und deren Verbesserungs-/Anwendungsideen – gilt es vor allem, eine Akzeptanz zu erlangen. Diese Akzeptanz kann jedoch nur gelingen, sofern man sich ein ganz klein wenig auf psychologische Argumentation einlässt.
Zu 3.: der Wettmarkt ist als Überschrift zunächst recht allgemein gehalten, zugleich aber in gewisser Weise eigene Kernkompetenz und zudem werbewirksam für die Lektüre. Jedoch verbirgt sich wesentlich mehr dahinter als man zunächst vermuten könnte. Um nur ein kleines Beispiel zu nennen: es gibt permanente kleine Wahrscheinlichkeitsverschiebungen im Verlaufe eines Spiels. Allein schon das weiterlaufen der Uhr sorgt dafür, dass auch die Verteilung für den Ausgang eines Spiels praktisch nie konstant bleibt. Eine gewisse Ausnahme würde hier bieten: es ist nur noch wenig Spielzeit übrig und der Sieger steht bereits fest. Wobei auch dann natürlich noch immer ein Tor fallen kann (insofern zwar der Sieger, jedoch nicht das konkrete Endergebnis feststeht). Wie essenziell dieses Wissen und Verständnis für den Wettmarkt ist, dürfte ebenfalls im Weiteren erst so richtig klar werden, jedoch hier bereits erwähnt: das live Wetten während der Spiele nimmt bereits heute ein gewaltiges Volumen am Wettmarkt ein.
Die Verschränkung der drei Komplexe in etwa so anzunehmen: die Regeln und deren Auslegung/Anwendung beeinflusst Spiele zunehmend entscheidend. Dies wissen längst alle Trainer, um nur ein Beispiel zu nennen. Also: ein nicht gegebener Elfmeter oder ein fälliger Platzverweis, eine Abseitsentscheidung oder ein Foulpfiff, ein verlegter Einwurf oder auch ein hingenommenes Zeitspiel sorgen sämtlich dafür, dass ein Spiel einen Ausgang nimmt, welcher nicht allein von Spielqualität abhängt.
Insofern müsste die Berichterstattung darauf eingehen. Es war ein enges Spiel und hier hätte es eine andere Richtung nehmen können und dort. Allein schon dieser Teil in gewisser Weise zufällig. Auch die Spannung hoch zu halten wäre eine Aufgabe innerhalb der Berichterstattung, weil nämlich der Ausgang niemals feststeht.
Der Wettmarkt selbst greift an allen möglichen Stellen „regulierend“ ein. Hierzu gäbe es eine Menge statistischer Daten anzugeben, welche keineswegs einem Standardrepertoire entnommen sind sondern sehr konkret, in der (erfolgreichen) Absicht, diesen Wettmarkt zu bezwingen (und sich auf diesem Weg den Lebensunterhalt zu verdienen) erzeugt sind und insofern deren Verlässlichkeit zu gewährleisten ist.
Um nur ein Beispiel einer möglichen (aber längst angefertigten beziehungsweise zugleich gepflegten) hier anzubringen: wie viele Tendenzänderungen gibt es innerhalb eines Fußballspiels? Eine Tendenzänderung gibt es dann, wenn eine Mannschaft in Führung geht oder sofern ein Ausgleichstor fällt. Jedoch wären hier bereits zumindest diese intuitiven Fragen zu stellen, auf der Suche nach (später gelieferten) Antworten:
- wie häufig ändert sich die Tendenz in der Fußball Bundesliga in einem Spiel im Schnitt?
- Ist es in anderen Ligen anders? Weltweit oder in tieferen Ligen in Deutschland?
- Wäre eine höhere Frequenz hier wünschenswert?
- Wie ist es in anderen Sportarten?
- Mehr Tore – häufigere Tendenzänderung: keine Frage. Aber: würde dies zugleich die Spannung erhöhen?
Nun seien hier zunächst noch ein paar Hürden erwähnt, welche aus dem Wege zu räumen wären, jedoch nur sofern man sich hier noch ein paar Schritte weiter (im Text) vorwagt.
Die Hürden sind rasch so aufgezählt:
- der Fußball boomt. Wozu etwas ändern?
- Mit den Regeln befassen sich haufenweise Experten – überlass das doch diesen.
- Über Fußball ist alles bereits gesagt.
- Auch ich bin ein Experte (und das sagt nun wirklich jeder von sich).
- Jeder hat sofort eine Ansicht zu jedem beliebigen Thema um den Fußball herum. Dazu gibt es nun mal die Stammtische. Da kannst du das alles bei einem Bier erläutern – sonst braucht es keiner.
Zu a) : der Fußball ist riesengroß. Keine Frage. Nur könnte er dennoch wachsen. Der häufig angestellte Vergleich lautet so: der Fußball ist ein Dinosaurier Ei. Gigantisch groß und „unkaputtbar“. Ist er es wirklich?
Zu b): die Experten befassen sich damit. Nur gibt es hier die Behauptung, dass sie ein grundsätzliches Problem nicht erkannt haben. Mindestens eines. Auch dies kann man sogar mithilfe des Wettmarktes näher bringen.
Zu c) : Genau dieser Ansicht kann hier entgegengewirkt werden. Einzige Voraussetzung: weiter lesen. Um jedoch auch hier das Salz nicht gänzlich zu vernachlässigen: Tendenzänderungsfrequenzen mögen ja bereits ein halbwegs neuartiger Begriff sein (und eben auch jener nicht einem Standardbierthekenfloskeln entnommener), aber wie wäre es denn hiermit: das Glück messbar machen?
Der winzig kleine Vorgeschmack:
Team | T soll | GT soll | T | GT | TD | Glück | |
10 | Hertha BSC | 37.27 | 40.43 | 38 | 35 | +3 | 6.16 |
11 | FC Ingolstadt | 41.98 | 45.18 | 33 | 54 | -21 | -17.79 |
Die letzte Spalte gibt das Glück an: Hertha hatte in der laufenden Saison der Fußball Bundesliga 2016/2017 bisher für 6.16 Tore Glück. Diese setzen sich zusammen aus 0.73 Toren, welche sie zu viel erzielt haben, sowie 5.43 Toren, welche sie zu wenig kassiert haben.
Ingolstadt hingegen hattte Pech für 17.79 Tore. Sie haben 8.98 zu wenige erzielt und zugleich 8.82 zu viele kassiert (kleiner Rundungsfehler).
Der Wert von Ingolstadt recht erheblich. Tatsache jedoch: sie hatten in vielen Spielen rein statistische Vorteile, haben diese jedoch nicht genutzt (eine nähere Erörterung und das Zustandekommen sowie die Verlässlichkeit dieser Werte steht aus, wird aber an entsprechender Stelle geliefert).
Zu d): Deutschland ist das Land der 80 Millionen Bundestrainer. Insofern: jeder kennt sich perfekt aus und es ist unmöglich, irgendjemandem etwas Neues zu erzählen. Richtig. Das Problem hierbei ist jedoch auch eines entfernt mit dem Wettmarkt verwandtes: da es sich hier um ein Spiel der ständig veränderlichen Wahrscheinlichkeiten handelt und eben überhaupt diese Wahrscheinlichkeiten zugrunde liegen (vor und während eines Spiels, einer Meisterschaft, eines Turniers, etc…) kann jeder alles sagen – und diese Aussage jederzeit wieder abändern. „Wolfsburg steigt ab, weil sie…“ Zwei Wochen später: „Hab ich doch gesagt, dass Wolfsburg viel zu viel Qualität hat.“ Oder eben auch, wenn sie erneut zwei Mal verlieren: „Siehste, sag ich doch.“
Auch hier hilft der Wettmarkt: wer sich an diesen heranwagt, kann seine Aussagen nicht nur überprüfen sondern sich damit sogar in den Expertenstatus aufschwingen – sofern er denn gewinnt. Auch an dieser Stelle der Brückenschlag zu den Berichterstattern: sofern sie ihre Aussagen direkt am Wettmarkt mit Heller und Pfennig berappen müssten, würden sie diese vermutlich nicht mehr so zu treffen wagen. Dies fängt schon bei einer angenommenen Favoritenstellung an: „Für mich ist Bayern im Duell mit Real Madrid Favorit auf das Weiterkommen.“ Dann rauf mit der Kohle, am Markt diese Aussage mit einer Wette untermauern – oder halt denn doch lieber schweigen? Dies gilt natürlich noch mehr im privaten Kreise. Aussage gegen Aussage und eine heiße Diskussion – oder einfach eine Wette abschließen? Diese scheitern jedoch meist an einer Quotenvereinbarung (im privaten Kreis). Am Wettmarkt gibt es eine Quote, für jeden der beiden, an welcher man sich zumindest orientieren kann.
Zu e) : ist im Prinzip mit c) und d) doch bereits abgedeckt. Aber auch hier gilt: man hat eine Ansicht dazu und würde mit dieser niemals hinterm Berg halten. Beispiel: Videobeweis. Sofort platzt es bei jedem heraus. Es ist nicht etwa so, dass man (eine weitere) Diskussion dazu anhören möchte sondern am liebsten selbst gleich live „on air“ sein um diese über den Äther zu verbreiten – weil sie so gesichert ist und so fundiert, dass kein Haar dazwischen passt.
Zentrale Einbindung der Psychologie in die Argumentation
Nun ja, einige Hürden genannt auf dem Wege zur Akzeptanz des Textes, zugleich deren mögliche Überwindung in den Raum gestellt. Jedoch die größte scheint mir diese hier zu sein: inwiefern dürfte man jemals mit der Psychologie argumentieren? Es ist zugleich eine Art „Augenschein“, welcher jedoch auch im Rechtswesen bestenfalls eine Art Schattendasein führt. Es müssen handfeste Beweise her – oder laber deine eigene Wand voll.
Vorab sei jedoch zumindest angemerkt, dass wohl jeder in gewisser Weise darüber Bescheid weiß (nur es eben nicht so zu äußern wagt). Beispiel eines Reporterkommentars oder eben einer jener typischen Floskeln, welche dennoch zugleich den Hinweis geben können: eine so genannte „Konzessionsentscheidung“. Es gibt den Begriff, also ist davon auszugehen, dass es auch das Phänomen selbst gibt. Hand vorhalten beim aussprechen, ok, aber dennoch getrost daran glauben. Jeder weiß es irgendwie und spürt es auch: es gibt sie. Dort einen Elfer verweigert, den eigentlich nicht einer mit vereinseigen aufgesetzter Brille als „war keiner“ erkannt werden konnte, drüben eine vergleichbare Situation, auch kein Elfer: „Ja, sicherlich auch ein Stück weit eine Konzessionsentscheidung“ hört man dann, vom Sprecher oder auch im anschließenden Interview.
Dieser Aspekt der Psychologie bezieht also sowohl Berichterstatter als auch Trainer, Spieler, Manager, andere Verantwortliche mit ein. Jedoch sollte man zunächst ruhig mal beim Schiedsrichter bleiben. Christoph Daum sagte vor einigen Jahren, in einem emotionalen Interview direkt nach einem Spiel, welches aufgrund einer Fehlentscheidung gegen seine Mannschaft, den 1.FC Köln, ausging, diese Worte: „Schiedsrichter sind nicht mehr Spielleiter, sie sind Spielentscheider.“
Nun würden auch hier die Erwägungen der Psychologie bereits mitwirken, was nämlich die Glaubhaftigkeit der Daumschen Aussage selbst angeht. Nämlich derart: „Das sagt er doch nur, weil soeben seine Mannschaft benachteiligt wurde.“ Demnach ist ihr also keine höhere Bedeutung beizumessen, selbst wenn er in dem konkreten Fall recht hätte? Nun ja… Sozusagen Schuldzuweisungen eines Verlierers – kennen wir doch alles. Wenn er sich beruhigt hat, sieht er das sicher bald ein… Vor allem dies: einmal zugunsten seiner Mannschaft, einmal zu Ungunsten. Gleicht sich aus, kein Grund zur (allgemeinen) Aufregung. Fehler passieren, eben auch dem Schiri.
Nehmen wir dennoch einfach mal diese Aussage so hin und untersuchen diese unabhängig von individuellen Benachteiligungen: ein einziger Pfiff hat diese Entscheidungskraft. Es geht um diesen einen Elfmeterpfiff oder um jene Abseitsstellung, erkannt, falsch erkannt oder unerkannt geblieben. Eine Vielzahl von Spielen endet bereits mit diesem Resultat (dem 1:0; aus der eigens geführten Datenbank entnommen: in der Saison 2016/2017 endeten etwa 10% aller Spiele mit 1:0, weitere 7.16% mit 0:1, sowie 7.46% mit 0:0; diese Zahlen sind aus einer Auswahl von 17 erfassten Ligen entnommen; die Summe dieser drei Zahlen liegt bei 24.46% ). Also ein Viertel aller Spiele ist so knapp, dass höchstens dieses eine Tor es entscheidet (bei den 0:0 Spielen müsste man sagen: ein Pfiff so oder so herum hätte es entscheiden können).
Erst diese nennen wir es mal Statistik könnte die Position des Schiedsrichters bereits ausreichend verdeutlichen und insofern der Aussage von Christoph Daum Gewicht verleihen.
Noch mehr jedoch scheint dieses Argument hier fast unausweichlich und von zentraler Bedeutung: ein Tor verändert den Charakter eines Spiels. Und zwar teils entscheidend. Auch dies hat Christoph Daum als erster so mutig geäußert – und wurde dafür belächelt. Ja, als sei es doch so selbstverständlich und es jeder längst wüsste?! Nein, es ist tatsächlich so, dass bei dem heute sich so mehr und mehr Richtung „professionell“ entwickelten Fußball fast alltäglich ist, dass eine Mannschaft sich um das eine Tor bemüht (meist natürlich der Favorit: auch hier der Bezug zum Wettmarkt gegeben) und, sofern ihm dieses Tor gelingt, sich unmittelbar danach zurück orientiert. Auch dies ist alles andere als Phantasie, sondern vielmehr belegbar, und zwar sowohl auf statistischem Wege als auch im Abgleich mit dem Wettmarkt. Auch dies zur näheren und späteren Erläuterung, zwecks Stichhaltigkeitsüberprüfung, aber zumindest schon mal hier angeführt.
Zunächst einmal wäre damit vielleicht eine Art von psychologischer Drucksituation deutlich gemacht: es hängt von dieser einen Entscheidung ab, und zwar sehr, sehr häufig. In vielen Fällen das einzige Tor, in vielen weiteren das mögliche einzige Tor und in vielen weiteren Fällen (bisher ungenannter Art, aber immer, wenn sozusagen eine Tendenzänderung „droht“; dies in der Folge übrigens als mit entscheidender Effekt anzusehen), und in vielen der nun so oder so genannten Fälle eine Art Veränderung des Spielverlaufs, was eben auch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden sollte (immerhin wäre man als Pfeifenmann dafür verantwortlich).
Erläutert also, dass fast jeder Pfiff zu einer wichtigen Spielsituation also das Endergebnis oder den Verlauf entscheidend beeinflusst, nur damit noch lange nicht die Konsequenz dessen genannt. Dies soll jedoch keineswegs ausbleiben. Die lange Vorrede sozusagen gedacht um die nun folgenden, zugleich „folgenschweren“ Worte mit dem entsprechenden Nachdruck zu versehen. Die Aussage lautet: die Neigung der Schiedsrichter ist derart, dass sie lieber keine der genannten Folgen in Kauf nehmen möchten.
Dies hört sich nun vielleicht noch recht bescheiden formuliert an – und ist auch so gedacht. Die Folgen dessen sind jedoch alles andere als „so unerheblich“. Die Neigung ist diese, den Spielstand oder den Verlauf so beizubehalten und eben genau keine Veränderung daran verantworten zu müssen.
Sprich: die Entscheidungen fallen generell gegen die Stürmer oder gegen die Tore. Die Einsicht selbst geht noch viel weiter – und folgt sogleich, zumindest hier teilweise zunächst. Zuvor soll aber noch erwähnt sein, dass man die Folgen eines anerkannten Tores ebenso am Wettmarkt mit am besten bewerten kann: sollte ein Tor fallen, beispielsweise für den Außenseiter, dann ist direkt dieser Außenseiter (in aller Regel; auch hier Ausnahmen) klarer Favorit. Natürlich hängt auch dies von der Höhe der Favoritenstellung ab sowie vom Zeitpunkt des Tores, aber doch sind erhebliche Veränderungen am Wettmarkt einhergehend, keine Frage.
Um dies nur mal beispielhaft in Wahrscheinlichkeiten auszudrücken: ein Favorit in einem Spiel geht mit einem 60% Siegchance in ein Spiel und kassiert früh ein Tor (bis zur 30. Minute, hier mal angenommen). Dann sinkt ihre Chance auf einen Sieg in diesem Spiel auf ca. 20% (diese Zahl ebenfalls der eigens geführten Datenbank entnommen; die Auswahl der Spiele aus den letzten 10 Jahren von einer Auswahl von geführten Ligen).
Das bedeutet also, dass ein anerkanntes Tor für den Außenseiter eine mehr als deutliche Verschiebung der Chancenverteilung bewirkt. Möglich also, dass sogar bis zum dem Zeitpunkt – wie man vermuten könnte – der Favorit am Drücker war. Nun wäre dieses Tor also gar gegen den Spielverlauf. Vielleicht entdeckt man dann doch ein Haar in der Suppe, um diesem Treffer die Anerkennung zu versagen? Das einfachste aller Beispiele wäre dies: es gäbe ein Handspiel oder ein Foulspiel im Strafraum des Favoriten, oder eben eine knappe Abseitsentscheidung. Ob es denn ein Tor würde, wüsste man also in dem Moment nicht, aber doch wäre die Chance groß. Nun entscheidet man sich vielleicht doch gegen das Foulspiel oder für ein Abseits? Natürlich: die Schiedsrichter agieren im Team. Aber auch der Mann (mit dem nervösen Arm) an der Linie zückt eher die Fahne als sie unten zu lassen.
Dies wäre nur eines der Beispiele (Spielstand, Favoritenstellung etc.). Aber ganz generell gesagt — also auch ein Tor für den Favoriten – ergibt eine enorme Verschiebung der Chancenverteilung für den Spielausgang. Insofern die oben getätigte Aussage hier noch einmal leicht umformuliert: der Schiedsrichter entscheidet sich am liebsten gegen die Chancenverschiebung.
Dies ist im Übrigen auch bei Feldverweisen der Fall. Eine genaue Statistik darüber liegt zwar nicht vor, aber es scheint mehr als offensichtlich, dass die numerisch unterlegene Mannschaft (sicher, mit abhängig von vorheriger Chancenverteilung sowie von Spielminute, aber dennoch) einen erheblichen Nachteil in der Folge hat (auch dies natürlich ablesbar am Wettmarkt sowie den zugehörigen Quoten).
Es gibt demnach eine generelle Scheu davor, ein Tor anzuerkennen, so absurd sich dies auch anhören mag (und natürlich nicht nur von den Pfeifenmännern vehement widersprochen bliebe). Die Auswirkungen dessen sind jedoch noch wesentlich nachhaltiger als man allein daraus schließen könnte. Auch dies noch zur näheren Erläuterung offen gelassen, aber zumindest so viel erwähnt: es gibt Möglichkeiten, dies zu beweisen.
Der Wert eines Tores als Ursache
Beispiele aus der Praxis
- Barcelona – Arsenal, Champions League Finale 2006
- …
zu 1:
Dieses Finalspiel hier als eines der typischen Beispiele für Psychologie als Triebfeder bei den Schiedsrichterentscheidungen. Da es hierbei nicht um Schuldzuweisungen geht und zugleich niemand damit verletzt werden soll sondern im Gegenteil die Handelnden mithilfe der Herleitungen eher „entlastet“ werden (indem dieses Handeln für menschlich verständlich und nachvollziehbar gemacht wird) kann man es sich ja zumindest einmal anhören:
Falls man sich einfach so erinnert an die Szene kann man es sich ja ins Gedächtnis rufen, andernfalls ein Video dazu anschauen, letzteres natürlich auch im Falle, dass man sich sehr wohl erinnert aber die Beschreibung der Szene auf diese Art nachvollziehen möchte (und möglicherweise gar eigene anderslautende Erklärungen dazu hatte, aus Nachbetrachtungen, dazu eingefangener Stimmen der Beteiligten/Betroffenen oder eigenen Erwägungen).
Sehr früh im Spiel kam es zu der folgenden Situation: ein gefährlicher Barca Angriff, Jens Lehmann, damals im Tor von Arsenal, stürmt dem Angreifer entgegen, kommt aber zu spät und foult diesen, jedoch außerhalb des Strafraums. Der Ball kommt jedoch direkt von dort zu einem weiteren frei stehenden Barcelona Angreifer, welcher den Ball im leeren Tor versenkt. Zwischendurch jedoch ein Pfiff des Schiedsrichters.
Durch den Pfiff eindeutig: eine Spielunterbrechung, also kein Tor. Lehmanns Foul außerhalb des Strafraums natürlich kein Elfmeter, sondern nur ein Freistoß.
Welche Entscheidungspalette steht nun dem Schiedsrichter noch zur Verfügung? Eine Strafe sowie das Strafmaß gegen Jens Lehmann. Sonst nichts. Die Entscheidung (somit) offensichtlich. Rote Karte.
Nun jedoch zur Erläuterung des (rasch, zu rasch?) erfolgten Pfiffes, im Zusammenhang mit den allgemein getätigten Aussagen: a) möglichst gegen ein Tor und b) die Psychologie dahinter:
Der übereifrig erfolgte Pfiff ist eine Art Reflex. Dennoch gibt es auch für Reflexe Erklärungen. Die Rechtfertigung wäre unter allen Umständen jene, als Aussage des Schiedsrichters einzig so einzufangen: „Das war ein sehr grobes Foul in einer höchst brisanten Torsituation. Da MUSSTE ich doch sofort abpfeifen? Wo der Ball dann hin rollt, war mir gleichgültig und bleibt es auch.“ Dies hört sich so verständlich an, dass sämtliche weiteren Fragen sich erübrigen. Dennoch könnte man ja diese zwei Fragen aufwerfen: a) gibt es eine Vorteilsregel? Dann b) hätte Barca lieber bei 1:0 und 11 gegen 11 oder lieber bei 0:0 und 11 gegen 10 weiter gespielt? Sowie schließlich c) wäre dem Schiedsrichter nicht ebenfalls der Verzicht auf die Rote Karte lieber gewesen?
Die Antworten fallen so aus: zu a) Die Vorteilsregel gibt es und hätte hier glänzende Anwendung finden können.
Zu b) Barca hätte lieber das Tor gehabt als einen Mann mehr.
Zu c) Eine Rote Karte zu verhängen ist absolut unerwünscht in einem derartigen Spiel, welches weltweit übertragen und verfolgt wird. Möglich, dass es sogar direkt (unerfreuliche) Diskussionen, überall auf der Welt nach sich zog und dass auch jene nicht allesamt ein erfreuliches Bild auf den Schiedsrichter fallen lassen.
Sprich also: es war gar nicht gut, wie es da gelaufen ist. Es wäre dem Mann an der Pfeife alles erspart geblieben, hätte er von dem Recht des kurzen Zögerns (Vorteil – ja oder nein?) Gebrauch gemacht. Es spielt sich jedoch alles in Bruchteilen von Sekunden ab und die Entscheidung fällt trotz allem „intuitiv“. Jedoch ist die sozusagen eingeimpfte Intuition in jene Richtung verschoben: „Hauptsache kein Tor.“
Es bedeutet also: im Prinzip gedenkt der Schiedsrichter (eben ohne es zu „denken“), dass er mit dem sofortigen Pfiff zunächst mal ein Tor „verhindern“ kann, und dieses ganz sicher (es bestand nicht die geringste Möglichkeit, das Tor im Nachhinein anzuerkennen; das hätte klar und sämtliche Regeln verletzt). Die Entschuldigung seinerseits geht an Barca: „Ja, sorry, wenn ich das gewusst hätte… aber leider schon zu spät.“ Die müssen sich damit abfinden. Dennoch gab es ja in der Szene auch etliche alternative Fortsetzungsmöglichkeiten, welche praktisch gesehen hätten eintreten können. Der einfachste Fall: der Schuss des zweiten Angreifers geht NICHT ins Tor (oder er kommt gar nicht erst zu diesem; im Moment des Pfiffs vielleicht nicht absehbar).
Nun lautet eine weitere empörende Aussage derart: falls der Ball nicht im Tor gelandet wäre, dann hätte man das Strafmaß gegen Lehmann „neu verhandeln“ müssen. Dies hätte dann der Schiedsrichter, ebenso intuitiv aber auch teils an den Spieler- und Zuschauerreaktionen ablesend, noch immer bestimmen können. Zur Verfügung hätten gestanden: Gelbe Karte oder Rote Karte (nein, ohne Verwarnung kommt man hier keinesfalls aus, also quasi nicht genannt: NUR Freistoß). Die Behauptung also: der Schiedsrichter verschafft sich mit dem Pfiff zusätzlich (außer ein mögliches Tor zunächst zu verhindern) etwas Bedenkzeit. Zudem jedoch: möglicherweise wäre Lehmann mit Gelb davon gekommen, falls der Ball nicht im Netz landet. Eben weil man sich – noch mehr bei derart großen Spielen – vor derartigen Eingriffen (auf die Chancenverteilung) drückt.
Der Begriff der Konzessionsentscheidung wurde ja bereits kurz eingeführt, aber hier die erweiternde These: eigentlich ist jede Entscheidung eine Art „Konzessionsentscheidung“.
Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit – Aggression/Friedfertigkeit
Die Regeln
Grundthese: Anwendung bestehender Regeln reicht aus.
- Dreipunkteregel
- Elfmeter
- Abseits
- Zeitspiel
- „Stürmerfoul“
- Gelbe Karte – eine Strafe?
- Missverhältnis Straftat – Strafe
- Torhüterschutz? Das Gegenteil!
Die zentralen zwei Regeln
- Elfmeter
- Bei Foulspiel
- Bei Handspiel
- Die Schwalbe – Verfolgung der Missetäter zwecks Gewissensberuhigung
- Die möglichen Folgen der Regelanwendung
- Mehr Elfmeter?
- Mehr spannende Szenen, mehr Tore
- Sofern mehr Tore: Erleichterung für die Anerkennung eines einzelnen Treffers, da Bedeutung verringert
- Abseits
- Der Schiedsrichter hört Abseits?
- Objektive Umfrage: wie viel Prozent der Fehlentscheidungen gegen die Angreifer? Antwort: 80%.
Beispiele aus der Praxis
- Tritt gegen Prödl
- Abseitsdiskussion WE 16/17
(Eckball, zwei Mann auf der Torlinie, Ball wird zurück zum Eckballschützen gespielt – der soll nun Abseits gewesen sein; spitzfindig, falsch;
- Abseits so:
(langer Ball nach vorne, kein Pass, eher eine Kerze, in die Gefahrenzone am Strafraumeck, Ball springt auf, Traube springt hoch, anscheinend kommt keiner heran, weder Stürmer noch Verteidiger, ein zuvor unbeteiligter Stürmer kommt nun heran und erzielt ein Tor; soll nun Abseits gewesen sein, weil der Torschütze im Moment der Kerze im Abseits war; „neue Spielsituation“ kein Thema, „im Zweifel für…“ kein Thema; einzig: Fehler, Abseitstor).
Mehr Tore – mehr Spaß?
Spiele mit Erinnerungswert: fast immer solche mit ein paar (mehr) Toren. Kurios, spektakulär wird es praktisch nur, wenn es eine Veränderung des Spielstandes gibt.
Missverhältnis der Wahrnehmung von Fehlentscheidungen (für Tor – gegen Tor)
Die WM USA 1994 – zwei durchgesetzte Regeländerungen
Fußball – ein Ergebnissport? Alles, was die Medien daraus machen.
Die „Beweistechnik“ für die Benachteiligung der Angreifer
Foulspiel im Strafraum – Elfmeter?
Kurzes Beispiel: Foul nur dann möglich, wenn Angreifer fällt. Wenn er aber fällt, dann „wollte er den Elfmeter“. Wenn man ihn will, dann ist es bereits Schauspielerei. Also bekommt man ihn nicht, sondern eher sogar Gelb wegen Schwalbe.
Fällt man nicht, gibt es erst recht keinen. Denn: kann ja nicht so schlimm gewesen sein und wenn man noch nicht mal fällt, war es garantiert keiner.
Eigentlich weiß jeder: ein Foulspiel irgendwo auf dem Feld ist unkritisch und wird eben als solches erkannt. Im Strafraum gibt es doch eine Art von „Sonderregelung“. Die Regelkommissionen haben dies durchaus schon erkannt. Deshalb heißt eine Anweisung (keine Regel): es muss schon ein klares, eindeutiges Foulspiel sein, für welches man einen Elfmeter ausspricht.
Hier jedoch das Problem: die Verteidiger entscheiden sich bei ihrem Einsteigen nicht etwa „damit es auch jeder sieht foule ich diesmal“ und in der anderen Situation „bloß nicht foulen, sonst gibt es ja Elfmeter“ sondern stattdessen „bearbeiten“ sie die Stürmer durchgehend mit halb legalen Mitteln. Also ein ganz kurzes Ziehen im Trikot kann doch nicht gleich einen Elfmeter bewirken? Das war ja nun wirklich so wenig und so harmlos, kann ja einfach nicht Elfer sein. Dann erneut ein Schieben, ein Drücken, notfalls ein erneutes leichtes, ganz kurzes Halten oder Zupfen, kann man doch nicht abpfeifen?
Auch der Stürmer weiß natürlich in dem Moment: nein, bei diesem leichten Ziehen lohnt es nicht, zu Boden zu gehen. Krieg ich eh keinen, eher Gelb. Also läuft er, trotz Behinderung, weiter. Die Größe der Torchance jedoch schrumpft, mit jedem leichten „Eingreifen“ des Verteidigers mehr. Bis man gar keine Torchance mehr hat. Am Ende ist man nur noch wütend, fällt dennoch, schimpft – und hat weder Tor noch Elfer sondern am Ende doch nur Gelb. Und das soll gerecht sein?
Handspiel im Strafraum – Elfmeter?
Teil 2: Berichterstattung
Fragestellungen bei einem beliebigen Kommentar:
- Wahrheitsgehalt
- Sinnhaftigkeit
- Unterhaltungswert
- Hintergrund einer Aussage
- Die Psychologie