Was wäre wenn… es für einen Sieg zwei Punkte gäbe?
Das wäre nun wirklich eine Revolution. Urplötzlich zwei Punkte statt drei für einen Sieg? „Gab es doch noch nie! Das ist ja nun wirklich Unsinn! Was soll dieser Vorschlag? Bei einem Sieg gibt es drei Punkte. Das ist schon ewig so. Wenn du ewig weiter nörgeln willst, dann such dir ein anderes Gebiet dafür aus.“
Wie auch immer die Gegenstimmen hier ausfallen würden: über die Freipunkteregel wird einfach weder nachgedacht noch debattiert. Nur: hat man das überhaupt je getan? Es war irgendwann mal in England diese Idee geboren (1981; Jimmy Hill). Offensichtlich wurde von dem „Erfinder“ ein gewisses Verhalten beobachtet, welchem ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Das Verhalten war dieses: wenn es Unentschieden stand und nicht mehr so viel Spielzeit auf der Uhr war, gab es urplötzlich auf dem Platz eine Art „Friedensabkommen“. Wenn ihr uns nichts tut, tun wir euch auch nichts. Ähnlich zum Schachspiel, wo man die friedlichen Absichten jedoch per Remisangebot dokumentieren kann, wobei hier nach der Annahme der friedliche Ausgang direkt unterzeichnet werden kann. Für die (wenigen) Zuschauer vielleicht noch immer eine kleine Enttäuschung, weil sie sich noch etwas Spannung und Action versprochen hätten, aber zumindest auch kein sinnloses „Ballgeschiebe“ (was in Falle des Schachs „Figurengeschiebe“ wäre), welches dann als Scheingefecht zu bezeichnen wäre. Remis, Einigkeit, so oder so, unterzeichnet, Spielende.
Beim Fußball wäre es zwar noch immer ein Scheingefecht, jedoch müsste die Spielzeit „abgesessen“ werden. Das war keineswegs erfreulich und wäre es bis heute nicht. Dem Zuschauer wird vorgegaukelt, dass noch etwas passieren könnte. Er hofft aber vergebens, man möchte gar nicht mehr angreifen, selbst wenn sich eine Chance ergäbe.
Warum es dieses Verhalten gab ist bereits eine interessante Frage, der man durchaus nachgehen darf. Auch in dem Sinne, allmählich auf die richtige Fährte zu geraten: was möchte man eigentlich und wie könnte man das erreichen?
Zum Verständnis sind zwei wesentliche Faktoren zu berücksichtigen:
- die geringe Anzahl der Tore im Spiel Fußball und
- die Verteilung der Chancen, ein Tor zu erzielen gegenüber jener, eines zu erzielen, sofern man es unbedingt erzielen möchte.
Die geringe Anzahl der Tore im Spiel ist natürlich für eine ganze Menge verantwortlich. Beispielsweise dieser, dass die Wartezeit auf ein Tor zu lang ist, um einfach so ein Spiel zu schauen. Als Fan geht es, als Neutraler tut man es nicht. Langweilig. Jedoch ist es für die Spieler auf dem Platz ziemlich ähnlich. Es ist zwar nicht langweilig, aber man weiß doch: es fällt so selten, dass man nicht so recht dran glaubt. Dafür jetzt einen Aufwand betreiben? Nein, lieber festhalten, was wir haben. Querpässe in der eigenen Hälfte tragen keinen Risikocharakter. Ach, der Gegner macht das Spielchen mit? Gut. Wenige Tore è wenig Hoffnung, auf allen Seiten, daran etwas ändern zu können.
Die Verteilung der Chancen (Punkt b) hängt zwar unmittelbar zusammen mit Punkt a), muss aber dennoch separat erläutert werden. Das Problem ist nämlich, dass der schon angesprochene „Risikocharakter“ tatsächlich nicht nur eine leere Worthülse ist. Man geht ins Risiko, wenn man Spieler nach vorne sendet. Das Risiko besteht darin, dass der Ball verloren gehen könnte und dass die Spieler, die sich gerade vorne befinden nun hinten fehlen könnten. Denn merke: der Ball ist immer schneller. Wenn man angreift, erhöht man das Risiko, ein Tor zu kassieren.
Hier wäre lediglich die Frage zu stellen: wie sehr erhöht man das Risiko? Dabei gibt es drei kuriose, verwunderliche Antworten. Der erste Teil der Antwort bezieht sich auf die Mentalität „lieber Spatz in der Hand als Taube auf dem Dach.“ Wenn die Chancen nun gleich verteilt wären, würde man es noch lange nicht anstreben, das Risiko zu erhöhen, selbst wenn mit dem Risiko auch die positive Chance (gleichermaßen) erhöht würde. Das ist die Mentalität und diese ließe sich nicht einmal gewaltsam austreiben. „Jetzt greif aber an. Du könntest das Spiel gewinnen!“ „Nö, tu ich nicht. Ich könnte ja auch verlieren.“ Rein psychologisch wäre es noch nicht einmal dann leicht, es den Spielern (und auch anderen Menschen) einzutrichtern, das Risiko zu erhöhen, wenn die Chance, das Spiel zu gewinnen sogar etwas höher wäre als das Risiko, es zu verlieren. Diese Nebenüberlegung aber nicht einmal notwendig, um das Verhalten zu erkären.
Der zweite Teil der Antwort bezieht sich auf den Charakter des Spiels Fußball. Die wenigen Toren sind natürlich auch ein Teil des Charakters, aber der hier angeführte geht noch etwas darüber hinaus. Tatsächlich ist es einfach so, dass die Chancen, ein Tor zu kassieren größer werden als jene, eines zu erzielen, wenn man „das Risiko erhöht“ (deshalb ja sogar der Ausdruck; sonst müsste es ja heißen: wir erhöhen unser Siegpotenzial oder so etwas). Das Verteidigen ist in diesem Spiel einfacher als das Angreifen. Aus zahlreichen Gründen, welche an dieser Stelle nicht wiederholt werden sollen. Aber es ist ein Faktum. Folge/Ursache/Begleiterscheinung der wenigen Tore wäre dabei wurscht. Es ist irrsinnig schwer, ein Tor zu erzielen und eine kleine Unachtsamkeit – und schon hat man eines kassiert.
Hier könnte sogar ein Beispiel hilfreich sein, aus der heutigen Praxis: wenn eine Mannschaft Eckball hat, dann erscheint dies wie eine günstige Torsituation. Aber nur dann, wenn man zu der Spieleransammlung im Strafraum die eigenen, hoch gewachsenen Spieler nach vorne schickt. Einmal wegen überhaupt Masse im Strafraum, aber auch wegen ihrer Kopfballstärke. Also Innenverteidiger nach vorne. Gut. Nur: man kommt noch immer und lange nicht an den Ball heran. Noch immer sind die Verteidiger in der Überzahl und mit den höheren Rechten ausgestattet. Also: der Ball wird abgewehrt. Nun trainieren alle Mannschaften dieser Tage verstärkt das „Umschaltspiel“. Alle schwärmen aus. Die Innenverteidiger, die das selbst ein Tor erzielen wollten fehlen hinten und sind meist sogar die etwas langsameren Spieler. Und überhaupt fehlt hinten jegliche Ordnung, weil alles so schnell geht. Nun wäre die Frage gestellt: schickt man die Innenverteidiger überhaupt noch nach vorne? Ist die Chance für den Gegner nicht eventuell weitaus größer, aus dem Konter heraus das Tor zu erzielen als dass man selbst das kleine Wunder vollbringt?
Die Antwort lautet: nein, es lohnt nicht. Wobei hier eben die dringende Unterscheidung zu treffen ist: liegt man hinten oder steht es Unentschieden? Die Führung ist nicht einmal erforderlich, anzuführen. Risiko, obwohl man vorne liegt? So etwas gibt es nicht. Also: wenn man hinten liegt, dann muss man das Risiko erhöhen. Bei Unentschieden tut man es nicht. Intuitiv vielleicht, aber berechtigterweise.
Der dritte Teil der Erklärung für das Verhalten ist ein noch etwas tiefer verborgenener. Wobei das Phänomen erst nach Einführung der Dreipunkteregel ernsthaft (aber bis hierher unerkannt) aufgetaucht ist: jeder Fußballer und jeder Trainer weiß (allermindestens intuitiv), dass es dieses Missverhältnis gibt: greifst du an, kassierst du eher ein Tor, als dass du eines erzielst. Wenn es drei Punkte pro Sieg gibt und es Unentschieden steht – ansonsten: lass es eh mal schön bleiben – gäbe es zwar diese gewisse Verlockung, aus einem drei zu machen, aber hier würde der kluge Mann eher sagen: „Lass die mal kommen, gilt ja für die auch, dass es sich lohnt. Und wenn sie so dumm sind, es tatsächlich zu tun, dann schlagen wir eiskalt zu.“ Da alle „kluge Männer“ sind, neutralisiert sich das ganze Geschehen schon wieder. „Wir greifen nicht an, weil ihr es tun müsstet.“ „Wir aber auch nicht.“ Alles wie gehabt. Zwei Punkte pro Sieg oder drei Punkte? Macht nicht den geringsten Unterschied.
Ein weiteres Problem, welches man sich bisher völlig unbemerkt mit der Dreipunkteregel aufgehalst hat ist jenes: es gibt ja nicht nur unentschiedene Spielstände, es kommt gelegentlich vor, dass eine Mannschaft „the odd goal“ erzielt, wie es der Engländer so herrlich treffend ausdrückt: sowie ein Tor nämlich „odd“ ist, ist die aktuelle Torumme ungerade – und garantieren kann man damit, dass eine Mannschaft führt. Wenn nun eine Mannschaft führt, dann hat sie eine Menge zu verlieren. Noch viel mehr als früher gilt: bloß jetzt kein Tor kassieren. Das bedeutet, dass das Bemühen um das Festhalten an einer Führung gewaltig verstärkt wurde. Der Standard wäre dies: man erzielt das 1:0 und spielt auf Schlusspfiff. Bloß kein Tor kassieren, alle Mann auf die eigene Torlinie und irgendwie „Zeit von der Uhr nehmen“. Dies wäre der glatte Gegeneffekt von dem erhofften von mehr Spektakel. Keiner greift mehr an, sowie er in Führung liegt. Das wäre ja dumm.
Interessanterweise lässt sich sogar dieser Effekt umkehren, wenn man ihn zu Ende denkt – was jedoch eine weitere Abschwächung der Aktivitäten mit sich bringt. Perspektive der zurücliegenden Mannschaft: „So ein Sch…, jetzt liegen wir zurück. Zwar nur ein Tor, aber wenn wir jetzt alle Kräfte bündeln und richtig viel Glück haben, dann schaffen wir vielleicht den Ausgleich. Und wenn wir das schaffen sollten, dann haben wir nur einen einzigen Punkt hinzu gewonnen. Nein, das lohnt nicht.“ Sprich: der Führende hält fest, mit Zähnen und Klauen, der Zurükliegende kapituliert davor. Die Folge: 1:0 wird das häufigste aller Ergebnisse. War das das Ziel Einführung der Regel?
Nicht ganz umsonst geht heute diese Kernaussage von Trainern um: „Wir müssen auch mal wieder das Glück haben, das erste Tor zu erielen.“ Es geht eigentlich nur noch um dieses „Glück des ersten Tores.“ Wenn man es hat, hat man praktisch schon gewonnen. Und was man dazu braucht, ist Glück, wie schon anerkannt wird. Beide Mannschaften gleich gut (oder: fast alle), einer hat das Glück des ersten Tores, der wird auch gewinnen. Tolles Spiel, muss man sagen. Könnte man auch würfeln?!
Da noch immer die Aussage unbewiesen im Raume steht, dass die Einführung der Dreipunkteregel ineffektiv war, sollte zumindest ein statistischer Versuch unternommen werden, einen Nachweis zu erbringen.
Sämtliche zu dem Thema vorliegenden Statistiken gehen einheitlich in die identische Richtung: eine Wirkung wurde nicht erzielt, oder, falls eine auch noch so geringe, dann wäre diese unbedeutend. In einer Art „Rückzugsgefecht“ könnten Befürworter der Regel lediglich einwerfen: „Moment mal, vor der Einführung der Regel war ein Absinken des Torschnitts zu beobachten, seither stagniert er nur. Also siehste: hat jede Menge gebracht. Ansonsten wären wir heute längst bei unter zwei Toren im Schnitt pro Spiel.“ Ja, wenn er denn damit Recht hätte, bitte schön.
Da es keine zweifelsfreien Statistiken gibt (sondern man angeblich nur jenen vertrauen sollte, die man selbst gefälscht hat…), hier einmal ein kleiner Rückblick auf ein paar Gegebenheiten. Da diese überprüfbar sind, sind Fälschungen weder möglich, aber auch gar nicht erforderlich. Hier die Werte – dabei als relevant erachtet der Unentschiedenanteil sowie der Torschnitt — aus der Ersten Fußball Bundesliga vor und nach der Einführung, auf drei Jahre ausgedehnt (dies wäre dann der mögliche verfälschende Anteil, bei welchem man einen idealen Zeitraum auswählt um den eigenen Zwecken zu diesen; hier jedoch auch nicht geschehen) :
Zweipunkteregel
1993: Remis: 29.29% Tore ø: 2.936
1994: Remis: 27.21% Tore ø: 2.918
1995: Remis: 28.10% Tore: ø 3.016
Dreipunkteregel
1996: Remis: 35.29% Tore ø: 2.715
1997: Remis: 22.87% Tore ø: 2.977
1998: Remis: 27.78% Tore ø: 2.879
Schnitt mit Zweipunkteregel: Remis: 28.20%
Tore ø: 2.957
Schnitt mit Dreipunkteregel: Remis: 28.64%
Tore ø: 2.857
Es zeigt sich ziemlich klar und deutlich: Die Regel hat die von ihr erhoffte Wirkung nicht erzielt. Die Unentschieden sind angestiegen, der Toreschnitt ist gesunken, gerne kann man es als Stagnation bezeichnen, die weiterhin Bestand hat. Hier noch drei aktuellere Beispiele (Stand: Juni 2017):
2015: Remis: 26.79% Tore ø: 2.754
2016: Remis: 23.20% Tore ø: 2.830
2017: Remis: 24.18% Tore ø: 2.866
Tatsächlich wäre die Remishäufigkeit leicht gesunken, der Toreschnitt aber andererseits nicht angestiegen. Sicher, die Bundesliga boomt und es ist einfach kein Thema, die Langeweile. “Remisgeschiebe” gibt es nicht – wie auch immer es je dazu kam. Dennoch bleibt das Gesamturteil: die Einführung der Dreipunkteregel hat sich auf das Spielverhalten (an Statistken abzulesen) nicht erkennbar ausgewirkt. Mehr Tore gab es nicht, was zum Teil wohl auch dem Effekt zuzuordnen ist, dass man noch mehr an einer Führung festzuhalten versucht.
Hilfreich scheint es zu sein, zumindest eine weitere Liga gegenüber zu stellen. Anbieten tut sich da die zweite deutsche Fußball Bundesliga. Hier zunächst die Zahlen vor und nach der Einführung der Dreipunkteregel zur Saison 1995/1996, für jeweils drei Spielzeiten, analog zur Ersten Liga :
Zweipunkteregel
1993: Remis: 30.04% Tore ø: 2.618
1994: Remis: 30.26% Tore ø: 2.500
1995: Remis: 33.33% Tore: ø 2.816
Dreipunkteregel
1996: Remis: 26.14% Tore ø: 2.584
1997: Remis: 30.39% Tore ø: 2.686
1998: Remis: 32.45% Tore ø: 2.534
Schnitt mit Zweipunkteregel: Remis: 31.00%
Tore ø: 2.632
Schnitt mit Dreipunkteregel: Remis: 29.66%
Tore ø: 2.601
In der zweiten Liga hätten die Unentschieden also tatsächlich leicht nachgelassen . Wobei: in der Summe sind es 12 Spiele von 918, die an Unentschieden eingespart wurden; dies wäre vernachlässigbar oder auch schlicht anderen statistischen Schwankungen unterworfen; sprich: der Statistiker würde diese Abweichung als zufällig einstufen müssen und nicht etwa auf eine Regeländerung zurückführen können.
Der Torschnitt ist ohnehin nicht angestiegen in der Zeit, so dass zumindest dieser (unterstellt erhoffte) Teileffekt nicht eingetreten ist.
Auch hier alternativ etwas jüngere Beispiele:
2015: Remis: 31.69% Tore ø: 2.493
2016: Remis: 28.10% Tore ø: 2.640
2017: Remis: 28.75% Tore ø: 2.486
Auch diese Beispiele belegen: es hat sich nichts bewegt. Der Schnitt an Toren etwas geringer in letzter Zeit. Unentschieden eher etwas angestiegen, also das Gegenteil der erhofften Wirkung.
Im Sinne eines „Indizienbeweises“ sollte dies zunächst mal ausreichen. Es hat sich nichts getan, auf keinen Fall etwas in die erwünschte Richtung.
Man möge abschließend noch diese Punkte ins Kalkül ziehen: die Regel, drei Punkte für einen Sieg zu vergeben ist ungerecht. Man sprach früher von „Punkteteilung“, was für ein ausgekämpftes durchaus ansehnliches Spiel mit einem 2:2, 3:3 einen angemessenen Lohn versprach. Man hat sich fair und offensiv bekämpft, es gab jede Menge Action, es gab Tore, wechselnde Führungen, Drama und Spannung. Am Ende kamen beide auf die gleiche Torsumme, durch puren Zufall. Man konnte sich bei Abpfiff gerade in die Augen schauen, sich gegenseitig gratulieren zu einem tollen Spiel, die Fans standen vielleicht sogar und applaudierten beiden Teams fair.
Falls es in diesem Szenario bei drei Punkten für den Sieger heute so ausgeht, wären irgendwie beide zumindest zu einem Viertel die Verlierer. Beiden fehlte in der Endabrechnung ein halber Punkt zu all jenen Teams, die in zwei ähnlichen Duellen jeweils einmal gewonnen und einmal verloren hätten. Auch die Zuschauer wären mit ihrem Beifall etwas verhaltener, da sie auch spürten, dass es zwar ein tolles Spiel war, so wie vorher auch, aber dass beiden nun etwas fehlt. Auch die Kommentatoren erkennen dies, indem sie nach dem Spiel sagen: „Ein Punkt, der keinem so recht weiter hilft.“ Nagel auf den Kopf – aber die Ungerechtigkeit daran nicht erkannt. Einzig der Unsinn der Regel ist dafür verantworlich.
Auch die Tabellenbilder sind seit der Einführung der Regel immer auf eine Art schief. Wie schön war es doch früher, mit Plus- und Minuspunkten? Da konnte man sich immer orientieren. Nur noch Pluspunkte ist gewöhnungsbedürftig – und der Gewöhnungseffekt hat sich nach so langer Zeit noch immer nicht eingestellt. Man nimmt es irgendwie hin – aber schön ist es nicht mehr.
Ein letzter Aspekt: falls zwei Mannschaften aufeinander treffen, im Ligaalltag, mit je einem Heim- und einem Auswärtsspiel, welche beide als Saisonziel einzige „Klassenerhalt“ ausgelobt haben, dann wäre es unter Umständen für sie ratsam, eine Absprache zu treffen: „Ihr gewinnt das Hinspiel, wir gewinnen das Rückspiel. Dann haben wir beide drei Punkte aus den direkten Duellen und einen kleinen Vorteil gegenüber der Konkurrenten, die vielleicht in Hin-und Rückspiel unter Aufbietung aller Kräfte jeweilse nur ein Unentschieden herausholen, jedoch dafür nur je zwei Punkte auf ihr Konto bekommen.“ Ein Narr, wer Schlechts dabei denkt.
Fazit : es gibt Ungerechtigkeiten, hässliche Tabellenbilder, einen hauchzarten „Manipulationsverdacht“, zumindest die eröffnete Möglichkeit das zu tun.
Es gibt weiterhin diesen Missstand der mangelnden Action in einem Fußballspiel. Es gibt zu weinge Tore und zu wenige Ereignisse, die Tore versprechen. Die Mentalität, an einem Punkt, am Unentschieden, an dem festzuhalten, was man hat, hängt vor allem damit zusammen. Im Handball würde man doch selbst eine Minute vor Schluss nicht auf die Idee kommen, „auf Remis zu spielen“? Der beobachtete Missstand schreit dringend danach, beseitigt zu werden. Das wurde (irgendwann und irgendwo denn doch…) mal erkannt. Die Dreipunkteregel einzuführen erlaubt in etwa diesen Vergleich: man gibt einem AIDS-Patienten ein Fieber senkendes Mittel. Da geht zwar nicht mal das Fieber runter, aber wenn es das täte, hätte man ihm auch nicht geholfen.
Die Dreipunkteregel ist ein nachweislich völlig untaugliches Mittel, den Fußball attraktiver zu gestalten. Zurück zur Zeipunkteregel, um zumindest erst einmal wieder für Gerechtigkeit zu sorgen. Das Tor- und Ereignisarmuts Problem muss auf andere Art – Vorschläge dazu reichlich an anderer Stelle – behoben werden.