Bewertungssysteme sollen im Allgemeinen dazu dienen, Spielstärken ins Verhältnis zu setzen nach allseits akzeptierten, festen und nachvollziehbaren Regeln. Das ist dem begreiflichen Wunsch nach der Messbarkeit von einzelnen Teilnehmern bei einer Sportart geschuldet. Man will einfach sehen, wo man selber steht, wo die eigene Mannschaft steht oder auch wer gerade die Nummer 1 auf der Welt ist.
Ein Bewertungssystem muss nach Möglichkeit drei Kriterien erfüllen: 1. Die Kriterien zum Erstellen der Rangliste selber müssen möglichst verständlich und nachvollziehbar sein. 2. Die Rangliste muss möglichst gut die Realität widerspiegeln. Wer besser ist, steht auch höher. 3. Die Rangliste muss leben und sich bewegen, es geht, je nach Ergebnissen, auf und ab, bei Jugendlichen meist auf…
Zu 1: Es gibt viele Ansätze und Versuche, das hinzubekommen. Häufig bleiben die Kriterien aber rätselhaft oder auch offensichtlicher Unsinn. Ich untersuche dazu ein paar Ranglisten aus verschiedenen Spielen und Sportarten, um das im Einzelnen aufzuzeigen.
Zu 2: Das ist auf jeden Fall das Wichtigste Kriterium, wie ich finde. Wie gut es allerdings gelingt, möge man ebenfalls anhand der Beispiele ablesen.
Zu 3: Unter den Kriterien ist es das Empfindlichste und am wenigsten geprüfte Kriterium. Logisch ist, dass man für gute Resultate eine Belohnung in Form eines Aufstiegs in der Rangliste haben möchte (über schlechte denken wir mal kurz nicht nach). Das soll auch so sein, selbstverständlich. Nur: Die Art und Stärke der Anpassung auf Ergebnisse ist meist nicht verifiziert, ich würde sogar sagen in der Regel willkürlich.
Für mich das entscheidende Kriterium für die Qualität einer Rangliste wäre ihre Eignung als Prognosesystem. Die existierenden Ranglisten, so behaupte ich, sind zu meist wenig bis gar nicht dazu geeignet. Sie sind häufig nur Zahlenspielereien. Man schaut darauf und amüsiert sich.
Ich untersuche im Folgenden ein paar der in der Praxis verwendete Ranglistensysteme. Wenn Sie sich auch ein Bild machen wollen?
Bei ausreichender Geduld gibt es als Belohung übrigens abschließend das allgemeingültige, für alles anwendbare, Flächen deckende, optimale, ausgereifte, perfekte System: Das Pauli System. Und: Meine Adresse halte ich geheim, damit Sie nicht gleich die Männlein in den weißen Kitteln…
- Bridge
Beim Bridge werden einfach nur Punkte aufaddiert. Man kann Clubpunkte oder Masterpunkte sammeln. Je mehr man spielt, umso mehr Punkte kann man machen. Also sind die Ranglisten im Prinzip wertlos. Sicher hat es ein guter Spieler leichter, viele Punkte zu sammeln, weil er häufiger vorne liegt. Aber viel spielen hilft auch. „Viel spielen“ ist für mich aber nicht unbedingt ein Kriterium für „gut spielen“. Es wäre also Zeit, dort ein gutes System einzuführen.
Und: Ich muss mir dringend abgewöhnen, über Dinge zu reden, von denen ich gar keine Ahnung habe. Ich weiß, was Sie sagen wollen: Im Unterschied zu denen, von denen ich nur keine Ahnung habe.
- Fußball
Beim Fußball gibt es die FIFA Rangliste. Es ist weitaus mehr als nur eine kleine Spielerei, da aus ihr mittlerweile bereits Setzlisten abgeleitet werden. Ich habe mir den Spaß erlaubt, mal die offizielle FIFA Rangliste vom 8.10.2008 aus dem Internet herauszukopieren. Hier die Rangliste:
1 Spanien 1.565
2 Italien 1.339
3 Deutschland 1.329
4 Niederlande 1.295
5 Kroatien 1.266
6 Brasilien 1.252
7 Argentinien 1.230
8 Tschechien 1.134
9 Portugal 1.120
10 Türkei 1.033
11 Frankreich 1.019
11 Russland 1.013
13 Rumänien 1.007
14 Kamerun 999
15 England 991
16 Schottland 976
16 Bulgarien 976
18 Griechenland 896
19 Israel 874
20 Ghana 864
Sicher, die Bewertungskriterien sind allesamt objektiv korrekt und nachvollziehbar, davon gehe ich aus, kein Zweifel. Und ich habe nicht die leiseste Ahnung von Ironie. Aber dürfte ich trotzdem ein paar kleine Anmerkungen machen? Danke:
Zunächst mal: Ist es die Absicht, die Spielstärken abzubilden? Eigentlich müsste man das doch annehmen, oder? Ich würde mir nur wünschen, dass die FIFA demnächst selber Quoten nach diesen Ranglisten erstellt und dann kann man da wetten.
Bei aller Wertschätzung für Kroatien: Ich würde bei der nächsten Weltmeisterschaft erstmal blind bei der FIFA wetten, dass Brasilien besser abschneidet. Hören Sie mir zu, Herr Platini? Bitte, bitte, eine kleine Wette nur, 10000 Euro oder so? Geht das?
Ich nehm auch Frankreich gegenüber der Türkei oder England gegenüber Kamerun. Darf ich?
Ich muss einfach die Bewertungskriterien in Zweifel ziehen. Wenn dass das Beste ist, was die Herren Offiziellen herausbekommen konnten? Am Wettmarkt kann man damit nicht bestehen.
Bedauerlicherweise werde ich kaum darauf wetten können. Die Rangliste wird erstellt, womöglich kann ich sogar die Kriterien einsehen, nach denen sie erstellt wird. Trotzdem weiß quasi jeder, dass es eigentlich nur eine Zahlenspielerei ist. Dennoch gibt es auch damit inzwischen ein ernstes Problem: Diese sowie auch die Rangliste der Nationen mit ihren Erfolgen in den europäischen Clubwettbewerben werden mittlerweile teilweise verwendet für Auslosungen oder Setzlisten. Wenn sie also nicht stimmen oder einfach schlecht sind, gibt es irgendwann tatsächlich Benachteiligungen (es gibt sie bereits, nur gibt es bisher kein besseres System).
- Tennis
Beim Tennis ist die Rangliste schon wesentlich besser. Wenn man irgendwann hört, dass Federer die Nummer 1 ist in der Rangliste, dann kann man schon davon ausgehen, dass er der beste Spieler ist. Da wurde wohl etwas mehr investiert (oder war das nur Glück?). Dennoch kennt man das Kuriosum: Ein Spieler hat vor einem Jahr ein sehr gutes Turnier gespielt. Er nimmt im folgenden Jahr nicht daran teil. Die Punkte werden gestrichen nach 12 Monaten. Er rutscht in der Weltrangliste um 12 Plätze ab, ohne überhaupt einen Ball gespielt zu haben. Objektiv und korrekt? Ich darf auch hier Zweifel anmelden.
- Schach: Das Elosystem
In der ersten Hälfte des vorigen, 20. Jahrhunderts, gab es einen Herrn Arpad E. Elo, einen nach USA emigrierten ungarischen Physik Professor, der sich Gedanken gemacht hat, wie man Spielstärken beim Schach messen könnte, und zwar möglichst genau. Er hat das bis heute verwendete Elo-System im Schach bereits 1949 eingeführt, welches das bis dahin verwendete System eines gewissen Kenneth Harkness nach und nach ablöste.
Wie gut dieses System gegenüber den anderen, oben erwähnten, ist, lässt sich schon an der Tatsache ablesen, dass das System heute angewendet wird auf verschiedene andere Spiele und Sportarten (Go, Baseball, auch andere Teamsportarten).
An dieser Stelle spare ich mir die ausführliche Untersuchung dieses Systems. Es ist das beste praktisch verwendete auf einer mathematischen Basis. Dass es auch hier ein besseres gibt, welches im Vergleich mit dem Elo-System und dessen trotzdem vorhandenen Schwächen untersucht wird, kann man im Kapitel „Elo-Pauli“ nachlesen.