Die Regel müsste umbenannt werden in „Kleinere Nachteilsregel“. Warum? Ein „Vorteil“ wäre dann gegeben, wenn die durch den Vorteil entstehende Situation der Situation überlegen wäre, welche ohne ein Vergehen entstanden wäre. Am besten erklärt man das am Beispiel: ein Konterangriff läuft. Sehr gut, wollen wir sehen. Schnelles Umschalten. Der Gegner erkennt die Gefahr und foult den den Ball nach vorne treibenden Spieler. Dieser lässt sich jedoch von einer kleinen Behinderung nicht aufhalten, reißt sich los, läuft weiter, mit Ball am Fuß. Nun zeigt der Schiedsrichter, absolut den Regeln entsprechend, einen „Vorteil“ an. Das Spiel läuft weiter, die Situation ist günstig, die angreifende Mannschaft ist dankbar. Man nennt es „Vorteil“. Aber ist es auch tatsächlich einer?
Hier nun die Auflösung: die Alternative, einen Freistoß zu geben, wäre tatsächlich ein Nachteil. Denn: die Situation ist TROTZ des Foulspiels günstiger als die, welche man durch einen Freistoß erhalten hätte. Insofern hat sich der Begriff „Vorteil“ eingebürgert. In Wahrheit ist es jedoch nur die Entscheidung für den KLEINEREN NACHTEIL. Denn: OHNE das Foulspiel — welches offensichtlich erkannt wurde — wäre die Situation eindeutig günstiger gewesen. Es ist oft nur ein Schritt, ein Meter, den man durch die Behinderung als Angreifer einbüßt. Aber es ist eben ein Nachteil. Man wäre lieber NICHT gefoult worden und hätte so noch einen Meter oder eine Zehntelsekunde mehr auf dem Weg zur möglichen Torerzielung.
Insofern ist jede der als Vorteil ausgelegten Spielsituationen tatsächlich nur die Entscheidung zum kleineren Nachteil. Der Name ist falsch gewählt. Würde man jedoch den richtigen Namen aussprechen, dann würde es offensichtlich werden. Das allgemeine Denken ist gegen die Tore ausgerichtet.
Die Frage wäre, warum die angreifende Partei nicht nur an dieser Stelle mit sich mehr und mehr anhäufenden kleinen Nachteilen abfinden soll? Warum denkt man nicht um und denkt zugunsten der Angreifer, zugunsten des Torerfolgs, zugunsten des Spektakels, zugunsten des Fußballs, zugunsten der Zuschauer?
Natürlich gibt es auf alles eine Antwort, auch darauf, warum sich das (falsche) Denken so sehr eingeschlichen hat. Auch auf die Frage, was die Alternative wäre. Diese ist jedoch recht einfach: sobald der Schiedsrichter einen Vorteil anzeigt, so sollte dies auch einer sein. Er erkennt also, dass es ein Nachteil wäre, wenn er nun unterbrechen würde, also lässt er die Spielsituation laufen. Richtig so. Sollte jedoch der Angriff nicht zum Torerfolg führen, so erhält die angreifende Mannschaft erneut den Ball, gerne auch nur an der Stelle des Vergehens. Es reicht aus: man hätte die Angriffssituation ohne Unterbrechung, wenn diese nichts ergibt, kann man es noch einmal versuchen. Im Eishockey gibt es die Regel, vollkommen schlüssig und seit vielen Jahrzehnten im Einsatz. Warum sollte das im Fußball nicht möglich sein? Die Umsetzung wäre, im Gegensatz zu vielen anderen, sehr einfach. Und: sie würde alles begünstigen, was dem Fan Spaß macht. Vor allem der Gerechtigkeit, aber natürlich auch dem Torspektakel.