Nun ist heute, am 2. November 2010, die 1. Fußball Bundesliga wieder gut unterwegs, nach der mittlerweile gespielten 10. Runde, und zieht den Fan Woche für Woche in den Bann. Es gibt wie immer etliche viel und heiß diskutierte Fragen. Es gibt ein paar Fehlstarts und ein paar positive Überraschungen zu beobachten. Dazu gibt es zum Beispiel die Frage, ob die WM sich positiv ausgewirkt hat, ob die Deutsche Liga im Internationalen Vergleich Boden gut gemacht hat, ob sie spannender ist im Vergleich zu anderen Ligen und ob dies Rückschlüsse auf ihre Qualität zulässt.
Eines bleibt aber unzweifelhaft: Die Spannung wird durch die Vielzahl der empfundenen Überraschungen erheblich gesteigert. Man will es einfach wissen, ob die Bayern sich doch noch ganz nach oben bewegen können, ob Schalke hinten rauskommt oder der Mainzer Höhenflug anhält. Ob dies nun vom Ausland geneidet wird oder nicht, ein solcher Umstand steigert die Motivation, sich den nächsten Spieltag, vielleicht das nächste Spiel live im Stadion, wo immer man am liebsten hingeht und welches erreichbar ist, anzuschauen. Sky-Abonnenten können im Einzelspiel sich auf den Auftritt des Lieblingsclubs freuen oder, alternativ, die Konferenzschaltung durchlaufen lassen. Der „gewöhnliche“ Fußballanhänger kann sich weiterhin auf die Sportschau, Samstag und Sonntag, mit Bildern von den Spielen freuen, mit Interviews oder Analysen von kritischen Schiedsrichterentscheidungen, mit den neu eröffneten oder beendeten Trainerdiskussionen oder der neuen Tabellensituation. Ein jeder kann zusätzlich das Erscheinen der Tageszeitungen oder der Fachmagazine abwarten, um auf diesem Wege ganz dicht am Geschehen dran zu bleiben und ja nichts an Informationen zu verpassen. Die Bundesliga ist das liebste Kind der deutschen und ein solch toller WM-Auftritt wie der 2010 in Südafrika kombiniert mit einem so unglaublichen Saisonstart hat reichlich Wasser auf diese Begeisterungs-Mühlen gegossen. Für jeden Journalisten müsste ein solcher Verlauf ein gefundenes Fressen sein, die Medien müssten dankbar sein.
Eine Frage aber, die vielleicht die spannendste von allen ist, die sogar per Umfragen erörtert wird, die täglich an tausenden von Tresen heiß diskutiert (und kalt begossen) wird, die Woche für Woche natürlich durch eintretende Ergebnisse Veränderungen erfährt, hat in ihrer Erörterung einen entscheidenden, aber behebbaren Makel. Die Frage zunächst lautet:
Wer wird Deutscher Meister?
Der Makel ist jener, dass es immer nur eine Antwort darauf geben soll. Jeder Experte oder Möchtegern kann dazu seinen Tipp abgeben, kann seine Meinung mehr oder weniger ausführlich und fundiert dazu abgeben, jedoch wird es immer eingeschränkt auf die eine Antwort, auf die man sich festzulegen hat. Natürlich lehrt die Erfahrung, dass es mit Ausnahme der offen gebliebenen Meisterentscheidung von 1922 tatsächlich immer nur genau einen Meister gab, jedoch gäbe es dennoch zu jedem Zeitpunkt noch Zweifel über den letztendlichen einzigen Sieger.
Diese Zweifel finden sozusagen eine mathematische Berücksichtigung, sobald man sich mit den Chancen der einzelnen Teams ernsthaft zu beschäftigen beginnt. Die Frage „Wer wird Deutscher Meister“ müsste an sich ersetzt werden durch die viel weniger prophetische, aber dennoch gerade deshalb realistische „Wer hat wie große Chancen auf den Titel Deutscher Meister in dieser Saison“.
Umformuliert, wenn auch weniger plakativ: Wie hoch sind die Wahrscheinlichkeiten für die am Wettbewerb teilnehmenden Chancen? Wie groß heute, wie groß nach dem nächsten Spieltag? Eine Fragestellung, die nach Beantwortung schreit.
Eine Antwort darauf kann von einem eigens entwickelten Simulationsprogramm geliefert werden. Eine Faszination hätte dies garantiert für Leser/Hörer/Zuschauer, in allen Richtungen. Die zu bedenkende Frage wäre vielleicht jene der Glaubwürdigkeit, der Zuverlässigkeit der Simulation. Jedoch könnten auch diese Zweifel nach und nach verringert werden, sofern man wöchentlich aufs Neue die berechneten, aber jeweils durch die Ergebnisse des ausgetragenen Spieltags veränderten Zahlen, anschaut.
Zur Überprüfung der Zahlen oder als weitere Spielerei könnte angeboten werden, den jeweiligen vom Computer per Simulation ermittelten Wahrscheinlichkeiten die Quoten, mit denen die Mannschaften am Wettmarkt gehandelt werden, gegenüber zu stellen.
Hier als Beispiel, welche Chancen der Computer nach 10 Spieltagen der Saison 2010/2011 in einer Simulation mit 1000 Durchläufen (welche keine 5 Sekunden dauern) produziert hat:
Dortmund | 571 | 57.10% | 1.75 |
Bayern | 154 | 15.40% | 6.49 |
FSV Mainz 05 | 83 | 8.30% | 12.05 |
Leverkusen | 74 | 7.40% | 13.51 |
TSG Hoffenheim | 45 | 4.50% | 22.22 |
Werder Bremen | 30 | 3.00% | 33.33 |
VfL Wolfsburg | 21 | 2.10% | 47.62 |
Hamburger SV | 20 | 2.00% | 50.00 |
Frankfurt | 1 | 0.10% | 1000.00 |
1. FC Nürnberg | 1 | 0.10% | 1000.00 |
1000 | 100.00% |
In der ersten Spalte die Anzahl der Meistertitel bei den 1000 Versuchen, in der nächsten dies ausgedrückt in Prozent, in der letzten die Marktgerechten Quoten, die sich als der Kehrwert der Wahrscheinlichkeit darstellen. Logischerweise ist ein sehr seltenes Auftreten wie die Meistertitel von Nürnberg und Frankfurt, die es je einmal schafften, nur „Ausrutscher“. Eine realistische Chancenabschätzung erhält man durch die Angabe von 1/1000 nicht. Dazu benötigte man wesentlich mehr Simulationen. Zugleich könnten andere Mannschaften, die hier nicht aufgeführt sind, ebenfalls eine Chance, vielleicht sogar eine höhere, haben.
Für den Computer ist Dortmund also recht klarer Favorit. Sie werden immerhin zu 57.1% Meister. Für die Bayern ist der Rückstand doch trotz (auch vom Computer) anerkannter höherer Qualität so groß, dass sie zwar immerhin recht unangefochten die zweitgrößte Chance haben, jedoch mit nur 15.4% einen ziemlich klaren Rückstand auf Dortmund.
Anmerkung: Die Simulation basiert auf sehr realistischen, Parametern und einem einwandfreien Algorithmus, der gerne zur Überprüfung oder Bestätigung erläutert werden könnte.
Der Vergleich mit dem Wettmarkt ergab folgende, an der Wettbörse betfair (www.betfair.com) am heutigen Tage gehandelte Kurse:
Dortmund | 407 | 40.65% | 2.46 |
Bayern | 317 | 31.75% | 3.15 |
FSV Mainz 05 | 63 | 6.25% | 16 |
Leverkusen | 100 | 10.00% | 10 |
TSG Hoffenheim | 38 | 3.85% | 26 |
Werder Bremen | 15 | 1.54% | 65 |
VfL Wolfsburg | 20 | 2.00% | 50 |
Hamburger SV | 51 | 5.13% | 19.5 |
Frankfurt | 6 | 0.59% | 170 |
1. FC Nürnberg | 2 | 0.17% | 600 |
1019 | 101.91% |
Anmerkung: Die am Wettmarkt gehandelten Zahlen stehen in der letzten Spalte. Diese wurden zuerst eingetragen und daraus die Wahrscheinlichkeiten und die theoretisch zugrunde liegende Anzahl der Titelgewinne bei 1000-maliger Durchführung herausgerechnet, um die Werte mit den Computerzahlen vergleichbar zu machen.
Offensichtlich schätzt der Markt die Chancen von Bayern München höher ein als der Computer. Natürlich ist oftmals ein einziges Ergebnis für so eine Einschätzung verantwortlich, es muss nicht gleich „Massenintelligenz“ sein. Bayern erzielte am Freitag 4 Tore gegen Freiburg, nachdem sie zuvor nur 8 Tore in 8 Spielen erzielt hatten, also, so vielleicht eine intuitive Einschätzung, kommen sie jetzt „ins Rollen“. Dazu spekuliert man vielleicht auf eine lange Rückrunde (ebenso intuitiv) und zieht die Rückkehr von Robben und Ribery ins gefühlsmäßige Kalkül. Na, Respekt ist ihnen auf jeden Fall entgegen zu bringen, ebenso intuitiv, was einen Computer aber einfach nicht juckt.
Dies ist wohl die Hauptabweichung Computer gegen Wettmarkt. Die höhere Einstufung der Bayern geht komplett zu Lasten Dortmunds, bei den anderen Mannschaften ergeben sich nur kleinere Abweichungen.
Eine vom Computer empfohlene Wette wäre nun, Borussia Dortmund auf den Titelgewinn zu wetten.
Wie dürften sich diese Zahlen wohl nach dem nächsten Spieltag entwickeln? Wie reagiert der Computer, wie der Wettmarkt?
Derartige Einschätzungen könnten in wöchentlicher Form präsentiert werden, so dass die Entwicklung der Zahlen als zusätzliches Spannungselement im Vergleich zu einer einmaligen Ansicht hinzukommt.