Die Bedeutung von Glück und Pech in der Berichterstattung
Jeder Freund des Fußballs dürfte es während der Beobachtung eines Spiels spüren, dass der Ausgang eines einzelnen Spieles von etlichen kleinen Faktoren abhängt, die man getrost unter die Rubrik „Glück oder Pech“ packen könnte. Es ist zu oft so, dass eine Torchance hüben um Millimeter verpasst wird und drüben eine vielleicht viel geringere Chance zu einem Tor führt. Es kann sich gar akkumulieren, dass eine Mannschaft eine Vielzahl von Chancen vergibt, die andere aber eine der wenigen nutzt.
Hinzu kommen die zahlreichen engen Schiedsrichterentscheidungen, die in entscheidenden Momenten nicht immer ausgewogen ausfallen können. Es gibt kaum ein Spiel, bei dem es nicht im Nachhinein einige Entscheidungen gibt, die zumindest als diskussionswürdig erachtet werden, sicher die meisten davon in Situationen, die Spiel entscheidenden oder zumindest vorentscheidend Charakter haben. Diskutiert werden meist nur solche im Zusammenhang mit Torsituationen stehend, bei denen der Charakter „(vor)entscheidend“ offensichtlich ist, in dem Sinne, dass ein Tor daraus entstehen könnte oder ein Treffer anerkannt wurde, welchem ein im Nachhinein aufgedeckter Makel anhaftet. Tore treten selten auf (knapp unter drei Mal pro Spiel als Richtwert) und ein einzelnes kann bei den meist engen Spielständen somit ein Spiel entscheiden oder, häufig genug, die Richtung vorgeben.
Es kann sich, in weniger entscheidender aber noch immer relevanter Weise um gelbe, gelb-rote oder rote Karten handeln. Einsichtig dürfte auch sein, dass ein fälschlicherweise zugesprochener Freistoß hier oder ein untersagter Pfiff dort einen Einfluss hat, selbst wenn es „nur“ um den Ballbesitz ginge.
Zusammengefasst: so gut wie in jeder Aktion gibt es Kleinigkeiten, die einen nicht eigens steuerbaren Charakter tragen, und somit zumindest den Zusatz der Zufälligkeit verdienen. Es gäbe keinen Grund, anzunehmen, dass sich dies im Verlaufe einer Saison (vollständig) ausgleichen sollte, noch viel weniger jedoch in einem einzigen Spiel.
Otto Rehhagel fasste das einmal so zusammen: „Fußball ist ein Spiel, in dem es um wenige Millimeter und Bruchteile von Sekunden geht.“ Genau so stellt sich fast jede Spielsituation dar. Es ist immer sehr eng, Gelingen oder Misslingen einer Aktion von Zufälligkeiten bestimmt. Eine Art von “Zwangsläufigkeit” dort hinein zu bekommen ist sowohl nicht wünschenswert als auch nicht den Gegebenheiten entsprechend. Warum nicht wünschenswert? Weil eine hohe Vorhersehbarkeit eines Spielausganges (eines Ausgangs eines gesamten Wettbewerbs) gar nicht die Massen so in den Bann ziehen könnte, in die Stadien locken, vor die Bildschirme.
Die Ausnahme, dass ein Ballbesitz in einen Torerfolg mündet tritt sehr selten ein, so dass jeder, der ein Tor kassiert logischerweise an etlichen Stellen dieser Situation nachgehen kann und den Moment aufzuspüren sucht, an dem es noch ganz leicht gewesen wäre, aus der heiklen Lage, in die man letztendlich geriet, herauszukommen. Möglich, dass der Trainer einen „Fehler“ entdeckt, aber auch gerne der betreffende Spieler selber, der vielleicht für den Ballverlust in der Vorwärtsbewegung sorgte, der in einer bedrängten Situation den Ball nicht einfach auf die Tribüne kloppte sondern den Versuch zu unternahm, sich spielerisch zu befreien, der Verteidiger, der vielleicht ohne Not seine Position aufgegeben hat und der nicht rechtzeitig zurückeilte, eventuell tatsächlich seinen Gegenspieler für einen Moment aus den Augen verlor oder sich im Zweikampf ungeschickt verhielt und diesen verlor, im Extremfall gar ein Foul unterließ, welches in der bedrohlichen Lage den einzigen Ausweg dargestellt hätte.
Entscheidend bleibt aber eines: Ein Tor fällt sehr selten und es müssen etliche Umstände zusammen kommen, damit der Ball einschlägt. Die Elemente sind so vielfältig und die Tore so selten, dass es an sich direkt offensichtlich wird, dass es die Faktoren gibt, die unter die Kategorie “zufällig” gehören : des einen Glück, des andern Pech.
Es kann sogar passieren – wie jüngst in England geschehen –, dass ein Luftballon die Flugbahn des Balles entscheidend verändert und er dadurch einschlägt! Das Tor wurde anerkannt und trotz länglicher Diskussionen im Anschluss das Spiel nicht wiederholt. Ein Präzedenzfall?
Vergleichbar damit natürlich das Papierkügelchen bei Werder gegen HSV. Verantwortlich für einen Eckball, welcher zum Tor führte.
Eine weitere kleine Facette von Glück und Pech: es kommt gelegentlich vor, dass eine Aktion deshalb gelingt, weil sie eigentlich unvollkommen ausgeführt wird. Ein einfaches Beispiel wäre: ein Stürmer peilt bei einem Schuss die linke Ecke an, der Torwart erahnt das und wäre dafür präpariert. Nur trifft der Stürmer den Ball nicht richtig, nicht wie geplant, und der Ball geht ins rechte Eck. Dieses war jedoch “zufällig” oder gar “glücklicherweise” nicht besetzt.
Selbstverständlich wäre es ein Irrtum, alles daran festmachen zu wollen. Es gibt durchaus Differenzierungen in den Leistungen und es gibt eine Vielzahl von verdienten Siegen. Es soll keineswegs den Verlierern ein jederzeit einzusetzendes Argument an die Hand gegeben werden, womit man die Augen vor offensichtlichen Mängeln verschließt. Es gibt Unterschiede und das ist auch gut so. Es gibt eine vorher besser eingeschätzte Mannschaft, die ein Spiel dominiert und gewinnt. Es gibt eine vorher besser eingeschätzte Mannschaft, die ein Spiel dominiert – aber verliert. Es gibt eine vorher besser eingeschätzte Mannschaft, die im Spiel selbst gar nicht überlegen ist und dennoch gewinnt. Es gibt eine bessere Mannschaft, die im Spiel selbst die schwächere Mannschaft ist und tatsächlich verliert. Und jede Menge anderer Möglichkeiten, was so alles passieren kann. Zum Beispiel: ein Unentschieden?
All dies sollte man bitte stets im Auge behalten. Was jedoch keineswegs bedeuten soll: alle sind gleich gut und der Zufall entscheidet. Er ist ein Element. Das sollte anerkannt werden und in eine Spielanalyse einbezogen werden.
Selbst wenn es also im Grunde jeder spürt oder, dieser Argumentation hier folgend, sofort akzeptieren würde:
In der hiesigen Berichterstattung wird diese Tatsache fast komplett ignoriert, ausgeblendet. Man darf erst an allerletzter Stelle auf diese Faktoren zurückgreifen, wenn überhaupt. Der Trainer der Verlierermannschaft, der darauf verweisen möchte und die Situationen herausstellt, die in genannter Art gegen seine Mannschaft standen, einschließlich der Schiedsrichterentscheidungen, “macht es sich zu einfach” und “übersieht die zahlreichen Mängel” oder “möchte sich den Misserfolg schön reden” oder “sucht Ausflüchte”.
Hat er denn die Fehler nicht selbst erkannt? Ist die Chancenverwertung denn kein Qualitätsmerkmal? Hatte die Mannschaft nach dem durch eine zweifelhafte Schiedsrichterentscheidung ermöglichte Gegentor nicht noch genug Zeit, um das zu korrigieren? Was sollen billige Ausreden von Pech für sich oder Glück für die Anderen?
Nein, von Glück und Pech reden nur Laien, so die gängige, vorgegebene Ansicht. Man darf es nicht so nennen, selbst wenn es offensichtlich wäre. Ganz selten hört man dieser Tage denn doch mal jemanden, der es wagt, im allerletzten Nebensatz, nachdem er alle anderen eigenen Mängel und Versäumnisse “aufgedeckt” hat (was hier nur bedeuten kann: den Medien zu Munde geredet hat) : “Letzendlich hat uns vielleicht auch ein wenig das Glück gefehlt.” An dieser Stelle hat er dann alle Voraussetzungen geschaffen, dass er NICHT zum Laien erkoren wird.
Wenn man nur einen kurzen Augenblick darüber nachdenken mag, wie fad die Erkenntnis nach jedem noch so dramatischen Spiel mit allem Hin und Her und Rauf und Runter klingen mag, die da stets vorgeben soll: „Letztendlich war der Sieg dieser Mannschaft verdient, weil…“ Es ist nicht nur fad, es ist an sich direkt danach auch abgehakt. Was will man denn danach noch fragen? „Ja, äh, verdient, und das war alles?“ „Ja, verdient, die einen haben ihre Chancen reingemacht, die andern nicht, fertig.“ Es gäbe so viel mehr, was einen an einem Spiel und einer Nachbetrachtung interessieren könnte und auf was man eingehen könnte.
Die Aufbereitung eines Spieles verkommt dazu, dass jeder Sieg erklärt wird mit einer beliebigen Pallette von Standardphrasen, die in ihrer Bauart unsymathisch, aber zugleich die Sachverhalte eher verschleiern als zu erhellen geeignet sind. “Chancen nicht genutzt = Abschlussschwäche”. “Gegner selbst eingeladen zu den Gegentoren”. “Zu viele individuelle Fehler”. “Im Kollektiv versagt.” Man könnte diese Sätze sehr gekonnt und nicht weniger treffend übersetzen in “Blablabla”. Es kommt nichts dabei heraus, rein gar nichts, was einem helfen könnte. Abgesehen davon, dass ein klein wenig Emotion an jeder Stelle gut tun würde. Ein Mitfühlen mit einem unglücklichen Verlierer vielleicht? Nur müsste man dazu anerkennen, dass es so etwas überhaupt gibt…
Es würde eine solche Erleichterung darstellen, wenn man das, was offensichtlich ist, einfach aussprechen dürfte. Die Trainer — die wirklich brillante Analytiker sind –dürften nach einem Spiel, ohne rot zu werden, ohne die Gefahr, sich dem Vorwurf einer „billigen Ausrede“ auszusetzen, sagen, dass das Ergebnis heute unglücklich war, an dieser oder jener Stelle das Pendel auch zu ihren Gunsten hätte ausschlagen können. Die Reporter hätten, die Chance, eine Niederlage wohl begründet so zu erklären, einen Expertenstatus zu erlangen anstatt ihn, im Gegenteil, und wie sie wohl fürchten, einzubüßen. Sie müssten sich nicht sinnlos nach Fehleranhäufungen suchen – und nach ihrer Einschätzung derzeit stets fündig werden, ohne Nachvollziehbarkeit für Zuschauer oder Zuhörer. Man dürfte das Zustandekommen getrost den in dem Spiel enthaltenen Zufälligkeiten zusprechen und, sofern eine Mannschaft davon erkennbar profitiert, ihr das Glück zuzusprechen, welches dem Gegner fehlte. Der eine hätte vielleicht das “Glück des Tüchtigen”, welches man ihm so gar nicht versagen möchte, der Gegner hätte ein gewisses Bedauern verdient, bei welchem man ihm aber ein “toll gespielt – vielleicht klappt es ja nächstes Mal besser” auf den Weg geben könnte, somit ihn trösten und zugleich wieder aufbauen, als durchaus menschliche, aber zugleich sehr willkommene Komponenten. Anstatt, wie derzeit üblich, ihn in Grund und Boden zu stampfen. “Von denen kam heute gar nichts…”.
Zusammengefasst: Das Zulassen von Glück und Pech als verantwortlich für den Ausgang einzelner Szenen und ganzer Spiele hätte insgesamt diese etwa vier Vorteile:
- Es würde der Wahrheit viel näher kommen als das Forschen nach Ursachen zu betreiben, die in vielen Fällen gar nicht gegeben sind.
- es würde den Facettenreichtum des Fußballs zulassen, erkennen, aufdecken, plastisch machen
- die Kommentierung, sowohl Live als auch nach den Spielen wäre garantiert spannender, gerechter, angenehmer
- Der Zuschauer würde es unbedingt zu schätzen wissen.
Schon alleine Punkt 1 würde genügen, damit es Anerkennung zu finden hätte. Die anderen ergänzen dies nur in der Überzeugung, dass es sich so verhält und insofern beim Zuschauer ankäme.
Übrigens gäbe es noch eine Folgeerscheinung: Derzeit sind vor allem Trainer und Journalisten so ein bisschen wie Radfahrer und Autofahrer im Straßenverkehr oder gar, wie es Loriot erkannte, wie Männer und Frauen: die passen einfach nicht zusammen.
Sowie die Journalisten das Verständnis von Glück und Pech aufnehmen würden in die Palette ihres Fußballverstandes, hätten sie die Chance, den Trainern wieder näher zu rücken. Vielleicht könnten sie hier und da mal ein paar Wahrheiten herauskitzeln, welche dem Zuschauer das Trainerdasein tatsächlich näher bringen? Bei derzeitigem Stand der Feindseligkeiten geschieht dies nicht. Die Trainer bleiben freundlich lächelnd in aller Regel, weil sie die Macht der Medien kennen und genau wissen, dass die eigentlich angemessene Reaktion in Form von böswilliger Zurechtweisung gegen sie verwendet wird und sie dabei schlecht abschneiden. Nur haben sie ein erklärtes Ziel wenn im Interview befindlich: gut rüberkommen, schnell hinter sich haben. Eine Art Pflichtübung. Ins Plauern kämen sie nur, wenn sie den Gesprächspartner hochachten würden. Dafür gibt es jedoch keinen Anlass.
Einen Experten, der seinen Expertenstatus dadurch schützen möchte, dass er für alles eine Erklärung findet – selbst wenn der Zufall für jedermann erkennbar Regie führt –, büßt an Glaubwürdigkeit ein, anstatt daran zuzulegen. Dies wäre sozusagen eine “objektive” Folge.
Als letztes sei durchaus noch ein wenig Ursachenforschung betrieben, wie es hierzulande dazu kam. Die hier vertretenen Ansichten mögen erneut diesen kleinen Zusatz “gewagt” erhalten dürfen, sollen allein deshalb jedoch nicht vorenthalten werden. Ein wenig die Psychologie muss man dazu allerdings als Wissenschaft herbei bemühen – wobei die Argumentation hier sich nicht auf eine wissenschaftliche Form der Darstellung einlässt.
1954 gewann Deutschland, recht bald nach dem eigens angezettelten und verlorenen Krieg, die Fußball Weltmeisterschaft. Es herrschte ohnehin Aufbruchsstimmung, das Wirtschaftswunder war auf den Weg gebracht, die Menschen waren – neun Jahre nachdem das Land am Boden war – wieder positiv und optimistisch gestimmt. Der Titelgewinn leistete einen sehr erheblichen Beitrag zu dieser Stimmung.
Wenn man jedoch die zeitgenössiche Berichterstattung genauer verfolgt, dann dürfte man den Deutschen zumindest für dieses Finalspiel (“Toni, du bist ein Teufelskerl”) eine ganze Menge an Glück zugestehen. Nicht sie waren die bessere Mannschaft, nein, es waren die Ungarn. Dass man es hierzulande diesen Jungens so sehr gönnte, dass sie mit Herzblut, Leidenschaft und finaler Hingabe dieses Spiel bestritten haben, ihre Chance beim Schopf gepackt haben, dass Herberger ein exzellenter und für diese Truppe perfekter Trainer war und dass es vielleicht sogar im Ausland hier und da anerkannt und sogar gerne gesehen war, mag alles sein. Aber: sie haben das Glück gehabt, das sollte man auch für diesen fast allles in die Wege leitenden historischen Erfolg bitte so anerkennen und aussprechen dürfen.
Man darf genau so ruhig einen Moment bei den Verlierern verweilen, welche somit die Kerhseite dieser Glücksmedaille zu sehen bekamen: für sie und das Land eine Tragödie, welche noch sehr, sehr viele Jahre – und vielleicht bis heute – nachwirkte. Man kann Spiele so oder so verlieren und die Ungarn waren keineswegs schlechte Verlierer. Aber sie waren in dem Spiel die bessere Mannschaft, sie waren überhaupt die beste Mannschaft des Turniers. Wenn man so gerne vor einem Wettkampfstart die Worte hört “Möge der Bessere gewinnen”, dann verleihen sie zugleich der Hoffnung Ausdruck, dass doch bitte nicht zu sehr das Glück seinen Einfluss geltend macht. Es ist ein neutraler Satz, der aber irgendwie enthält, dass man sich nicht zu viel einseitig verteiltes Glück wünscht. Man will eine Unvorhersehbarkeit erhalten, damit es spannend bleibt, aber doch wünscht es dem Besseren (den Besten) , dass er sich am Ende durchsetzt. Es ist ein schöner Satz, ein frommer Wunsch, der allein schon dadurch, das Nichteintreten einkalkuliert. Man wünscht es sich, erkennt aber an, dass es auch anders kommen kann. So wie 1954.
Wie entstehen nun Legenden? Genau auf so etwas aufbauend. Deutschland ist Weltmeister, Deutschland wird Weltmeister. Und wenn es einmal nicht klappen sollte, dann ist das hierzulande jedermann vorenthaltenes “Glücksgefühl”. Eigentlich müsste man es immer werden. Entweder, weil man es verdient hat oder, wenn man es mal nicht verdient hätte, dann, weill man Anspruch auf dieses Glück hat – und es dadurch auch zugeteilt bekommt?
Wie auch immer: Deutschland hat bei großen Turnieren fast immer eine überragende Platzierung erzielt, im Grunde sich dabei insgesamt “über Wert” verkauft. Im Ausland so wahrgenommen: “la bestia negra”, die schwarze Bestie. Diese Bestie ist nicht zu besiegen. Selbst wenn sie klar schlechter sind in einem einzelnen Spiel: sie gewinnen. Wenn sie besser sind: sie gewinnen. Dies übrigens in Nachbarländern keinswegs eine Selbstverständlichkeit. Gerade, wenn es gegen Deutschland geht oder ging: man ist ebenbürtig oder sogar besser: man zieht den Kürzeren. Aber andere Nationen (siehe Ungarn) waren durchaus mal betroffen von unglücklichen Umständen, sind als bessere Mannschaft ausgeschieden. Das passiert den Deutschen nicht.
Logisch also, dass diese Art von “Gewinnergen” eingepflanzt ist, weiter vererbt wird. Jeder wird hier infiziert davon. Man erhält einen Anspruch auf einen Feiertag, wenn Deutschland spielt. “Heute spielt Deutschland – heute werde ich mit einem schönen Gefühl ins Bett gehen können.” Irgendwie werden die das schon hinbekommen.
Nun versteht man allmählich, warum man die Begriffe “Glück” und “Pech” einfach aus dem Sprachgebrauch entfernt hat? Wenn man sie hinnehmen, als teilausschlaggebend für Siege oder Niederlagen herbei bemühen würde: würde man damit nicht zeitgleich diese ganzen Glücksgefühle, von der Deutschen Mannschaft induziert, also fragwürdig empfinden? Wobei man durchaus die Begriffsgleichheit anmerken darf: Glücksgefühle, vielleicht doch von glücklichen Umständen mit ausgelöst?
Es gibt noch einen weiteren Aspekt: im Lande des (Dauer-)Welt- und Europameisters ist man so fachmännisch, weil man ja selbst ein klein wenig Weltmeister ist. Man weiß und kann einfach alles – spätestens nach seinem Eintreten erklären. Frankreich, England, Italien, alle tappen im Dunklen. Kein Wunder also, dass sie “gespannt” sind, wie ein Spiel ausgehen wird. Die spielen ja nun mal nicht auf Deutschen Niveau – wie nachgewiesen bei der letzten, vorletzten, vorvorletzten EM, WM. Demnach hat hier jeder Kommentator zu erkennen zu geben, dass er aus dem Lande des Weltmeisters kommt.
Das Fazit wäre dies: ein Sieg ist niemals ein glücklicher. Falls es so wäre, würde man die vielen Siege und Titel der Deutschen Nationalmannschaft in Frage stellen. Darauf ist die gesamte Berichterstattung aufgebaut, angelehnt an diese Erfolge, im Lande der Fußballweltherrscher, in dem jeder alles über das Spiel weiß. Mit Glück hat das nun wahrlich nichts zu tun!
Die Zusammenfassung dieses Kapitels recht schlicht: Die Begriffe “Glück” und “Pech” gehören zurück in den täglichen Sprachgebrauch der Sportberichterstattung. Auf dieser und auf jener Seite haben sie ihre Berechtigung und sind viel eher geeignet, das Geschehene auf den Punkt zu bringen. Es soll jedoch keineswegs andere Kriterien gänzlich unter den Tisch kehren und als jederzeit anerkannte Ausrede herhalten. Es heißt also nicht: es hat NUR der Zufall ein Spiel entschieden. Aber er hatte seinen Anteil.