Der Wettmarkt
Es ist schon ratsam, sich ein wenig mit dem Wettmarkt zu beschäftigen. Und zwar sollten wir uns mit den folgenden Punkten beschäftigen:
Wie hat er sich entwickelt?
Wie entstehen die Kurse und Einschätzungen?
Wie positioniere ich mich auf dem Markt?
Wie entwickeln sich die Kurse?
Wann sollte man wetten?
Und, am hilfreichsten, wie kommt man zu eigenen Einschätzungen?
- die traditionellen Buchmacher
Als ich anfing vor 20 Jahren (mein erstes Turnier war in Wahrheit die Europameisterschaft 1988. Ich hatte nur damals noch ohne Computerprogramm, also nur nach Gefühl gespielt; allerdings erfolgreich: Auch damals ca. 2000 DM Gewinn) gab es nur die klassischen Buchmacher, die Preise, Kurse, Quoten, die Worte sind synonym, für Sieg – Unentschieden – Niederlage anboten. Man konnte natürlich auch Langzeitwetten platzieren (Wer wird Europameister? Wer kommt ins Halbfinale? Etc.), es gab auch andere Arten von Sonderwetten, wie zum Beispiel Ergebniswetten oder Halbzeit- Endstand Wetten.
Bei Halbzeit – Endstand wettet man, wie es zur Halbzeit steht in der Tendenz und wie es am Ende steht, ebenfalls in der Tendenz. Also wenn man der Meinung ist, die erste Halbzeit wird eher abtastend, ruhig verlaufen, der Favorit gewinnt aber dann doch noch, tippt man zum Beispiel Halbzeit X, Ende 1, Favorit. Der Effekt, den man damit erzielt, ist, dass die Quote wesentlich höher liegt als die normale Siegquote. Allerdings ist es natürlich auch schwieriger, das zu treffen, also die Wette zu gewinnen. Bei Ergebniswetten tippt man einfach auf 3:1 oder irgendein anderes exaktes Ergebnis. Die Quoten sind selbstverständlich dann noch wesentlichhöher. Diese ganzen Wettangebote sind aber eher nur für Unterhaltungsspieler, die also mit einem kleinen Einsatz, also in diesem Sinne einem kleinen Risiko, doch einen möglicherweise hohen Gewinn einstreichen wollen. Man hat für 5 Euro zum Beispiel ein wenig Unterhaltung und der Verlust tut einem nicht weh. Am Wettmarkt selber haben diese Wetten eigentlich eine ganz untergeordnete Bedeutung. Der Hauptgrund ist der: Wenn man als Anbieter, Buchmacher, diese Quoten gut machen möchte, müsste man viel Arbeit investieren. Und die lohnt nicht, da eben nur wenig Umsatz darauf zu erwarten ist. Also werden die Wetten ohne großen Aufwand nach einem Schema angeboten. Der Kunde, der Wetter, kann dann seine Quote auf das Ergebnis aus einem vorgefertigten Blatt ablesen. Da aber die Quote im Einzelfall ja nicht geprüft wird, werden auf keinen Fall hohe Beträge angenommen. Und da schließt sich der Kreis. Für Profispieler ist das Wettangebot uninteressant, da man eh keine großen Umsätze darauf tätigen kann.
Also bleibt der 1 – X – 2 Markt. Das war auch damals schon der Markt mit den großen Umsätzen. Das wird am meisten gewettet, es hört sich ja auch am interessantesten an, wie ich finde. Wer gewinnt das Spiel? Und nicht: wie hoch gewinnt die Mannschaft? Oder: wann erzielt sie die Tore? Man schaut ein Spiel und will nur, dass eine Mannschaft gewinnt, das Ergebnis oder das Zustandekommen ist einem dann gleichgültig. Das entspricht ja auch den Vorgaben des Spiels (bleiben wir mal beim Fußball). Die Mannschaft möchte gewinnen, meinetwegen die andere auch, aber oftmals ist die vermeintlich unterlegene ja auch mit einem Remis zufrieden.
Also, es gab etliche Anbieter. Die meisten in England und Österreich. Man konnte telefonisch oder in der Anfangszeit sogar noch schriftlich seine Wetten platzieren. Es gab Buchmacher, die haben Einzelwetten akzeptiert, also man tippt nur den Sieg einer Mannschaft und bekommt im Gewinnfalle den Einsatz * der Quote als Auszahlung, andere hatten damals den so genannten „Kombizwang“. Man musste, je nach Anbieter, dabei 3 oder 4 Spiele mindestens kombinieren. Der Anbieter wollte damit wohl sicher gehen, dass einzelne Tipper womöglich bei Manipulationen sich nur das eine Spiel herauspicken und dadurch den Anbieter tatsächlich schädigen können. Aber auch die Überlegung, dass man ja auch als Anbieter bei einem Spiel mal einen Quotenfehler, eine Fehleinschätzung haben kann. Durch den Kombizwang wird es schwer, das auszunutzen.
Für mich die schönsten Wetten waren aber die Systemwetten. Warum diese so wenig gespielt wurden hatte einen einfachen Grund: Die Wetter selber haben sie nicht verstanden und konnten im Gewinnfall ihren Gewinn auch nicht ausrechnen. Leider muss ich es so hart ausdrücken. Mir ist das erst im Laufe der langen Zeit allmählich klar geworden. Dazu muss ich jetzt noch einmal ein bisschen Mathematik einbauen, allerdings erkläre ich es an dem Beispiel meiner ersten Systemwette.
Zur Fußball WM 1990 war mein Programm also so weit und einsatzfähig. Ich hatte damals zunächst nur den einen Anbieter, SSP overseas betting. Dort musste man mindestens 4 Spiele kombinieren. Mein Computer hatte mir vom ersten Vorrundenspieltag auf insgesamt 8 Spiele einen Vorteil angezeigt. Ich hatte 100 DM zur Verfügung und wollte diese gerne einsetzen. Nun, dachte ich, ganz einfach, zwei 4er Kombis á 50 DM. Dann überlegte ich, dass es ja ungünstig wäre, wenn nun zum Beispiel von beiden Wetten 3 Spiele einträfen. Ich hätte gut getippt aber hätte alles verloren. Also dachte ich, mache ich mehrere Kombis daraus. Zum Beispiel 10 4er Kombis in allen möglichen Variationen. Auch möglich, aber ich war mit dieser Lösung nicht zufrieden. Denn selbst dann könnte es passieren, dass ich wohl 5 Spiele richtig hätte aber kein Geld zurückbekäme. Wieso sollte es nicht möglich sein alle möglichen 4er Kombis abzudecken? Alle 4er Kombis von 8 Spielen? Wie viele Kombinationen sind das überhaupt?
Ich drehte den Wettschein um und fand dort tatsächlich das Wettangebot. Die Möglichkeit bestand, alle 4er Kombis von 8 Spielen zu wetten. Dort standen sämtliche Möglichkeiten, auch bei einer anderen Spieleanzahl oder auch bei einer anderen Auswahlanzahl, also man kann natürlich auch „alle 5 aus 8“ oder „alle 6 aus 8“ spielen. Oder eben „alle 4 aus 7“ oder “alle 4 aus 9“, möglich auch „alle 5 aus 13“.
Nun müssen wir leider endgültig die Mathematik bemühen. Wie rechnet man nun aus, wie viele 4er Kombinationen es gibt bei 8 ausgewählten Spielen? Also die mathematischen Ausdrucksmöglichkeiten sind so: Man nennt es 8 über 4. Oder man sagt „finde alle vierelementigen Teilmengen einer achtelementigen Menge“ oder, nicht erschrecken, es sind sogar die Binomialkoeffizienten. Sogar versteigt sich der Mathematiker, um seine Sonderstellung zu wahren oder sie dadurch erst aufzubauen, gerne zu den noch unverständlicheren Verallgemeinerungen. Er sagt dann also allgemein: „Finde alle k-elementigen Teilmenge eine n-elemnetigen Menge. Man nennt das dann im Oberbegriff auch „Permutationen“.
Ebenso tauchen die Zahlen allesamt im Pascalschen Dreieck auf.
Nun ist mir wohl bewusst, dass die Verwendung dieser Begriffe allesamt und auch allemal lediglich geeignet sind, das Buch zuzuklappen. Nur würde ich zunächst davon abraten, da zumindest der Aufbau und das Verständnis des Pascalschen Dreiecks einfach und dennoch faszinierend sind.
1 | ||||||||||||||||||||
1 | 1 | |||||||||||||||||||
1 | 2 | 1 | ||||||||||||||||||
1 | 3 | 3 | 1 | |||||||||||||||||
1 | 4 | 6 | 4 | 1 | ||||||||||||||||
1 | 5 | 10 | 10 | 5 | 1 | |||||||||||||||
1 | 6 | 15 | 20 | 15 | 6 | 1 | ||||||||||||||
1 | 7 | 21 | 35 | 35 | 21 | 7 | 1 | |||||||||||||
1 | 8 | 28 | 56 | 70 | 56 | 28 | 8 | 1 | ||||||||||||
1 | 9 | 36 | 84 | 126 | 126 | 84 | 36 | 9 | 1 | |||||||||||
1 | 10 | 45 | 120 | 210 | 252 | 210 | 120 | 45 | 10 | 1 |
(hier Aufbau des Pascalschen Dreiecks im Diagramm)
Dabei bildet die Zahl, die mittig unterhalb zweier anderer Zahlen in der Zeile darunter steht jeweils die Summe der beiden Zahlen. Wenn Sie also hier die Anzahl der Möglichkeiten „alle 4 aus 8“ suchen, müssen Sie in Zeile 9 gehen (leider die 9. und nicht die 8. da die 1. eigentlich die 0. ist) und dann das 5. Element von links auswählen (gleiche Begründung).
Diese Zahl 70 ist lediglich durch Summenbildung entstanden, wie Sie spielend nachprüfen können: 1+1=2; 2+1=3; 3+3=6; 6+4=10; 10+10=20; 20+15=35; 35+35=70. Dabei sind die kleineres Summanden jeweils wieder die Summe der vorherigen kleineren, also: 4=3+1; 15=10+4+1; etc.).
Also theoretisch könnten wir jetzt ein Pascalsches Dreieck anlegen, ein richtig großes, und uns an die Wand heften. Dann könnte man jede beliebige Anzahl „k aus n“ daraus ablesen, so groß, wie es eben ist, unser Dreieck.
Selbstverständlich gibt es aber auch dafür eine Rechenvorschrift. Diese lautet, ausformuliert, so: Um die Anzahl der 4-elementigen Teilmengen einer 8-elementigen Menge zu errechnen, muss man einen Quotienten bilden. Dieser Quotient besteht im Zähler aus einer mit 8 (n) beginnenden Zahl und enthält ein Produkt aus 4 (k) Zahlen, die jeweils um eins kleiner sind als der Vorgänger: Also, ausgeschrieben: 8*7*6*5. Der Nenner enthält hingegen einfach nur die Fakultät von 4 (k), also 4*3*2*1. Also erhalten wir ausgeschrieben den Bruch: 8*7*6*5/4*3*2*1. Der kürzt sich übrigens immer und zuverlässig. Die 4*2 aus dem Nenner kürzen sich gegen die 8 im Zähler und die verbleibende 3 im Nenner macht aus der 6 im Zähler eine 2, so dass folgende Zahl übrig bleibt: 7*2*5 = 70.
Das ist aber alles andere als Hexerei.
Gut, wir können also die Anzahl der Kombinationen bestimmen. Bei mir hatte das zur Folge, dass ich alle 4 aus 8 á 1 DM = 70 DM Einsatz hatte. Alle Kombinationen waren abgedeckt, ich erreichte 3 Richtige. Jeglicher weiterer Rechenaufwand erübrigte sich. Aber für den Fall, dass man dann 4, 5, 6, 7 oder 8 Richtige hat, ergibt sich dann ein kleines Problem: Wie errechnet man den Gewinn? Naja, der Mathematiker sagt dann gerne, er könne es ja jedenfalls „zu Fuß“ ausrechnen. Das heißt, alle Kombinationen aufzuschreiben, die eine Auszahlung ergeben und diese dann ausmultiplizieren, am Schluss die Summe aller dieser Einzelergebnisse bilden. Die Errechnung der Anzahl der richtigen Kombinationen ist tatsächlich nicht schwer, da sie der gleichen Rechenvorschrift wie oben folgt. Bei 6 Richtigen von 8 Spielen und einer Wette 4 aus 8 haben wir natürlich 6 über 4 bzw. 6*5*4*3/4*3*2 = 3*5 = 15 Kombinationen richtig. Aber diese alle zu finden und richtig auszumultiplizieren incl. aufaddieren birgt Fehlerpotenzial. Ich habe es mir leicht gemacht und ein kleines Programm geschrieben, was mir zuverlässig die Gewinne errechnet.
Das Wettsystem, welches ich angewendet habe über lange Jahre bei den herkömmlichen Buchmachern sind die Systemwetten. Man pickt sich die interessanten Spiele heraus und macht eine Systemwette mit diesen Spielen. Ich habe teilweise bis 3 aus 14 als Systemwette kombiniert. Die Buchmacher nehmen allerdings oft keine höhere Spielanzahl (Softwareprobleme?).
Nun, abschrecken tut den Normalwetter eben das Problem, die Gewinne nicht selber und sofort ausrechnen zu können, auf den Buchmacher und dessen Rechenkünste angewiesen zu sein. Und das schreckt viele ab.
Wie gesagt, das waren die alten Zeiten der klassischen Buchmacher, die allerdings nach wie vor eine (geringe) Bedeutung haben. Das gilt für Kleinspieler. Empfehlen würde ich jedem dort natürlich immer die Systemwette. Man kann die Qualität seiner Wetten sehr langfristig überprüfen. Die Abhängigkeit von der Zufälligkeit eines einzigen Treffers, bei dem man ein Mal 10 Spiele richtig hat und dann wider monatelang gar nichts fällt dann weg. Man hat natürlich im Prinzip immer ein paar Spiele richtig und bekommt irgendeine Auszahlung. Auch für die Spannung bei Wetten ist es wesentlich angenehmer. Wenn man eine Vollkombination spielt, bei der man nur gewinnt, wenn alle Spiele richtig sind, ist die Spannung sofort dahin, wenn ein Spiel falsch ist. Das Problem taucht natürlich vor allem dann auf, wenn man Ligen übergreifend (und damit Anstoßzeiten variieren) wettet. Aber selbst wenn man am Samstag Nachmittag nur die Bundesliga wettet, würde das Problem des Desinteresses, also der „Unspannung“ dann eintreten, wenn ein Spiel einen hoffnungslosen Spielstand hat. Das würde also vor allem dann gelten, wenn man beispielsweise die Premiere Konferenz verfolgt, was aber natürlich in den letzten Jahren ein Standard für sehr viele Fußballfans geworden ist.
Allerdings ist in den letzten Jahren sehr viel Bewegung in den Markt gekommen. In erster Linie ist das der asiatische Wettmarkt, aber auch die Wettbörsen haben ihren Anteil. Im Folgenden möchte ich gerne diese beiden Märkte erläutern.
- der asiatische Wettmarkt
Was ein jeder der traditionellen Buchmacher Woche für Woche feststellt, ist eindeutig eine Neigung der normalen Spieler auf die Favoritenereignisse. Das Denken des normalen Spielers geht eben doch so: Wer gewinnt das Spiel? Und wenn es einen klaren Favoriten gibt, dann entscheidet sich der „normale“ Spieler meist dafür, diese Mannschaft auch zu spielen. Sicher ist der reine Gedanke nachvollziehbar, allerdings dabei leider nicht weniger naiv. Denn die Quote reflektiert ja möglichst exakt die Höhe der Favoritenstellung. Also eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit wird durch eine geringe Quote ausgedrückt. Dennoch ist es eben ein Reflex zu sagen, gerade bei klaren Favoriten, „die gewinnen auf jeden Fall“, „die gewinnen sowieso“ oder dergleichen.
Was stellt also der Buchmacher fest? Er ist für jeden klaren Außenseiter. Die Anzahl der Außenseitererfolge bestimmt so in etwa, wie gut ein Spieltag aus Sicht des Anbieters verlaufen ist. Dieser Zustand mag zwar Alltag sein, aber er ist alles andere als wünschenswert. Denn: Der Anbieter befindet sich im Risiko. Wenn tatsächlich an einem Tag mal alle oder fast alle Favoriten gewinnen, kann es auch mal viel Geld kosten. Entgegen der herkömmlichen Meinung, dass der Buchmacher „sowieso gewinnt“, befindet er sich ständig im Risiko. Es gibt nur einen Kurs, der stimmen muss, das ist der Favoritenkurs. Die Kurse auf die Außenseiter mögen zwar hoch sein und verlockend klingen, das hört man immer wieder, aber sie werden nicht gespielt.
Wie kann man nun den Spieler motivieren, auch einen Außenseiter zu wetten? Kann man es dadurch vielleicht sogar erreichen, die Wetten tatsächlich ausgeglichen zu verteilen, so dass man sich als Anbieter nicht im Risiko befindet?
Die Idee dafür zu finden und dies auch umzusetzen ist tatsächlich am asiatischen Markt geglückt. Dieser Markt hat jetzt fast alle Großwetter vereinnahmt. Man spielt nur noch dort, das ist klar. Man kann sehr hohe Beträge wetten und bekommt garantiert sein Geld, daran besteht kein Zweifel. Denn: es ist diesen Anbietern tatsächlich gelungen, aus dem Risiko herauszutreten. Sie können die Einsätze ausbalancieren und haben meist schon vor Anpfiff einen garantierten Gewinn. Dadurch wird natürlich auch die Auszahlung garantiert.
Also wie lautet nun die umwälzende Idee? Das funktioniert prinzipiell erstmal so, dass der Unterschied zwischen Favorit und Außenseiter nach Möglichkeit eliminiert wird durch ein Handicap. Da die Art dieses Handicaps tatsächlich speziell ist, nenne ich es gleich das asiatische Handicap. Das Handicap ist eine Torvorgabe. Das ist eben exakt wie das vom Golf bekannte Handicap. Auch ich hätte ohne jemals einen Golfschläger in der Hand gehabt zu haben, ein ausgeglichenes Match gegen Tiger Woods bei der entsprechenden Vorgabe. Wenn dieses Handicap also bei 255 Schlägen auf eine Runde liegt, dann wäre das Match so zusagen ausgeglichen, es gäbe keinen Favoriten.
Ebenso geht das beim Fußball. Nur wird man relativ schnell erkennen, dass die Unterschiede bei einem Fußballspiel oftmals wesentlich kleiner als ein ganzes Tor sind. Man spricht also beim asiatischen Handicap tatsächlich von halben Toren oder gar von Vierteltoren. Also ein ausgeglichenes Spiel von Hause aus ist natürlich mit dem Handicap 0 versehen. Es gibt keinen Favoriten. Man kann die eine oder die andere Seite spielen, bei Unentschieden gibt es das Geld zurück. So läuft es wirklich. Das mag sich zunächst langweilig anhören ( „…hab ich nun gewonnen oder verloren?“. „Nein, unentschieden, wie das Spiel.“ ). Auf Dauer ist es das natürlich nicht. Die Vierteltorschritte sind erforderlich, um der Ausgewogenheit des gesamten Spiels gerecht zu werden. Nur muss man danach noch die entsprechende Abrechnungsformalität erledigen.
Es gibt also beim asiatischen Handicap anstatt der bisher gewohnten Abrechnungen „gewonnen“ oder „verloren“ insgesamt 5 Abrechnungsstufen. Und zwar heißen diese folgendermaßen: Ganzer Verlust – halber Verlust – pari – halber Gewinn – ganzer Gewinn. Und wie es dann konkret abzurechnen ist, entscheidet das Handicap in diesem Spiel. Also wenn das Handicap 0, 0.5 oder 1 ist, dann gibt es niemals halben Verlust oder halben Gewinn. Bei einem Handicap von 0.25, also dem berühmten Vierteltor, kann man entweder halb gewinnen oder halb verlieren, je nachdem, welche Seite man hatte. Wenn man also einen Favoriten spielt (wettet), der ein Vierteltor aufholen soll, dann gibt es den Sonderfall „halber Verlust“. Denn wenn das Spiel unentschieden ausgeht, hat man nicht alles verloren, dafür sorgte das Handicap von diesem Vierteltor. Man verliert die Hälfte des Einsatzes. Wenn man allerdings im gleichen Spiel den Außenseiter gespielt hätte und das Spiel endet Unentschieden, hätte man auch nur den halben Gewinn. Die Mannschaft hat zwar nicht verloren, aber eben auch nicht gewonnen. Und ihr Nachteil in diesem Spiel war nur dieses Vierteltor. Diesen „Vorsprung“ haben sie gerettet; sprich: halber Gewinn. Bei Sieg der Mannschaft gibt es natürlich nach wie vor ganzen Gewinn.
Es werden also am asiatischen Markt praktisch nur noch Einzelwetten platziert. Und man wettet auf das asiatische Handicap. Das Handicap sorgt dafür, dass Außenseiter und Favorit in etwa die gleiche Auszahlungsquote bzw. Gewinnquote erzielen. Das Handicap gleicht den Spielstärkeunterschied aus, jedes Spiel ist ein ausgeglichenes Spiel. Favoriten und Außenseiter werden dementsprechend gleich viel gespielt bzw. gewettet. Die Torvorgabe wird so hoch gesetzt, dass der Spielstärkeunterschied ausgeglichen wird. Die Nuancierung gibt es dann trotzdem noch über minimale Quotenverschiebungen.
Der Idealfall wäre es, dass der Anbieter durch das Handicap, die Torvorgabe also, erreicht, dass jedes Spiel exakt ausgeglichen ist und entsprechend die Kurse, abzüglich des Gewinns für den Veranstalter, den dieser selbstverständlich für sich einbehalten muss, eine Quote auf beide Seiten von 1.95 bezahlt. Und zum Idealfall würde natürlich dazu gehören, dass beide Seiten tatsächlich in der Folge gleich viel gewettet werden. Dann ließe sich vor Anpfiff der Gewinn exakt berechnen und der Anbieter wäre „fein raus.“
Selbstverständlich verhält sich auch hier die Realität nicht nach einem wünschenswerten Ideal. Es gibt „teamnews“, auf die einige (Möchtegern-)Profis einfach reagieren und ihre Wetten platzieren. Ein wichtiger Spieler fehlt, ich spiele gegen diese Mannschaft (hab ich „ich“ gesagt?). Es gibt „beliebte“ und weniger beliebte Mannschaften, es gibt Statistiken, Empfehlungen, Quotenvergleiche im Internet und jede Menge mehr. Abgesehen davon, ist auch dann der Fußball auch durch Vierteltore nicht „in den Griff“ zu bekommen. Warum sollte es dadurch gelingen, die Spiele exakt ausgeglichen zu gestalten? Beim Basketball vielleicht, wo es Hunderte von Körben gibt, beim Handball, ok, aber beim Fußball, wo 1:0, 1:1 oder 2:1 die Standardergebnisse sind?
Kurz und gut, die Spiele werden nach Möglichkeit durch das Handicap ausgeglichen gestaltet. Aber es ist unmöglich. Also steuert die Quote, die dann immer noch im Rahmen von 2.0 liegt, den Rest. Also wenn es nun nicht gelingt, eine Paarung durch das Handicap ausgeglichen zu gestalten, weil die Differenz objektiv (oder auch nach aktueller Einschätzung) zB ein Achteltor beträgt, dann kann es Quoten geben von zum Beispiel 1.80 und auf der anderen Seite 2.13. Oder dann 1.75 und 2.20. Aber wenn es sich dann, möglicherweise auch durch Wetteinsätze auf eine Seite noch weiter verschiebt, dann wird in der Folge auch mal das Handicap geändert.
Der Veranstalter erreicht damit dass, was ein Buchmacher eigentlich mit seiner Berufsbezeichnung zum Ausdruck bringen möchte: Das Buch machen bedeutet, im klassische Sinne, die Quoten so zu erstellen, dass die Wetteinsätze im Prinzip entsprechend der Eintrittswahrscheinlichkeiten verteilt werden. Wenn Sie also das Totalisatorprinzip noch mal betrachten, dann versucht der Buchmacher, die Verteilung der Wetteinsätze zu „antizipieren“. Die Quote, die beim Totalisatorprinzip herauskommt, versucht der Buchmacher zu erraten. Nur gelingt es einfach nicht. Ein durchschnittlicher Wetter, ich weiß das aus eigener Erfahrung und Beobachtung, wettet den Favoriten. Aber nicht stur und jeden Favoriten. Da wird durchaus differenziert. Nur sieht die Differenzierung so aus: „Den Favoriten spiel ich. Den Favoriten spiel ich nicht, die Quote ist mir zu klein.“ Führt aber nicht etwa dazu, dass er dann den Außenseiter spielt, so weit kommts noch! Er lässt das Spiel aus, ganz einfach. Quote zu klein, spiel ich nicht. Deshalb betone ich noch mal, dass das Prinzip des asiatischen Handicaps einfach nur genial war. Und die Veranstalter dort verdienen auch wirklich viel Geld.
Freunde von mir haben sowohl Besuch bekommen von einigen dieser Anbieter als auch diese selbst mal besucht. Die Erkenntnis war die: Diese Herren wissen teilweise nicht einmal, welche Form der Ball hat. Aber sie brauchen es auch nicht zu wissen. Das Geschäftsprinzip ist einfach genial. Und man muss tatsächlich nichts vom Fußball verstehen.
Das Prinzip hat sogar noch einen gewaltigen Vorteil: Es werden fast alle Ligen angeboten. Frauenfußball ebenso wie unterklassige Ligen, sogar Jugendspiele, südamerikanischer Fußball, alle Ligen, osteuropäische und es wird immer mehr. Weil das Risiko sehr gering ist. Das leitet über zu den Kursbewegungen:
- Bewegliche Kurse, Kursentwicklungen
Das Prinzip funktioniert so: Ein beliebiges Fußballspiel (ich bleibe mal beim Fußball, es sind auch andere Sportarten inzwischen aufgenommen worden) wird ins Wettangebot aufgenommen. Es gibt irgendeinen Eröffnungskurs, dieser muss nicht mal zwingend besonders gut oder genau sein. Dann kann darauf gewettet werden von jedem Benutzer, der grad online ist. Die Wetthöhe ist allerdings, je nach Bedeutung des Spiels, kleiner oder höher. Bei unbedeutenden Spielen gibt es also einfach nur sehr niedrige Limits. Dann wird der Kurs sofort nach Eingang auch nur einer einzigen Wette entsprechend korrigiert. Und zwar in die Richtung, dass der Kurs auf die nicht gespielte Seite ansteigt, geringfügig. Sollten weitere Wetten auf die gleiche Seite eingehen, wird der Kurs weiter korrigiert. Kommen dann Wetten auf die andere Seite, wird der Kurs zurück korrigiert, der Kurs wird stabiler. Der Anbieter selber interessiert sich also überhaupt nicht für die Eintrittswahrscheinlichkeit. Er „gleicht sein Buch aus“. Im Idealfall ist es ihm bei Anpfiff egal, welche Seite gewinnt, eben wie beim Pferdewetten oder Toto. Die Limits können auch allmählich erhöht werden, so dass auch sehr hohe Wetten platziert werden können. Genial einfach – einfach genial. Und das trifft hier wirklich zu…
- Die Wettbörsen
Eine weitere, moderne Form des Wettens findet über die so genannten Wettbörsen statt. Hierbei tritt der Anbieter nur noch als Vermittler der Wetten auf. Das läuft also so ab, dass jede beliebige Privatperson, die dort ein Konto hat, ein Wettangebot abgeben kann. Der Veranstalter stellt die Software zur Verfügung, womit die Wetten ausgetauscht werden können. Das heißt, die Formulierung der Wette ist in gewisser Weise vorgegeben. Das Ereignis, auf welches gewettet werden kann, wird derart zur Verfügung gestellt. Der Veranstalter hat Interesse daran, möglichst vielfältig in der Gestaltung der Angebote zu sein. Also jeder beliebige Wetttyp, der Umsatz verspricht, wird prinzipiell zur Verfügung gestellt. Die Kunden selber müssen sich dann per Angebot und Nachfrage auf die Wetten einigen. Der Veranstalter behält schlauerweise einen Prozentsatz ein. Diesen hat aber nur der Gewinner der Wette zu entrichten. Dann ist noch ein exzellentes System installiert, welches dem Viel- bzw. Großspieler so zusagen Rabatte gewährt. Wenn Sie also viel Umsatz dort machen, zahlen Sie einen geringeren Prozentsatz an Abgaben.
Konkret sieht das Wetten dort so aus: Bleiben wir beim Fußball. Selbstverständlich wird ein jedes bedeutende Spiel dort angeboten, die Tendenz ist auch hier steigend. Die Anzahl der angebotenen Ligen wächst. Nun wird ebenso selbstverständlich das herkömmlich 1 – X – 2 zur Verfügung gestellt, darauf kann also gewettet werden. Wenn Sie sich also jetzt anmelden, bei betfair zum Beispiel, betfair ist die größte Wettbörse, ein Konto eröffnen und jetzt ein Bundesligaspiel wetten wollen, sagen wir mal Borussia Dortmund – VfB Stuttgart. Sagen wir ruhig, Sie wollen schon früh in der Woche spielen, bereits am Montag. Und Sie wollen Borussia Dortmund auf Sieg spielen. Dann klicken Sie auf den entsprechenden Markt. Fußball – Bundesliga – Partie Dortmund – Stuttgart, 1 – X – 2. Dann finden Sie die Möglichkeit vor, auf „back“ oder auf „lay“ zu klicken. „Back“ bedeutet, Sie wollen die Seite unterstützen, also wetten. „Lay“ bedeutet, Sie wollen die Seite anbieten, einen Kurs bezahlen. Nun ist es noch früh in der Woche. Der Markt hat sich noch nicht formiert, aber es gibt erste Quoten. Sagen wir mal, Sie hatten, vor, während oder nach Studium des Buches, bereits Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit für Sieg Dortmund ermittelt. Diese liegt bei 45%. Die faire Quote ist im Kehrwert 2.22. Das ist Ihre Annahme.
Sie finden einen Kurs von 2.28 vor, bei dem Sie „back“ klicken könnten. Auf der anderen Seite finden Sie ein 2.32, die Sie bei „lay“ anklicken könnten. Das sind Kurse, die bereits andere Teilnehmer an diesem Spiel vor Ihnen eingetragen haben. Nun, sie wollen diese 2.28 nicht spielen. Denn wenn Sie die Steuer abziehen bleibt etwas weniger als der faire Kurs (Rechnung!). Also tragen Sie Ihren gewünschten Kurs ein, mit einem dazugehörigen Betrag. Sie wollen zum Beispiel 2.35 bekommen. Dann geben Sie diesen Kurs ein und als Einsatz beispielsweise 100 Euro. Im selben Augenblick erscheint Ihre Wette als Angebot auf der Seite „lay“. Wenn also jetzt ein späterer Teilnehmer sich auch reinklickt, dann sieht er Ihr Angebot. Er kann aber noch günstiger das „lay“ bekommen, weil jemand vor Ihnen schon bereit war, nur für 2.32 zu spielen. Wenn aber diese Wette verkauft ist, also derjenige ist bereit, diese 2.32 zu bezahlen auf Sieg Dortmund und „kauft die Wette auf“,
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dann ist möglicherweise Ihr Angebot an erster Stelle. Der nächste, der einen Kurs auf Dortmund bezahlen will, findet nur Ihr Kursangebot vor. Und entweder, er nimmt es an, oder er fragt erneut nach einem günstigeren Kurs, so wie Sie selber zuvor.
Der Markt formiert sich also hier genau so wie auf dem asiatischen Wettmarkt. Nur gibt es etwas andere, aber eigentlich offensichtlichere Kriterien dafür: Es ist eine konkrete Person, de bereit ist, eine Mannschaft für einen bestimmten Kurs zu spielen, sonst gäbe es kein Angebot. Und auf der anderen Seite findet sich eine Person, die bereit ist, diesen Kurs zu bezahlen. So wird die Wette vermittelt. Wenn Sie also letztendlich Dortmund in jedem Falle spielen möchten, können Sie auch 2.25 als Kurs eintragen, beispielsweise sogar mit 1000 Euro. 2.25 in der Spalte „back“. Was passiert jetzt? Sie bekommen sofort sämtliche Wetten von allen Spielern, die bereit waren, sogar einen höheren Kurs zu bezahlen. Also die 2.28, die dort standen, bekommen Sie vollständig, sofern der Betrag unter 1000 Euro ist. Wenn davor noch ein Angebot stand von 2.27 bekommen Sie auch diesen zugeteilt, sofern die Gesamtsumme beider Beträge noch nicht die 1000 Euro übersteigt. Dann gibt es vielleicht auch noch jemanden, der bereit war, 2.26 zu bezahlen. Auch das bekommen Sie noch, wenn es insgesamt dann immer noch weniger als 1000 Euro sind. Aber nehmen wir mal an, jetzt haben Sie insgesamt erst 500 Euro auf diese drei Wetten und es gibt keine 2.25. Dann rückt Ihr (Rest-)angebot von 500 Euro auf Position 1 vor und der nächste, der dieses Spiel anschaut oder gar wetten möchte, sieht in der Spalte „lay“ jetzt Ihre verbleibenden 500 Euro zu einem Kurs von 2.25. Er muss also nur 2.25 bezahlen.
Nehmen wir nun weiterhin an, dass Sie die 45% als Minimalchance eingestuft hätten. Also Sie sagen dann im Prinzip „45% oder mehr“ und diese Einschätzung ist richtig und gut, dann wird der Kurs sich möglicherweise im Verlaufe der Woche nach unten bewegen. Der Kurs, für den „Dortmund gehandelt wird“. Dann haben Sie, wie an der Börse, einen guten Wert erworben. Es geschieht sogar noch etwas: Der Kurs bewegt sich also entsprechend Ihrer Einschätzung nach unten und „schließt“, also ist dann zu Spielbeginn, bei 2.05. Dann haben Sie eine so genannte „sure bet“, übersetzt „sichere Wette“. Sie könnten jetzt sofort die Gegenseite spielen, also den tagesaktuellen Kurs auf Dortmund bezahlen, mit dem entsprechenden Betrag, und hätten sofort einen Gewinn gesichert. Dieser wird dann in der Regel relativ klein sein, also in diesem Falle geschätzte 45 Euro oder etwas in der Größenordnung. Man nennt dieses Vorgehen auch „settlen“ einer Wette. Die Wette wird gesettled, neudeutsch. Das heißt, man spielt beide Seiten, im günstigeren Falle hat man dann gesicherten Gewinn.
Aber es ist auch durchaus möglich, dass man eine Wette, die einem nicht mehr gefällt, mit Verlust settled. Man verkauft die Wette einfach zum aktuellen Kurs. Man hat einen Fehler gemacht, der Kurs hat sich nicht nach Wunsch entwickelt, die teamnews sind nachteilig, man verkauft. Dieses Verhalten wird auch bezeichnet als „Verlust nehmen“. Man akzeptiert seinen Fehler und nimmt dafür einen Verlust in Kauf.
Ich fasse noch einmal zusammen: Bei einer Wettbörse werden Wetten vermittelt. Die Teilnehmer sind Privatpersonen. Jeder kann daran teilnehmen. Sie können Maß geschneiderte Kurse erfragen. Jeden beliebigen Kurs, den sie zu erhalten gedenken, können Sie erfragen. Allerdings müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Wette dann nicht zum Abschluss kommt. Da andere Spieler bereit sind, die gleiche Wette, die Sie gerne hätten, zu einem ungünstigeren Kurs zu spielen. Sie können aber auch jeweils zum aktuellen Kurs wetten, ungeachtet, ob es irgendwann vorher oder nachher noch einen besseren Kurs gab oder geben wird. Das Wettprinzip ist ebenso einfach und überzeugend wie das asiatische Angebot: Der Veranstalter geht nicht ins Risiko. Er gewinnt garantiert, quasi auf jede vermittelte Wette. Dafür hat der Teilnehmer den Vorteil, dass er sich die Kurse erwünschen kann, die ihn reizen würden oder auch jeweils zum aktuellen Kurs spielen. Und dieser Kurs liegt in aller Regel oberhalb des Kurses eines herkömmlichen Buchmachers. Also die Vorteile wirken sich in beide Richtungen aus, der Wetter selber und der Veranstalter hat Vorteile. Das führt dazu, dass auch dieses Wettsystem dem traditionellen Buchmacher riesige Konkurrenz macht.
Mein Tipp auch an jeden (potenziellen) Spieler: Die Auszahlung ist sowohl bei asiatischen Anbietern als auch bei Wettbörsen wesentlich besser gesichert. Denn: durch das reduzierte bis eliminierte Risiko haben diese garantiert Geld. Und Leute, die Geld haben und verlieren zahlen auch gerne, das Geschäft läuft ja. Bei einem herkömmlichen Wettanbieter ist die Auszahlung, vor allem bei größeren bis sehr großen Gewinnen schon eher mal gefährdet.
- Das live Wetten
Das live Wetten ist tatsächlich noch mal ein ganz eigenes Geschäft. Dabei werden Wetten während eines laufenden Spiels platziert. Die Wettangebote sind selbstverständlich auch wieder marktgesteuert, also nach Angebot und Nachfrage. Aber das ganze sich dahinter verbergende Prinzip ist trotzdem sehr eigenwillig. Es werden also laufend sich verändernde Kurse auf die auch vor dem Spiel angebotenen Ereignisse angeboten: Sieg – Unentschieden – Niederlage, asiatisches Handicap oder auch beliebige Sonderwetten wie „wer schießt das nächste Tor“ oder „wie viele Tore fallen insgesamt“.
Tatsache ist, dass man nicht automatisch dadurch einen Vorteil erlangt, dass man sieht, dass eine Mannschaft eindeutige Vorteile hat. Denn das sieht ja auch jeder andere. Also wenn eine Mannschaft drückend überlegen ist, zum Beispiel der Favorit, dieser Mannschaft gelingt aber kein Tor, dann geschieht es durchaus, dass der Kurs bis zur Halbzeit gar nicht oder nur minimal ansteigt. Und wenn man mal kurz nachdenkt, dann müsste die verstrichene Zeit doch zum Vorteil des Außenseiters sein. Also der Kurs muss doch ansteigen. Aber es geschieht nicht. Leute schauen, Leute sehen die Überlegenheit, Leute spielen die überlegene Mannschaft. Was nun ratsam ist, ist schwer zu beweisen oder überhaupt herzuleiten Das live Wetten folgt einfach eigenen Gesetzen. Mein Tipp wäre lediglich der: Gewinnen wird sehr schwer, wenn man das Offensichtliche spielt.
Ich persönlich habe in meiner Datenbank, seit das live Wetten verstärkt und auch mit großen möglichen Umsätzen angeboten wird, die Minuten der erzielten Tore aufgezeichnet. Wenn ich also jetzt eine live Wette platzieren möchte, dann kann ich meine Datenbank befragen. Ich gebe dann als Suchkriterien ein: Die aktuelle Spielminute, den Spielstand und die Torerwartungen der Mannschaften, die mein Computer vor dem Spiel berechnet hat. Dazu kann ich noch einen „range“ angeben, also eine zulässige Höchstabweichung von diesen Torerwartungen. Dann sucht der Computer sämtliche vergleichbaren Spiele, die nach der Minutenzahl so standen, heraus, und gibt mir zumindest einen Anhaltspunkt, auf welche Seite ich mich schlagen müsste.
Die Schwierigkeit hierbei besteht aber eindeutig in der Analyse dieses konkreten Spiels. Die Mannschaften können sich ja „anders“ verhalten, als von mir vorhergesehen. Die Überlegenheit ist also, rein optisch betrachtet, größer, als von mir prognostiziert.
e) Spread betting
Es gibt noch eine weitere Form des Wettens. Das ist das so genannte „spread betting“. Das geht so: Der Buchmacher ermittelt eine „line“ und Sie wetten gegen diese „line“. Dabei hat man noch die Wahl, wie bei Aktien „short“ oder „long“ zu gehen. Man kann, wie ohne weiteres einsichtig und verpflichtend für den Anbieter, beide Seiten wetten. Also nehmen wir wieder das Spiel Dortmund – Stuttgart. Dortmund war Favorit, unsere Bezahlquote war eine 2.0, unsere faire Quote so etwa eine 2.20. Die Siegwahrscheinlichkeit etwas größer als 45%. Dann würde unser Wettangebot im spread so aussehen: „Dortmund –0.35“. Das bedeutet, Dortmund ist mit 0.35 Toren im Nachteil. Ihre Überlegenheit in diesem Spiel ist (geschätzte) 0.35 Tore. Wenn wir also Anbieter des spreads wären, würden wir anbieten, dass man Dortmund mit –0.45 Toren spielen kann und Stuttgart mit +0.25 Toren. Die Gewinnmarge des Anbieters liegt dann in der Differenz bei Auszahlung zwischen den – Toren auf Dortmund und den + Toren für Stuttgart. Also wenn Dortmund mit einem Tor gewinnt, dann müssten wir für jeden Gewinner, der Dortmund hat 0.55 Tore ausbezahlen. Errechnet wird das so, dass der im Spiel erzielte Torvorsprung von Dortmund um das spread verringert wird, also hier 1 – 0.45 = 0.55. Wenn jetzt jemand Dortmund mit 1000 Euro im spread mit –0.45 Toren gespielt hat, dann würde er 0.55*1000 = 550 Euro gewinnen.
Derjenige, der in diesem Spiel Stuttgart hatte, müsste 0.75 Tore bezahlen, da er Stuttgart ja nur +0.25 hatte. Wenn also jemand ebenso 1000 Euro auf Stuttgart gespielt hat, dann würde dieser 750 Euro verlieren. Wir als Anbieter hätten also 200 Euro Gewinn erzielt auf 2000 Euro Umsatz, satte 10%.
Sicher gibt es hier auch den einen oder anderen Haken für den Anbieter: Zunächst mal muss man die line möglichst so setzen, dass beide Seiten gleich attraktiv sind. Das ist also wie bei den asiatischen Anbieter. Man muss die line möglichst exakt treffen. Auch hier kann man Anpassungen vornehmen. Wenn verstärkt eine Seite gespielt wird, kann man den spread, also die line, verschieben. Mit der Absicht, wieder Wetteinsätze auf die andere Seite anzuziehen. Und hier kommt schon mal ein Problem: Der Markt ist nicht so groß. Also wird es hier schwieriger, das Buch auszugleichen.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass die möglichen Verlustbeträge von Seiten des Wetters im Prinzip offen ist. Das Spiel könnte ja 10:0 für Dortmund ausgehen. Dann würde derjenige, der Stuttgart gespielt hat also 9.75 * Einsatz pro Tor verlieren. Das Problem besteht also darin, wie hohe Wetten man akzeptiert. Wenn die Kontodeckung des Kunden 1000 Euro ist und er will zum Beispiel 400 Euro pro Tor spielen. Soll man das akzeptieren? Man müsste ja ab einem 3:0 Sieg erstmal das Geld bekommen, da die Kontodeckung aufgebraucht ist.
Diese Probleme sind im Prinzip in England gelöst. Die Kunden, die dort spielen dürfen, sind zuverlässige Zahler, die auch eine Verpflichtung eingehen, die Gelder auszugleichen. Es gibt eine staatliche Regelung dafür. Nur ist der Nachteil dabei, dass man es eben nicht beliebig groß werden lassen kann. Man hat nur ausgewählte Kundschaft.
Im spread betting kann man übrigens auch in beliebiger Form auch Langzeitwetten und auch andere Sportarten aufnehmen. Als Beispiel nenne ich hier: Bei der Fußballeuropameisterschaft konnte man zum Beispiel eine Mannschaft im Turnier „kaufen“., also unterstützen. Auch dafür gibt es eine line. Für Kroatien war die line zum Beispiel 29 Punkte. Die Abrechnung erfolgt dann so: Ausscheiden in der Vorrunde ergibt 0 Punkte. Wer Kroatien „gekauft“ hat, hat 29 Punkte verloren. Ausscheiden im Viertelfinale: 25 Punkte. Wenn das geschieht, hat der Wetter immer noch 4 Punkte verloren. Ausscheiden im Halbfinale: 50 Punkte. Wenn das geschieht, hat der Kunde also 21 Punkte gewonnen. Niederlage im Finale: 75 Punkte. Der Wetter gewinnt 46 Punkte. EM Sieger: 100 Punkte. Wer dann Kroatien „gekauft“ hatte, gewänne 71 Punkte.
Analog dazu kann man selbstverständlich jede Mannschaft auch „verkaufen“, dann wäre die line bei Kroatien aber 27 Punkte. Bei Aus in der Vorrunde gewinnt man „nur“ 27, bei Aus im Viertelfinale gewänne man nur 2 und ab dann muss man zahlen.
Ich persönlich schätze das spread betting sehr. Es ist eine absolut korrekte Methode des Wettens. Sie müssen berücksichtigen, dass, wenn Sie ein Spiel schauen und Ihre Mannschaft tatsächlich auf der Siegerstrasse ist, dass Ihnen jedes weitere Tor das volle Geld einbringt. Weitere Tore sind also, im Gegensatz zu anderen Wettarten, nicht irrelevant. Wenn Sie sehr überzeugt sind von einem Spiel und Ihre Mannschaft gewinnt dann tatsächlich mit 4:0 bekommen Sie Ihre überlegene Einschätzung voll vergütet.