Man kann beinahe an einer beliebig herausgepickten Szene fast alles erläutern, was so alles schief läuft im Fußball. Eine wichtige Voraussetzung: man schaut Fußball Spiele OHNE eine Fanleidenschaft mit einer der beiden Mannschaften. Wobei die Ärgernisse eher noch größer werden, wenn man Anhänger ist und gerade benachteiligt wird. Jedoch ist man dann a) nicht stimmberechtigt, da man nämlich parteiisch ist und eine jede emotionale Äußerung über Benachteiligung nur belächtelt werden kann, aber zugleich b) diese emotionale Schieflage individuell am nächsten Spieltag wieder gerade gerückt werden kann, indem man die gleichen Vergewaltigungen des Rechtsempfindens auf die eigene Seite bringt, indem die eigene Mannschaft sich der gleichen niederträchtigen Maßnahmen bedient, man diese dann jedoch zwangsläufig gutheißen muss, ist man doch emotional gewaltig in Vorkasse gegangen.
Spiele zu schauen ohne eigene Verbindung zu einer der Mannschaften könnte man sehr wohl mit Marterqualen ins Verhältnis setzen. Es ist einfach nicht zu ertragen. Und wenn eine Äußerung gemacht wird, dann hätte diese doch – bei verbürgter Neutralität – Gehör verdient? Es ist einfach nicht auszuhalten. Und keiner macht da eine Ausnahme, was die Hässlichkeiten angeht.
Beispiele sind reichlich vorhanden und selbst wenn die Absicht besteht, sich hier auf einzelne zu fokussieren: es gibt ein paar allgemeine Beobachtungen, welche sich in jedem Spiel wiederholen und welche insofern diese Erwähnung hier verdienen: wenn ein Verteidiger endgültig einen Zweikampf verloren hat, dann hilft ihm nur noch die allerletzte Notmaßnahme, nachdem alles Halten, Zerren, Zupfen ergebnislos verlief. Er geht nämlich einfach zu Boden. Klar gab es einen Kontakt, denn diesen hat er ja seinerseits vorsätzlich ausgelöst, indem die Arme permanent am Gegenspieler waren. Reißt dieser sich dennoch los, geht der Grätsche am Boden aus dem Weg, ist auch mit Foulspiel nicht zu stoppen, dann bleibt nur dieser letzte Versuch. Fallen lassen, wälzen, Arme irgendwo im eigenen Gesicht, vemutlich vor allem, um die Scham zu verbergen, aber zugleich simluierend, dass er irgendwo getroffen wurde. Und in wie vielen Fällen er damit den Erfolg versprechenden Angriff per Foulpfiff, an der eigenen Person angeblich verübt, verhindern kann, ist einfach nur unglaublich. Dieses „Stürmerfoul“ ist eines der allgemein größten Ärgernisse.
Es gibt keines, es ist inexistent, es gibt nur einen Verteidiger, der alles probiert hat, um zu foulen, aber keinen (endgültigen) Erfolg damit hat.
Wobei er sogar den Teilerfolg erzielt, dass die Behinderung den Angreifer zumindest verlangsamt, anderen Verteidigern die Möglichkeit gibt, rechtzeitig die entstandenen Lücken zu schließen, Räume oder Gegenspieler abudecken.
Nun bekommt auch noch dieser Mann einen Freistoß zugesprochen. Eine direkte Absicht, warum dies so ist und so ausgelegt wird, nicht dahinter, jedoch eine Auswirkung: keine Torsituation und gerade die allerbesten somit dem neutralen Zuschauer unterschlagen. Dass einhergehend einfach keine Tore fallen und man sinnlos auf ein gedrehtes Spiel wartet oder überhaupt auf Spektakel scheint ohnehin niemanden zu interessieren.
In der Zweiten Liga ging es los mit Bochum – St. Pauli 0:1. St. Pauli erste Halbzeit besser, ohne Torerfolg, nach dem Wechsel Bochum der Führung näher, kassiert stattdessen das Tor, rennt sinnlos an – Schlusspfiff. Ein erstes Beispiel: man wartet endlos auf ein Tor, wenn es fällt, ist das Spiel entschieden. Guter Fußball – keine Tore. Das eine einzige entscheidet.
Samstag der Auftakt identisch. Hier allerdings Ingolstadt erst überlegen gegen Union, Union findet allmählich hinein, Partie dann ausgeglichen, nach 59 Minuten das 0:1. Das war es. Kein Tor mehr. Ein Tor reicht, wer es erzielt ist Sieger. St.Pauli trifft nach 65, Union nach 59.
Dann Darmstadt – Fürth. Ein weiteres 1:0. Ausgeglichenes Spiel, vielleicht sogar Fürth leicht vorne. 1:0 nach 54 Minuten. Endstand 1:0. Macht das nun Spaß?
Parallel das einzig „torreiche“ Spiel. Regensburg gut in Bielefeld, hätte Remis verdient, ging sogar in Führung, kassierte das 1:1, das war schon richtig so. Dann verliert Bielefeld einen Mann nach 84. Dennoch der Siegtreffer: ein Verteidiger köpft in der Nachspielzeit über drei Meter zum eigenen Torwart zurück. Ein Angreifer erahnt das, geht dazwischen, spitzelt den Ball ins Tor. Spätes Drama, aber eben ein absolut kurioser und in dem Moment sehr glücklicher Treffer. Tragik für Regensburg. Nun gut, ein wenig Emotion zumindest. Auch dies ein gutes Spiel, aber nicht etwa Glücksempfinden bei Ansicht, auch aufgrund des denn eben doch tragischen Endes.
Dresden – Duisburg am Sonntag ein weiteres Spiel der Bauart. Beide versuchten, in Führung zu gehen. Nur gibt es einfach keine Tore. Als dann doch das 1:0 fiel – denkbar, ja, für die hauchdünn bessere Mannschaft – nach 88 Minuten das einzige Tor, welcher das Spiel entscheidet. Von acht Spielen nun schon vier mit diesem Ergebnis. Wer möchte diese Spiele schauen außer einem einzigen wahren Enthusiasten?
Nun, es war ja guter Fußball, man könnte schon, aber man erkennt in fast jeder Szene, dass Tore so einfach möglich wären – wenn man nur im Rahmen der Regeln pfeifen würde. Ingolstadt hätte den Elfmeter bekommen müssen in der Nachspielzeit. Was hilft das, dies als Strafstoß zu erkennen, wenn die Experten danach Einigkeit erzielen? Nein, er wird einfach weggewischt. War nix und gibt nix. Egal, wie man nachher drüber urteilt. Dahinter steht natürlich die Angst, dass man pfeift – und der Pfiff als fehlerhaft erkannt wird. Dann hätte man ein Problem. Im umgekehrten, praktisch gewählten Fall, nicht zu pfeifen, passiert einem gar nichts. Keine Frage, worauf die Wahl fällt – in dieser und in jeder anderen Szene.
Die Beispiele, in welchen es hieß „ganz eng, aber eher kein Abseits“ sollen nicht einzeln aufgeführt werden. Es passiert aber ständig. Pro Spiel ein, zwei Szenen im Schnitt.
Nun aber zu den größten Ärgernissen, welche doch konkret an einzelnen Szenen erläutert werden sollen.
Eines davon auch ein „Dauergast“ auf allen Sportplätzen der Welt, welches Einzug hielt und nicht mehr zu verbannen scheint. Unfassbar, wie es möglich war und so zugelassen wird und niemand etwas dagegen unternimmt. Die Behauptung steht aber: es schauen eh nur Anhänger, dieser oder jener, welche alle keine Stimme haben oder nicht erhört würden, wenn sie sprechen würden.
Austria Wien spielt gegen Sturm Graz, am Nachtmittag um 16 Uhr. Sturm geht in Führung und baut diese sogar aus. Die Austria ist aber ebenso gut – oder besser – und erarbeitet sich eine Menge Chancen. Der „Abgesang“ des Reporters ist natürlich permanent und unerträglich, weil es keine Identifikation mit Verlierern geben darf – in Österreich dem Deutschen Vorbild folgend – und wer 0:2 zurück liegt, kann einfach nicht gut sein, geschweige denn dürfte man mit ihm mitfühlen. Demnach werden sie vom Sprecher zerlegt und ein jeder Angriff wird erklärt mit der Unmöglichkeit, auf diese Art zum Erfolg zu kommen – selbst wenn ein paar Alluminiumtreffer vertreten waren. „Da fehlt die Präzision.“ Nein, du Quatschkopf, da fehlt das Glück!
Nun gut, die Aufregung darüber muss man ohnehin und dauerhaft schlucken – außer all die Schlauen, welche gar nicht erst einschalten oder, noch besser, kein Abo erst abschließen, da ist man auf der sicheren Seite. Mogelpackung Sky, Mogelpackung Fußball. Das ganz große Ding, da müsst iher alle schauen. Bis dann ein Spiel beginnt – welches ausschließlich aus Unzulänglichkeiten zusammengebastelt ist, wenn man den Kommentatoren Glauben schenkt.
Austria gelingt nun endlich das 1:2, in der 82 Minute. Heiko Westermann, nun im Dress der Austria, will dem Ball sofort hinterher. Denn: seine Erfahrung lehrt ihn, dass jede Sekunde kostbar ist und der Ball so schnell wie möglich am Mittelkreis landen sollte, damit das Spiel weiter geht. Der gerade geschlagene Torwart hat jedoch gegensätzliche Ambitionen. Er erkennt das Ansinnen von Westermann – und klammert den Ball einfach fest, er noch immer im Tornetz befindlich. Westermann tut nichts, nicht einmal versucht er, dem Torwart den Ball zu entreißen. Es ist einfach nur so, dass er schnell da sein will, zu spät kommt, da aber das Tornetz unangenehme physikalische Eigenschaften hat – was nimmt man am klügsten, wenn man einen Bären einzufangen gedenkt? – stolpert er. Er stolpert in Richtung des Torwarts, berührt diesen aber kaum. Den Ball gibt jener ohnehin nicht her, ist auch bei seiner Aktion weder behindert noch sonst irgendwie eingeschränkt. Nur wäre die Frage zu stellen, ob seine Reaktion eine wünschenswerte, eine reguläre, eine schöne, eine ethisch vertretbare ist?
Sie ist rein gar nichts davon. Sie ist einfach nur hässlich, man ist geneigt, dies als „ekelhaft“ zu bezeichnen. Jedes noch so schmutzige Mittel recht, um einen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Dazu käme natürlich die wichtige Frage: ist die Maßnahme effektiv? Rückt sie den (wahren) Täter einem „zählbaren“ Erfolg näher? Ja, die Maßnahme IST effektiv. Man nimmt Sekunden von der Uhr, welche einem einfach so zuzustehen scheinen. Der Gegner macht ein Tor – ich geb den Ball nicht raus. Sonst machen die nachher noch eins, und wer will das schon?
Wollen täte es jeder, der noch immer einen Gerechtigkeitssinn hätte, nur ist jener im Publikum nicht vertreten. Nicht, weil die sämtlichen nicht über einen verfügen würden, nein, vielmehr, weil diese auf jener Seite die Rechtfertigung hätten, dass es „die Anderen doch auch so machen würden“ und die anderen zwar schimpfen, aber als „befangen“ gelten. Von wegen „eigene Absichten beflügeln“. „Klar, dass du das so siehst. Aber es machen doch alle so.“ Hieße das, es wäre somit ein richtiges Verhalten? Jeder tut es – dann ist ja alles ok? Genau hier liegt der Fehler. Ungerechtigkeiten kann man nicht durch gegenseitiges Verüben ausbügeln. Es ist durch solche nicht auszuhalten.
Der Schiri spielt das schmutzige Spiel jedoch mit. Denn: Heiko Westermann muss doch für diesen Übereifer bestraft werden? Der Tormann will lediglich ein paar Sekunden von der Uhr nehmen. Der wird doch den Ball mal ein paar quälende Sekunden – für den Gerechtigkeitsfan – festhalten dürfen? „Zeitspiel“ ist nun mal ein allgemein anerkanntes Mittel, um nach vorne zu kommen? Was interessiert ihn irgendein fiktiver „neutraler Zuschauer“, welchen man getrost auch als „eigentlichen Freund des Spiels“ bezeichnen könnte, der aber dadurch zum Feind des Spiels gemacht werden muss? Schert ihn nicht, warum sollte es? Die Medien machen die Vorgaben: „Dreckige Siege erzielen, bei denen in einer Woche eh keiner mehr fragt, wie sie zustande gekommen sind.“
Westermann bekommt Gelb. Das ist die einzig richtige Maßnahme. Wichtig dabei, dass das Torwartverhalten DOPPELT belohnt wird. Sekunden so geschunden, plus die Sekunden für die Verwarnung. Das muss sich der Westermann merken. Da hilft nur „gelb“. Der Sprecher übrigens, von Tuten und Blasen eh nicht die geringst Peilung, gibt Westermann einen ähnlich lautenden Rat mit auf dem Weg. „Der Ball gehört niemandem. Das muss er doch bei seiner Erfahrung wissen.“ Als ob er ihn klauen wollte?
Man hätte nur diese Wahl: Fernseher aus dem Fenster schmeißen oder wenigstens das Abo kündigen.
Sturm gelang im Konter das 1:3. Auch diese Szene mit allem denkbaren Potenzial zum Ärgernis. Allerdings: der erst 17-jährige Romano Schmid hatte schon in der Vorwoche in der Nachspielzeit das 3:2 gegen St.Pölten durch einen berechtigten Elfmeter erzwungen, durch ein Foul an ihm. Nun wurde er auf die Reise geschickt, gegen die entblößte Abwehr. Allein gegen den Torwart, außerhalb des Strafraums. Natürlich würde der Torwart ihn umhauen – wenn er könnte. Er versucht es auch. Aber es gelingt nicht so richtig. Beziehungsweise stürzt Schmid zwar, kugelt sich sogar dabei, steht jedoch direkt wieder auf und läuft mit Ball weiter. Der Torwart reklamiert nun alles Mögliche, was man sich nur vorstellen könnte. Irgendwas muss doch gewesen sein, damit kein Tor fällt?
Notbremse versucht oder zumindest billigend in Kauf genommen. Stürmer fällt zwar, nur bleibt er dennoch am Ball. Worauf jetzt berufen? Er kann sich nicht recht entscheiden und schwankt zwischen „sein Fuß war an meinem Kopf“ und „er hat den Ball im Sturz mit dem Arm mitgenommen.“ Falls er sich für das eine oder anderen entschieden hätte, hätte der Schiri ihm sicher recht gegeben. Dadurch, dass er sich erst den Kopf hielt und dann auf den Arm deutete, damit das Handspiel signalisierte, befand der Schiri wohl : „Na, wenn er selbst nicht mal weiß, warum ich nun abpfeifen soll, dann fehlt irgendwie die Glaubwürdigkeit.“ Und er ließ laufen.
Romano Schmid damit der erste Torschütze in der Bundesliga (ja, auch in Österreich eine), der im laufenden Jahrtausend geboren wurde.
Noch einmal zurück zu den Reklamationen: auch jene sind es, welche einem das Spiel verleiden können. Derjenige, der eine Notbremse verübt oder dazu bereit wäre, reklamiert. Das müsste einem schon mal zu denken geben. Abgesehen davon, dass fälschliches Reklamieren als solches schon strafbar sein könnte, aber zumindest unerwünscht und ethische Regeln verletzen würde. Dass man damit aber sogar Erfolg haben kann – denn anders wäre ein Versuch kaum zu deuten: nur so kann ich noch retten, was nicht mehr zu retten ist –, ist aber das noch Bedenklichere. Die Abwehrspieler haben sich durch das permanente Recht bekommen ein derartiges Verhalten angewöhnt. „Ich gehe einfach zu Boden, er hat gefoult. Ist doch immer so.“ Hier stand einem möglicherweise erfolgreichen Einwand nur die Unentschlossenheit im Wege.
Dass beide angedeutenden Vergehen ein absoluter Witz wären, ist ohnehin keine Frage. Der Fuß des Stürmers ging etwa einen halben Meter am Kopf des Torhüters vorbei. Verletzt vom Luftzug? Selbst wenn er ihn aber berührt hätte, dann wäre ja der Sturz sogar viel eher von einem Foulspiel ausgelöst worden als dass er freiwillig geflogen wäre. Man hätte ganz eventuell die Chance, es als „normalen Zusammenprall“ zu sehen. Aber auch dann wäre ein Stürmerfoul eine Absurdität. Das Handspiel gab es weit und breit nicht. Falls er den Ball aber mit der Hand berührt hätte, dann wäre auch dies im Sturz geschehen und jener viel eher vom Torwart ausgelöst.
Ganz anders jedoch verhielt es sich, als kurz davor eine Flanke in den Austria Strafraum kommen sollte. Holzhauser, der gerade als Gegenspieler des Flankengebers zur Verfügung stand, grätschte, jedoch etwas zu früh. Der Flankengeber brachte den Ball also flach unter ihm durch, gegen die Laufrichtung, also quasi hinter ihm. Nun stürzte Holzhauser aber so „geschickt“, dass er die Arme über seinen Kopf dabei hielt. Die Grätsche also tatsächlich mit kompletter Körperausdehnung. Durch dieses unglaubliche Geschick gelang es ihm, den bereits unter dem Körper hindurch gegangenen Ball mit den Armen zu stoppen. Er rutschte noch etwas weiter, der Ball blieb sozusahen an seinen Händen. Nun stand er blitzschnell wieder auf, mit dem Ball dann am Fuß. Die gewagte These hier: falls der Schiri NUR DIES zu bewerten gehabt hätte, hätte er nicht anders gekonnt als Freistoß zu geben. Da die Arme jedoch unglücklicherweise genau in dem Moment im Strafraum waren – noch mehr Geschick war nicht möglich –, hat er GAR NICHTS gegeben. Denn: einen Elfer dafür? Nein, das geht nicht. Freistoß ok, Elfer nein. Da es innerhalb war: weiter spielen.
Nun setze man dieses Handspiel einmal ins Verhältnis in das vom Goalie der Austria dem durchgebrochenen Stürmer angekreideten: dieser soll im Sturz, welcher von einem Foulspiel, welches nur „Notbremse“ hätte heißen können, ausgelöst war, den Ball mit der Hand berührt haben – hat er zwar gar nicht, aber Reklamieren kann ja nicht schaden. Jener hat den Ball im selbst verursachten Sturz (nämlich einer Grätsche ohne Kontakt) vorsätzlich mit der Hand gestoppt. Dafür gibt es aber gar nichts.
Nun wäre jegliche Behauptung von „hat er nicht richtig gesehen“ fadenscheinig und Augenwischerei. Es ist in etwa drei Mal so schlimm, was der Verteidiger getan hat, und wird gar nicht geahndet. Der Stürmer hatte für ein nicht einmal verübtes Handspiel nur das Glück, dass der Torwart sich nicht für einen Regelverstoß entscheiden kann, dass er überhaupt weiter spielen konnte.
Wenn man dieses Verhältnis betrachtet, dann verdient es nur diese Bezeichung, als krasses Missverhältnis nämlich. Die Stürmer werden permanent benachteiligt, und zwar mehr als erheblich.
Eine letzte Szene noch herausgepickt: als Dresden doch noch das späte 1:0 gelang, per Kopfball nach Ecke, stand ein Verteidiger auf der Linie. Dieser kam mit regulären Mitteln nicht an den Ball. Einzige Möglichkeit: den Arm schnell hochreißen, in Torwartmanier. Natürlich weiß er in dem Moment, dass er das nicht darf. Dennoch ist der Entschluss eher eine Art Reflex, über dessen Ursache man auch schon mal nachdenken dürfte. Er tut es zum Teil deshalb, weil es Erfolg bringen kann. Er reißt den Arm also hoch. Nur ist ihm in diesem Moment intuitiv klar, dass eine Abwehr des Balles niemals als Kopfballrettung durchgehen könnte. Er könnte es nicht als solche verkaufen. Also muss er versuchen, den Ball möglichst unmerklich mit der Hand abzuwehren. Die von dieser Einschränkung verringerte Kraft, mit welcher er den Ball abzuwehren versucht, mit dem Arm, wohlgemerkt, reicht nicht aus, um den Einschlag zu verhindern. Arm war dran, Ball war drin. Tor, 1:0.
Ein paar Überlegungen dazu: der Reflex ist ausgelöst von einer gewissen Erfolgshoffnung. Angenommen, er wehrt den Ball mit dem Arm ab, so dass er nicht reingeht. Folgende Möglichkeiten: Schiri übersieht es komplett. Kein Tor. Spiel geht weiter. Er sieht es, entscheidet aber auf „versehentliches Handspiel“ (vielleicht hier zu krass, aber, siehe Holzhauser, was so alles durchgeht). Kein Elfer, kein Gegentor, gerettet. Er sieht es und gibt Elfer. Muss es aber auch Rot sein, für so einen leichten Reflex? Also: Elfer statt Tor, er bleibt drauf. Nun noch der mögliche Fall: Elfer UND DOCH Rot. Ok. Aber noch ist der Elfer ja nicht drin. Und bei vier verbliebenen Minuten schaffen sie es vielleicht auch zu zehnt, falls unser Tormann abwehrt?. Der letzte mögliche Fall: der Schiri übersieht es, wird aber von den gegnerischen Spielern per Protest aufmerksam gemacht. Nun befragt er den Abwehrspieler: „Waren Sie mit der Hand am Ball?“ Er antwotet, sogar wahrheitsgemäß: „Nein.“ Denn: es war der Elllenbogen oder auch nur zwei Finger. Zwei Finger sind noch lange keine Hand. Oder was auch immer geeignet erschiene, den Erfolg zu sichern.
Also: es gäbe nur Vorteile.
Nun gibt es einen Kommentator zu der Szene, welcher den Sachverhalt wie folgt „durchwinkt“. „Ball war eh drin, da erübrigen sich die Diskussionen.“ Sicher, gut gefolgert, kluger Mann. Was wäre aber, wenn man DOCH diskutieren wollte? Es war ein Vergehen und zwar erkennbar sogar mehr als ein beabsichtigtes. Es war der Versuch, ein Tor mit einer völlig irregulären, eher „schweinischen“ Aktion, zu unterbinden. Nur, weil es nicht gelungen ist, der Versuch fehlschlug, wird nicht über Sanktionen nachgedacht? Man stelle sich vor: man nimmt eine Waffe in die Hand, drückt aus lauter Wut ab – die Waffe war nicht geladen. Läbbe geht weiter. Für diesen und für jenen. Nein, so kann es einfach nicht sein. Da stimmt mehr als nur eine Kleinigkeit nicht.
Noch eine letzte Aktion hier rasch erzählt: der gleiche Holzhauser, welcher das Handspiel verübt hatte, erzielte kurz nach dem 1:3 per Elfmeter das 2:3. Spannung war also angesagt für die letzten Minuten. Nun erhielt die Austria einen Freistoßt, aus etwa 45 Metern, in Gegners Hälfte also, bereits in der Nachspielzeit. Ein Verteidiger stellt sich etwa sechs Meter vor Holzhauser auf, welcher den Freistoß in den Strafraum bringen wollte. Er ging einfach nicht zurück. Holzhauser reklamierte zwar, aber er lachte auch, aus Sarkasmus. Der Schiri hatte nur eine Chance: den Verteidiger ermahnen und zurückbeordern. Die gelbe Karte ersparte er sich wohl, weil dies noch mehr Zeit gekostet hätte. Anzunehmen aber sogar, dass der Abwehrspieler eine Gelbe provozieren wollte. Denn: ihm ist der Zeitgewinn daran klar und dieser ist wichtiger. Gelb völlig unbedeutend. Der Schiri erspart sie ihm und der Austria, damit zumindest der Freistoß in den Strafraum kommen kann, als vielleicht letzte Toraktion.
Nun läuft Holzhauser an, aber während er anläuft, läuft ihm erneut der Verteidiger entgegen, wiederum auf etwa sechs Meter heran. Dazu reißt er den Arm hoch. Also er wäre unbedingt bereit, den Ball mit der Hand abzufangen – wenn er denn heran käme. Erneut also ZWEI Regelübertretungen, denn er hat ja für die erste (von Summa summarum dreien) noch nicht einmal Gelb bekommen. Also lohnt es doch, es weiter darauf anzulegen? Der Freistoß kommt zwar in den Strafraum, der Verteidiger nicht heran an den Ball. Trotzdem kommt der Ball nicht ganz wie geplant, sichtbar sogar wegen der vom Verteidiger verursachten Irritation. Man kann einfach nicht voll konzentriert einen Ball spielen, wenn da vor einem einer Kasperletheater spielt. Keine Torchance, kein Tor, kein Ausgleich, kein Gelb, keine Wiederholung, keine verlängerte Nachspielzeit. All dies wäre aber möglich – wenn man denn das gesunden Rechtsempfinden bemühen würde. So sitzt man einfach nur Kopf schüttelnd da: es ist so dermaßen hässlich, alles daran und rundherum. Und kein Mittel dagegen?!
Noch ein wirklich letztes Beispiel aus einem wahren Füllhorn: Stoppelkamp, nun bei Duisburg unter Vertrag, dringt gegen Dresden in Gegners Strafraum ein, mit dem Ball am Fuß. Er wird die ganze Zeit am Trikot gezupft, kurz und mehrfach wiederholt. Stoppelkamp befindet: a) den mach ich auch so rein, b) wenn ich falle, krieg ich eh keinen Elfer. Er schießt, mit dem Außenrist. Ein wirklich toller Versuch, der Ball dreht sich um den hinteren Pfosten herum. Nur erkennt man, dass er genau in dem Moment des Abschlusses nicht ganz kontrolliert den Ball spielt, wegen der Behinderung.
Warum ist das nur alles „korrekt“? Wo ist ein „Vorteil“ darin? Was sollte er nur tun, um ein Tor zu machen oder einen Elfer zu bekommen? Es geht nicht. So nicht und so nicht. Wieder eine tolle Szene, wieder eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, wieder kein Tor, wieder keine Sanktion gegen einen Abwehrspieler, der doch „nur ein Tor verhindern will“, das muss doch erlaubt sein? Wieder ein paar Zuschauer weniger, weil man es nicht aushalten kann, als Freund des Spiels.
Beim 2:0 von Sturm Graz – ein Beispiel bezüglich Kommentierungsunsinn – kommt eine scharfe Flanke von rechts in den Austria Strafraum. Deni Aler käme zwar vorne an den Ball heran. Nur wird er vom Gegenspieler bedrängt, würde den Ball vermutlich nicht im Kasten unterbringen. Dies erkennend lässt er den Ball passieren, intuitiv oder auf Kommando oder nur ahnend, dass ein Mitspieler hinter ihm steht. Es ist dieses überragende Geschickt, diese unfassbare Intuition, das, was kein Spieler je online bei einem FIFA Spiel hinbekkäme, es ist das, was einen jederzeit motivieren könnte, dem Fußball die Treue zu halten, es ist das, was einen aus dem Sessel springen lässt und mit der Zunge schnalzen, als Freund des Fußballs. Der Sprecher: „Aler verpasst – aber Zulj nicht.“ Nein, es ist einfach unfassbar, wie tumb diese Menschen sind. Was hat ihn zum Reporter gemacht? Welche Qualifikation bringt er mit? Es ist genau dieser eine Moment, diese Winzigkeit einer Reaktion, diese Genialität, der Geistesblitz, den man aufzuspüren hätte, um ihn der Welt zu präsentieren. Und es fehlt jegliches Gespür dafür. „Aler verpasst.“ Nein, DU hast eine weitere Chance verpasst, die Milliarden, die Sky für die Übertragunsrechte ausgibt zu rechtfertigen –- wobei sich hier die Frage aufdrängt, warum es „Sky“ heißt und nicht mehr „Premiere“, aber die Antwort mitgeliefert werden kann: weil die Kommentatoren hier alles in Grund und Boden schwatzen.
Es ist ein einziges Ärgernis. Ein Sammelsurium an Ungerechtigkeiten und hässlichen Aktionen, alle nur auf den Erfolg ausgerichtet, untermalt von im gelangweilten Tonfall vorgetragener Miesmacherei.
Gut nur für denjenigen, der sich per Schreiben Luft verschaffen kann….alle Anderen haben schon entschieden: Sky go home oder stay home, hier kannst du nur Miese machen. Ich brauche kein Abo.
Ein einzelnes Spiel genügt im Prinzip, um so gut wie alles aufzuzeigen, was den Fußball so unerfreulich macht. Denn: selbst wenn ein Spiel wie jenes vom Montagabend des 31. Juli 2017 zwischen Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig torreich war, mit einem 2:2 gerechterweise keinen Sieger fand, zugleich toller Fußball geboten wurde und jede Menge Drama und Spektakel lieferte, sowie ein paar überraschende Wendungen parat hielt, so überwiegen dennoch die ärgerlichen Momente. – wenn man denn neutral ist und aufmerksam genug.
Ein so gutes Spiel kann man eigentlich doch gar nicht schlecht machen? Es ist alles geboten, es fallen Tore, es ist eine Riesenstimmung im Stadion, es geht rauf und runter und es gibt Höhen und Tiefen, für jede der beiden Mannschaften und ihre Anhänger. Es endet Unentschieden, welches lediglich jenen Makel hat, dass man selbst dann dafür von der unisnnigen Dreipunkteregel bestraft wird, wenn man von An- bis Schlusspfiff alles getan hat, um den „re-miesen“ Ausgang zu vermeiden – jenen, die dreifach gepunktet haben hechelt man gewaltig hinterhere jene, die verloren haben sitzen einem direkt im Nacken – so in etwa kurz gefasst die unerfreulichen Konsequenzen.
Jedoch gelingt es bei heutigem „state-of-the-art“ der Berichterstattung spielend leicht, einem den Spaß zu verderben. Um hier zwei Beispiele zu bringen, den Interviews entnommen.
Vor dem Spiel wurde Torsten Lieberknecht, Eintracht Braunschweigs Trainer seit 2008 (!!), wurde nach der Suspendierung von Saulo Decarli befragt. „Ja, er ist aus disziplinarischen Gründen für ein Spiel draußen.“ Der Frager erdreistet sich, naczusetzen: „Wirklich nur für ein Spiel?“
Man darf ruhig über diese Worte ein paar Sekunden reflektieren. Wie kommt man auf die Fragestellung, welche Ambitionen liegen dahinter, was ist das für eine Art von „Bevormundung“ oder was könnte es sonst noch darstellen?
Die Annahme, dass Torsten Lieberknecht entweder im Moment der Straffestsetzung oder im Moment der Antwort nicht so genau wusste, was er tat oder sagte, könnte man zunächst mal ausschließen – oder beschäftigte den Frager in dem Moment dessen Geisteszustand? „Herr Lieberknecht, Sie machen einen leicht verwirrten Eindruck auf mich. Nur um sicher zu gehen: Sie haben die Sperre auf ein Spiel festgelegt, im Voollbesitz Ihrer geistigen Kräfte, und, eben bei meiner Frage immer noch über jene verfügend auch die richtige Antwort darauf gegeben, ja? „Ja!“ „Nur um sicher zu gehen möchte ich dennoch ein weiteres Mal fragen: „Genau für ein Spiel und nur für ein Spiel?“ „Die Antwort bleibt: Ja!“
Der Zuschauer würde sich auf diese Art sicher glänzend unterhalten fühlen. Egal, mit wem man sich unterhält: sichere dich bitte ja ab, dass der Mensch bei klarem Verstand ist. Sonst kommen wir ja nicht weiter.
Eine alternative Interpretation wäre die: „Das Verhalten des Saulo Decarli war doch offensichtlich vereinsschädigend. Sind Sie sicher, dass ein Strafmaß von nur einem Spiel dafür angemessen ist?“ Ja, selbst wenn der Pädagoge – merke: der Frager ist eigentlich alles in einer Person: Interviewexperte, Fußball Experte, Trainer Experte, als Spieler ohnehin Weltklasse, Pädagoge, Psychologe und alles, was noch nicht erwähnt wurde ebenfalls, stets im Expertenstatus – hier eine klügere Antwort wüsste: das Strafmaß wurde dennoch so festgelegt und es gibt nicht den leisesten Anlass, das in Zweifel zu ziehen – wird aber dennoch getan.
Die Wahrheit ist jedoch eine viel traurigere: es ist der klägliche Versuch, natürlich selbst gut da zu stehen, aber noch mehr jener, auf irgendeine Art Unruhe zu stiften. Über Fußball selbst hat man nicht viel mehr zu berichten als Tabellenbilder, Ansprüche und Ergebnisse zu kennen – das Spiel selbst gibt anscheinend nicht genug her –, also werden rundherum Brandherde gelegt. Vielleicht gelingt es, ein Skandalfeuer zu entfachen? In dem Moment hätte man wenigstens etwas zu berichten.
Man stelle sich also vor, dass Spieler oder Verantwortliche diese (impertinente) Frage hören. Ein Spieler meint: „Damals, als ich so was gemacht habe, wurden mir DREI Spiele aufgebrummt. Der bekommt nur EINS. Das ist ungerecht.“ Oder der Präsident lauscht mit: „Ach, stimmt eigentlich, das war mehr wert als nur ein Spiel. Da muss ich mal mit dem Trainer reden. So geht das nun auch nicht.“
Vielleicht denkt ja sogar der Trainer:“ Na, wenn er schon so fragt, war es eine zu milde Strafe? Ich erhöhe auf zwei Spiele!“ Was dann wohl die Folgen wären…
Dies die kleinen gelegten Brandherde. EINER davon könnte ja zum Lauffeuer werden? Es liegt sogar möglicherweise noch etwas knapper unter der Oberfläche. Der dummdreiste Reporter fühlt sich auf seiner Position sicher – obwohl er dies zu unrecht täte, denn auch sein Handeln und Fragen dürfte hinterfragt werden, von seinen Vorgesetzten? –, weiß aber, dass ein Trainer sich praktisch immer auf einem Schleudersitz befindet, dessen Knöpfe sogar von Reporterseite aus nach Belieben bedient werden können (sprich: die Medienvertreter setzen die Diskussion in Gang, an deren Ende die Entlassung steht). Also erscheint es ihm ratsam, den Befragten ruhig ein wenig zu kitzeln. Mal sehen, wie er reagiert? Wenn er „angemessen“ reagiert und den Frager zurechtweist – dann sagt dieser schlicht, nach Beendigung des Interviews zurück ins Studio: „Der reagierte aber recht dünnhäutig. Ist er etwa schon so sehr unter Druck? Das ist auf jeden Fall kein gutes Zeichen.“
In der Halbzeitpause ein weiteres Beispiel für Impertinenz. Das Interview führte diesmal Esther Sedlaczek, mit Sportdirektor Marc Arnold. Sie wurde gecastet bei einer Aktion von Sky, in welcher Moderatoren gesucht wurden. Insgesamt wurden dabei drei Personen ausgewählt. Alle drei weiblich. Sie machen ihre Sache aber wirklich sehr gut und sind zudem in der eigentlichen Männerwelt Fußball mehr als willkommene Farbtupfer, um nicht das viel passendere Wort „Attraktionen“ zu verwenden, allein schon dank der Schönheit des Geschlechts. Also: man sieht und hört sie wirklich gerne und es war ein kluger Schachzug von Sky, das Casting. Zugleich dem englischen Vorbild folgend, was aber nicht weiter verwunderlich ist. Sky kommt ja schließlich aus England und musste das marode Premiere übernehmen, in der Hoffnung, auch mit derartigen Modifikationen ein paar Abonnenten zurückzuholen?!
Dennoch sollten sich die Damen hüten, den „Männerjargon“ zu übernehmen. Nicht nur, weil er ohnehin fehl am Platze wäre, sondern weil er zusätzlich nicht zu ihnen passt. Die (meist männlichen) Befragten in Interviews würden ohnehin gerne und noch lieber ein bisschen plaudern, wenn von einer Dame befragt, zudem würden die Fragen, bei weiblicher Tonart, reichlich Wissenswertes entlocken, zu welchem die Teamkollegen des diametral gegenüber stehenden Geschlechts nicht fähig werden.
Grundsätzlich der Plan ein gut zu heißender, ein viel versprechender. An der Umsetzung hapert es. Wie auch immer es im Kollegenkreis aussehen mag und man sich dort unterhält, gerne auch „fachsimpelt“. Ob dort die Damen sich mehr oder weniger gezwungen sehen, um irgendwo Augenhöhe mit den männlichen Repräsentanten einzunehmen oder zu suggerieren, dass man sich aufschwingt zu einem ebenso „guten“ Reporter, wenn man es denen gleich tut, sei dahin gestellt. Die Idee könnte aber nur dann ihre wahre Wirkungskraft entfalten, wenn die Damen als solche erkennbar blieben.
Frau Sedlaczek führte also ein Interview der gewohnten Bauart, Marc Arnold antwortet geduldig und sachkundig, mit wohl gewählten – jedoch dadurch bereits leicht „weich gespülten“ Worten. Es gab die von ihr angeregte Diskussion über Aufstiegsambitionen, nachdem Braunschweig im Frühsommer in der Relegation gescheitert war und nun die berühmten „Nachwehen“ zu befürchten schienen. Marc Arnold sprach von der Ausgeglichenheit der Liga und dass man sich sehr wohl wünschte, erneut in den oberen Tabellenregionen mitmischen zu können. Dies schien der Dame jedoch nicht ausreichend auf den Punkt gebracht. Hier in Deutschland werden klare Bekenntnisse gefordert. „Wir wollen Meister werden“ sollen am besten alle 18 Bundesligisten sagen – damit man 17 davon am nächsten Tag in Grund und Boden stampfen kann, wie weit sie hinter eigenen Ansprüchen zurück geblieben wären.
Ein Insistieren auf „Saisonzielen“ ist ohnehin ausschließlich Medien basierter Humbug. Nur wird man, wenn man die Wahrheit sagt, mit dem Vergleich mit dem Phrasenschwein Blabla konfrontiert. „Wir denken von Spiel zu Spiel“ ist eigentlich bereits viel zu weit ausgholt. Denn im Grunde denkt man von Aktion zu Aktion: wenn du und dein Team in dieser Szene eine möglichst gute Lösung findest, dann wird dies die Chancen für ein gutes Ergebnis in diesem Spiel so günstig es geht zu den eigenen Gunsten verschieben. Nix Spiel zu Spiel geschweige denn „Saison übergreifend“.
Es steckt der Versuch dahinter – immer die hier als verbürgt unterlegte Erkenntnis im Auge behaltend, dass das Spiel selbst, die Szenen im Spiel, die Spannung, die Torfolge nicht ausreichend viel herzugeben scheinen für die dafür unsensiblen Berichterstatter – „Nebenkriegsschauplätze“ zu eröffnen, damit es überhaupt was zu berichten gibt. Wenigstens ein kleines Skandälchen darf es doch sein?! Hniter der Frage nach den Saisonzielen steckt die gleiche Intention, welche hinter der insistierende Frage nach der berechtigten oder unberechtigten Dauer der internen Sperre des Saulo Decarli steckt. Man möchte den Befragten in gewisser Weise „provozieren“, hoch gesteckte Ziele auszurufen – um diese ihm dann unter die Nase zu reiben, wenn sie in weite Ferne rücken: „Damals haben Sie aber noch vollmundig vom Aufstieg gesprochen, nun sind Sie der Abstiegszone bedrohlich nahe gerückt. Wie lange werden Sie noch auf der Bank sitzen?“
Endlich hätte man sein kleines Stückchen Glück in Form einer anstehenden Trainerentlassung gefunden?!
Esther Sedlaczek hatte anscheinend irgendwann genug von den aus iher Sicht ausweichenden Antworten („Starke Liga, viele gute Mannschaften, jedes Spiel eng und umkämpft, wir wären froh, wenn wir wieder oben dabei sein könnten“; alles genau so gut gesagt, wie es eben möglich ist) und sie setzte energisch nach: „Also wollen Sie nun aufsteigen oder nicht?“
Nein, tut mir leid, das ist genau das Niveau, auf welchem die männlichen Kollegen operieren und welchem sie sich auf dem deutlich fallenden Ast angenähert hat. Er verstieg sich glücklicherweise nicht zu der Antwort „natürlich wollen wir aufsteigen“, welche somit per Pistole auf die Brust setzen nahe gelegt, eigentlich in den Mund gelegt wurde. Denn: dies wäre unittelbar weiter verarbeitet worden als ausrufen des Saisonziels, quasi als Unterstellung. „Sie haben doch gesagt, Sie wollen aufsteigen?“ Wobei die Wahrheit lauten müsste: „Ich habe auf eine Suggestivfrage mit der einzig verfügbaren Antwortoption reagiert.“
Der Sprecher während des Spiels verbreitete Spannung, eine Art Vorfreude, er schien mitzugehen oder gar – eigentlich undenkbar? – selbst ein wenig Spaß daran zu haben. Der Tonfall war, um dieses große Wort zu verwenden „bedeutungsschwanger“ — nur ist es jener, welcher in England automatisch und selbstverständlich und bei jedem beliebigen Spiel sowohl eingegangen als auch beibehalten wird. Dies wäre also gar als Kompliment an den Kommentator aufzufassen.
Allein darf auch angemerkt werden, dass es, bei nachgewiesener Faktenlage, keinesfalls genügt, sich dieses Tonfalls zu befließigen. Wenn die Worte also kritisch bleiben – wobei natürlich „überkritisch“ wesentlich angebrachter wäre – und zudem Situationen falsch beschrieben werden, nicht den Umständen gerecht werden, weiterhin der gerade nachteilig Betroffene emotionslos abgeurteilt wird, dann bleibt es das, was man hierzulande durchgehend geboten bekommt: eine schlechte Reportage. Durch den Tonfall fühlt man sich bemüßigt, hinzuschauen. Pluspunkt. Durch die Äußerungen selbst muss man sich genötigt sehen, weg zu hören – oder sich zu ärgern. Doppelter Minuspunkt.
Sehr früh im Spiel gab es ein Kopfballduell, bei welchem die beiden Spieler sichtbar mit den Köpfen zusammen prallten. Man könnte bereits hier über die Entwicklung des Spiels insgesamt nachdenken: man MUSS an den Ball kommen, egal wie. Selbst wenn ein Gegenspieler von der anderen Seite oder von hinten kommend das gleiche Ziel hat und der Ball in der Luft ist. Die Häufigkeit von derartigen Zusammenprällen hat gewaltig zugenommen. Vielleicht gibt es doch noch ein paar andere Werte, welche wieder Einzug halten könnten, jenseits des reinen Erfolgsdenkens? Die Frage wäre auch, inwieweit (neutrale, nicht vertreten, gut) Zuschauer dies sehen wollen. Immer wieder blutende Wunden am Kopf und Spielunterbrechungen und Befürchtungen um das Wohl Einzelner – gegenüber einem rollenden Ball und ein paar Torszenen oder gar Toren.
Jedenfalls konnte der Düsseldorfer nach kurzer Behandlung weiter machen, während der Braunschweiger einen jener kunstvollen Turbane angefertrigt bekam (Steven Breitkreuz). Braunschweig dadurch temporär in Unterzahl. Die sich daraus ergebenden Nachteile doch mehr als offensichtlich. Nicht nur ein Mall weniger, sondern gar ein Innenverteidiger weniger. Die bräuchte man – nicht nur jene mit dem breiten Kreuz sondern allgemein mit den adäquaten Körperabmessungen – um Tore zu verhindern. Einer fehlt – schlecht für die Abwehr.
Denn: kurz danach, als Breitkreuz noch draußen war, ein Angriff der Düsseldorfer über links, ein Sololauf, eine scharfe, flache Flanke in den Strafraum, ein wenig Panik durch die Unterzahl und ein wenig Unordnung durch den fehlenden Mann, ein unglücklich abgewehrter Ball, einem Düsseldorfer vor die Füße, welcher ihn versenkte. Das 1:0 nach 9 Minuten.
Nun gibt es eine Menge, was man dazu segen könnte – beispielsweise die oben abgegebenen Situationsbeschreibung. Man könnte die Freue über ein frühes Tor äußern — als „Neutraler“, was der Kommentator zu sein hätte – oder auch die Bilder selbst sprechen lassen. Was er hingegen tat, war weder dies noch das noch jenes. Der erste Kommentar war dieser : „stümperhaft“.
Allein schon ein derartiges Wort in den Mund zu nehmen ist eine Unverschämtheit. Es entspricht zugleich so wenig den Tatsachen wie der Mount Everest ein Tal ist. Der Defizite in der Einschätzung lange nicht genug: es ist ein krasser Irrtum und wird der Lage und den Geschehnissen absolut nicht gerecht, lässt jegliche Anteilnahme an dem Braunschweiger Schicksal – Mann verletzt, Unordnung dadruch – vermissen, nur wäre all dies sogar als unbedeutend abzutun, wenn es dem primären Ziel dienlich wäre: „Wie kann ich dafür sorgen, dass möglichst viele zuschauen und zuhören möchten?“
Beim Catchen oder Wrestling ist alles gefaked. Dennoch geschieht das Gegenteil von Kritik. Man baut ein Drama auf, im Tonfall und in der Art der Darstellung, ohne jegliche Basis. Die Duelle sollen toll aussehen und nach Brutalität riechen – nur ist es viel eher eine Art Wattepusten, was da betrieben wird. Marktschreier haben Vorfahrt: mach das Meiste daraus, egal wie schmalspurig dein Produkt in Wahrheit ist.
Beim Kommentar bezüglich der Stümperhaftigkeit ist es der umgekehrte Effekt: es ist ein Irrtum, es ist eine Fehleinschätzung, zumal es ja die zwei Perspektiven gibt und es keine Notwendigkeit gäbe, die negative Seite herauszustellen. Es ist also falsch, es ist das, was man sehen möchte, es ist das, was den Fußball aus macht, es ist das passiert, was man sich nur erhoffen konnte – und es wird mit einem Attribut belegt, dass es sinnlos ist, sich das anzutun. Wer würde einen Zirkus besuchen, in welchem der Artist bereits bei einem einfachen Radschlag über die eigenen Beine stolpert? DAS wäre stümperhaft. Weil man a) diesen Radschlag selbst hinbekommen würde und weil man b) einen Eintritt entrichtet, um einen doppelten Salto und nicht einen einfachen Radschlag zu sehen zu bekommen – selbst wenn dieser gelingen würde.
Quasi hat der Mann also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und fast wären es sogar drei: hier wird nichts geboten, also schalten Sie lieber um. Herum stümpern können Sie ja selbst schon genug, dafür braucht es keine hoch bezahlten Kicker. Die zweite Fliege: wenn keiner mehr zuhört, kann ich mein Handwerk weiterhin so stümperhaft erledigen wie ich es nun mal kann – und keiner merkt etwas. Hört ja keiner zu.
Dass sich direkt an das „stümperhaft“ das Phrasenschwein ein weiteres Mal auftat und er aus seiner Liste der Plattitüden, voraufgezeichnet und jedem Reporter bei Sky zur Hand oder aus dem effeff zugänglich, direkt die „Fehlerkette“ ablesen ließ, ist fast schon überflüssig zu erwähnen. „Tor – Fehlerkette“ ist fast eine Art Tautologie. Erkenntnisgewinn? Null. Da nämlich bei jedem Tor „aufgezählt“. Richtigkeit: unter Null.
Die „Fehlerkette“ beginnt nämlich da, wo ein Angreifer seinen Gegenspieler ausspielt. Der „Fehler“ besteht darin, dass man sich nicht ausspielen lassen darf. „Das geht viel zu einfach“ ist heute der Standard Kommentar, falls es doch mal gelingt. Umgekehrt hieße es: „Rennt sich immer wieder fest“, falls der Normal fall eintritt und der Stürmer gestoptt wird. Der andere Normalfall ist jedoch tatsächlich der: wenn ein Abwehrspieler ausgespielt wird, foult er. Also: vorbeikommen ist nicht. Mit legalen Mitteln stoppen, oder, wenn die ausgeschöpft, die illegalen einsetzen.
Dass der Angreifer hier gleich zwei Gegenspieler stehen ließ war in gewisser Weise ein Wunder, das muss man zugeben. Denn das erhöhte Geschick, gleich zwei Mal der Bereitschaft zum Foulspiel aus dem Wege zu gehen ist die ganz hohe Schule. Es kommt praktisch nie vor.
Es darf hier noch kurz erwähnt werden: falls der erste oder der zweite Verteidiger es, seiner Absicht gemäß, geschafft hätte, den Angreifer zu Fall zu bringen, dann hätte es den Begriff „Fehlerkette“ nicht gegeben. Wobei die „Fehlerhaftigkeit“ dann ja im Grunde die größere wäre. Der Einsatz von illegalen Mitteln ist jedoch wesentlich höher geschätzt als auf diese zu verzichten – und ein Tor zu kassieren.
All diese Beobachtungen können einem grundsätzlich zu denken geben: wie verkommen ist der Fußball heute eigentlich?