„hier klatschten die Zuschauer zu recht Beifall“
„der Trainer lobte sein Team zu recht nach dem Spiel“
Die Kommentierung einer Auswechslung. nachdem der Auswechselspieler ernannt ist, kommt die Analyse des Spieler: „Ja, der hatte heute keinen guten Tag. Das klappte nicht und das auch nicht und überhaupt.“ Warum erst nach der Auswechslung? Ein wahrer Experte würde es vielleicht erkennen, vorher, und darauf aufmerksam machen. Dazu: man möchte als Trainer gar nicht erklärt bekommen, warum man jemanden auswechselt. Wenn er spekulieren würde, dass vielleicht aus diesem oder jenem Grunde. Na, es geht einfach nicht, ist dreist und unpassend. Vor allem, danach. Da passt auch „peinlich“.
Noch schlimmer werden die Respektlosigkeiten, wenn über ausländische Spiele völlig ohne deutsche Beteiligung gesprochen wird
Der Übergriff auf die Zuschauer, wenn ihnen eine Szene als klares Foul oder „korrekt“ verkauft wird.
Zitat: „Erstaunlich, wie ruhig das Publikum hier bleibt.“ oder „wie geduldig“
Zitat: „Man dachte schon, die Chance war vertan, aber dann doch noch das Tor.“ Wer, bitte, ist „man“? Anmaßend. Weiß ich, was du dachtest, und es wird auch unendlich schwer da irgendeinen anderen Sinn hineinzubekommen als „ich bin der Größte, denn ich weiß, wie es steht.“
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Auch diese Form der Abschaltvergewisserung für den Fernsehzuschauer, seitens der Sendeanstalten ausgerufen oder auch nur zugelassen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die Sprecher maßen sich permanent Dinge an, die sie einfach so für den Zuschauer in den Raum stellen, als gesicherte Wahrheiten verkaufen, dabei aber die Absichten oder Inhalte der tatsächlichen Expertenreaktionen komplett übersehen, ignorieren oder schlichtweg nicht begreifen. Es ist die Anmaßung, zugleich Trainer, Spieler, Schiedsrichter und Manager zu sein, am schlimmsten im Sinne von dreist aber dabei, den Zuschauer, egal auf welchem Verständnislevel er sich tatsächlich befindet, zu bevormunden. In der Rolle der Verantwortlichen will er uns weismachen, nicht nur all deren Aufgaben mit Leichtigkeit bewältigen zu können, sondern er weiß schlichtweg in allen Fällen die „richtigen“ Lösungen, auf welche die Befragten (oder nicht einmal Befragten, damit Wehrlosen) noch nicht gestoßen sind.
Hier ein Beispiel, welches sich sozusagen zum Jargon entwickelt hat, dessen quasi jeder Sportberichterstatter sich zu befleißigen hat, den er dem Zuschauer quasi einfach so „unterjubelt“. Man höre oder lese einen derartigen Kommentar: „…der Trainer, der einen seiner Mitspieler nach der Partie zurecht lobte.“ Hübsch, wunderbar, er lobte, er wird zitiert, ein positiver Kommentar dennoch. Nur, bitte, man frage sich, was hat dieses Wörtchen „zurecht“ darin verloren? Der Trainer lobte seinen Spieler. Punkt. Der Leser oder Zuhörer möge sich nun gerne darüber Gedanken machen, warum er das tat. Er mag sich auch fragen, ob ihm der Spieler im Spiel ebenfalls gefallen hat. Vielleicht wird auch seine Aufmerksamkeit erst durch dieses erfreuliche, bemerkenswerte Urteil, das Lob, auf diesen Mitstreiter gelenkt. Ein Spieler, der vielleicht bisher noch gar nicht im Rampenlicht stand, dessen Wichtigkeit der Trainer hier gerne hervorgehoben wissen möchte. Das „zurecht“ ist derartig unverschämt, dass einem eigentlich die Worte fehlen, um es näher zu erläutern. Da stehen oder gesagt werden tut es aber trotzdem. Gott, dem Allmächtigen stünde es vielleicht zu, so etwas zu sagen. Und sonst sicher keinem.
Es handelt sich um ein Urteil. Dieses Urteil ist jedoch nicht mehr mit dem Vermerk versehen, dass es sich um eine eigene, persönliche Ansicht handelt. Sowie diese entfällt ist es ein so genanntes Gottesurteil oder, anders ausgedrückt, ein unumstößliches Urteil. Wo kommt der Anspruch her, allwissend zu sein? Welchem Zuhörer kann es auf diese Art Spaß machen? Das Urteil wird vorgesetzt. Falls man sich empören sollte, so hat man diesen Ärger für sich allein. Kaum ein Ventil. Wer schreibt schon den Sender an? An welcher Stelle wird überhaupt die Fragestellung aufgeworfen, was der Zuschauer gerne hören möchte?
Wenn diese unglaubliche Nervensäge mit dem Mikrofon — welchem an dieser Stelle jeglicher Fußballverstand einfach so abgesprochen wird, wegen Dummheit gepaart mit Dreistigkeit, weil so aufsässig kann niemand sein, der tatsächlich den Hauch von einer Ahnung hat — nun hier zu erkennen geben möchte, dass ihm dieser Spieler ebenfalls gefallen hat, dann möge er es bitte anmerken. Seinen Expertenstatus kann er mit profunden Kenntnissen und wohl überlegten Spiel- und Spieleranalyse an so vielen Stellen aufzeigen. Möge er Noten vergeben, möge er das Trainerurteil dabei unmerklich mit einbeziehen, möge er, sofern im Interview geschehen, gerne wiederholt nachfragen, zur eigenen und des Zuschauers Erhellung, was ihm denn an dem Manne so gut gefallen habe, aber bitte, bitte nicht mehr dieses Klassifizieren der Aussage eines wirklichen Experten. “Das hat der Trainer richtig erkannt. Der war gut.” Richtig übel, das ist alles dazu.
Man stelle sich vor, dass diesmal der Experte (in diesem Beispiel also der Trainer) zwar zufällig mit seinem Urteil richtig gelegen haben mag – wie uns der Halbgott am Mikro soeben versicherte — , insofern also Konsens besteht, jedoch was ihn zu erwarten hätte, wenn er sich geirrt hätte? Diesen Spieler, na gut, den lobte er zurecht. Aber den anderen, über den er sich ebenfalls oder eine Woche später ähnlich äußerte, den lobte er dann zu Unrecht? Wer, nur zur Erinnerung, hätte einzig das Recht, sich so zu äußern?
Genau so verhält es sich natürlich mit der Aussage, dass, beispielsweise bei einer Auswechslung, „die Zuschauer ihm zurecht Beifall klatschten.“ Nur ist es eben noch ein bisschen mehr Anmaßung. Dem Zuschauer, der spontan seinen Empfindungen Ausdruck verleiht, nicht einmal reflektiert und dies auch gar nicht soll, sondern der emotional auf eine Leistung reagiert, die ihm gefallen hat, der er auf seine Art die Anerkennung, Respekt, Hochachtung mitteilen möchte, indem er dem Gladiatoren (stehende) Ovationen zukommen lässt, demjenigen hier die Berechtigung dafür zu-oder, noch schlimmer, absprechen zu wollen, ist der Gipfel.
Dieser Zuspruch ist dem davon Betroffenen so was von gleichgültig, ach was, so zuwider, so ekelhaft, dass er ihn zum Anlass nehmen würde — so er Kenntnis von der gerade abgelassenen Impertinenz hätte — ebenso spontan das Klatschen einzustellen und gegen lauthalses Pfeifen auszutauschen – am besten gegen den Kommentator gerichtet –, nur damit diesem Menschen endlich das Maul gestopft würde. Und eines kann man hier, wenn auch in unzulässiger eigenhändiger Bedienung des Jargons, gesichert hinstellen: Diese Pfiffe erhielte jener ZURECHT. Und der Zuschauer würde es begleiten mit einem: „Ich klatsche, wann ich möchte. Und ich pfeife, wann es mir passt. Jetzt war mir spontan nach Pfeifen. Halt die Klappe!“
Man überlege bitte hier genauso: da der Sprecher dem ihm so hoffnungslos im Urteilsvermögen unterlegenen Zuschauer diesmal gnädigerweise die Berechtigung erteilt hatte, zu klatschen: würde er sie an anderer Stelle absprechen wollen? Diesmal klatschten sie zurecht. Brave Lämmchen. Ein andermal klatschen sie zu Unrecht? Wie könnte so etwas sein? Die Zuschauer haben sich geirrt. Sie klatschen, der hat ihnen anscheinend gefallen, dabei war er doch richtig schwach? Wer müsste nun über sein “Urteil” nachdenken? Sicher nicht der/die Beifallsklatscher.
Sehr gerne genommen für die beabsichtigte Aufwertung der eigenen Persönlichkeit sind stets und ständig – und bitte, hier ist wieder und wieder von beobachteten Tendenzen die Rede, die sich weiter und weiter entwickeln und denen offensichtlich niemand Einhalt zu bieten gedenkt – Spielerwechsel. Der soeben durch das Hochhalten des Auswechselplättchens am Spielfeldrand davon in Kenntnis gesetzte Kommentator hat sofort die, natürlich längst verbürgten, nur noch nicht mitgeteilten, Einschätzungen parat: „Ja, der (ausgewechselte) Spieler brachte heute wirklich keine besonders gute Leistung. Kein Wunder, dass ihn der Trainer runternimmt.“
Ja, so wird’s gemacht. Falls man vorher noch nicht Neunmalklug war, dann wird man es vielleicht so. Einfach etwas in den Raum stellen, ungeachtet des Wahrheitsgehaltes. Immerhin, man hat ein Indiz. Ein Spieler wurde ausgewechselt. Vielleicht habe ich Glück, und er tat es, weil dieser nicht so gut war heute? Na, und wenn nicht, kann es mir auch nicht schaden. Wer sollte nämlich widersprechen?
Sicher, das Phänomen wurde schon erörtert, vor allem die Verbesserung im Auslandsvergleich vorgeschlagen: zwei Reporter könnten diese Schwachstelle recht schnell beseitigen. Dennoch wird es als Anmaßung empfunden, wenn ein Sprecher mal wieder ein nach seiner Ansicht „klares Foulspiel“ beobachtet haben will, man sich als Zuschauer aber alles andere als sicher darüber ist, vielleicht das Gegenteil denkt, aber in der anschließenden Zeitlupe schlichtweg das identische Urteil übergestülpt wird: „Ja, hier sehen wir es. Ein klares Foul.“ „Ja, Pustekuchen, nix sehn wir, war kein Foul sehen wir. Außerdem gibt es für mich gar kein wir“. Nein, es ist anmaßend, unangenehm, bevormundend, peinlich, eigentlich unerträglich.
Übrigens werden die Respektlosigkeiten in aller Regel noch wesentlich übler, sobald von einem ausländischen Spiel ohne jegliche deutsche Beteiligung berichtet wird (natürlich, so etwas kommt hierzulande kaum vor, denn immerhin ist Deutschland ja seit ´54 der Nabel der Fußballwelt und wozu jemals über den Tellerrand schauen?). Hier kann man nach Herzenslust alles mies machen und Dreistigkeiten. Fehlurteile, Häme ohne Ende verstreuen, denn die nun Betroffenen werden sich garantiert nicht wehren. Denn a) würde sich ein Ausländer eh niemals eine deutsche Sportsendung anschauen, schon allein wegen des einschläfernden, spröden, herablassenden Tonfalls und b) würde er die Sprache (zurecht!) nicht erlernen wollen, um die Anmaßungen überhaupt verstehen zu können.
Immerhin beruhigend zu wissen, dass die Berichterstattung von außerdeutschen Ligen immer weiter in den Hintergrund gedrängt wird, die dafür Verantwortlichen also in dem Sinne so ziemlich ganze Arbeit geleistet haben. Das bedeutet, dass das Forum der Zuschauer, die Empfänger dieser Dreistigkeiten selbst das Urteil gesprochen haben und Ton und Bildzuschaltungen verweigert, und in der Folge die Betroffenen, die verschandelten Spieler, Trainer, Manager gar keinen Grund mehr hätten, sich gegen diese Fehlurteile aufzulehnen. Wer einmal das zweifelhafte Vergnügen hatte, ein spätabendliches spanisches Ligaspiel auf Sky (hier werden wirklich Hände ringend Zeuge gesucht! Gibt es denn wirklich niemanden?), im Grunde also einen echten Zungenschnalzer, zu verfolgen, dankt zwar für den unverhofft frühen und tiefen Schlaf, sagt sich aber trotzdem: einmal und nie wieder. Was man da im Vergleich zu einem bereits unerträglichen deutschen Spiel für einen Unsinn zu hören bekommt – na, wenn es wenigstens nur Unsinn wäre –, das schlägt dem Fass den Boden aus.
Wie macht man es besser?
Nun soll auch hier angeboten wäre, wie es in der “idealen Welt” aussehen könnte oder sollte. Es ist jedoch keineswegs eine Utopie sondern Dinge sehr lecht umsetzbar, die eine positive, objektive, richtige, menschliche und zugleich unterhaltsame Art der Berichterstattung möglich machen sollten – und dabei den Zuschauer tatsächlich wieder in seiner Vielzahl vor den Bildschirm zu locken.
Es wird immer wieder einen der drei Spielausgänge geben. 1, X oder 2. Mannschaft 1 gewinnt, Mannschaft 2 gewinnt oder das Spiel endet Unentschieden. Es gibt nur wenige Ereignisse, welche Eintrag in das Endergebnis finden. Das sind die Tore. Anzahl Schüsse, Großchancen, Eckbälle, Ballbesitz, Flanken, Glanzparaden vielleicht oder brandgefährliche Aktionen ohne Abschluss, Latten- oder Pfostentreffer, all diese Aktionen sorgen dafür, dass der Zuschauer das Spiel Fußball überhaupt gerne schauen mag (die Differenzierung Fan dieser oder jener Mannschaft gegenüber dem neutralen Zuschauer einheitlich so, dass die Fans vielleicht hauptsächlich am Ergebnis interessiert sind, diese sich jedoch grob gesprochen neutralisieren und der neutrale Zuschauer also der Hauptadressat und Verköstiger des Dargebotenen sein sollte) und je mehr derartigen Aktionen, umso besser, umso spannender, umso höher der Unterhaltungswert, jedoch all diese so schönen und willkommenen Aktionen nicht gewertet werden.
Allein schon daran kann man erkennen, dass ein 1:0 Sieg keineswegs die Verhältnisse hier stets “perfekt” abbilden könnte. Es mag durchaus vorkommen, dass er dennoch verdient ist, es mag sogar in einer größeren Vielzahl die bessere Mannschaft den Sieg davon tragen, aber es wird keineswegs immer der Fall sein. Es gibt auch klarere Ergebnisse, versteht sich, welche dann zunehmend wahrscheinlicher die Verhältnisse abzubilden geeignet sind, aber noch immer wäre es nicht immer so. Dennoch gilt allgemein: es gibt ein Ergebnis und es gibt die Verhältnisse in den Statistiken, in den Toraktionen, welche keineswegs miteinander im Einklang befindlich sein müssen.
Zusätzlich zu diesen Aktionen, die heutzutage sogar bei allen großen Ligen elekttronisch erfasst werden können und somit die Verhältnisse besser ausdrücken als es das pure Ergebnis täte, gibt es aber noch die Schiedsrichter Entscheidungen, die keineswegs und schon gar nicht in einem einzigen Spiel, sich etwa in ihrer Gerechtigkeit ausgleichen würden. Hier ist der Einfluss der Spieler und Trainer noch wesentlich geringer als bei den reinen Spielanteilen. Bei den in einer Vielzahl sehr knappen Ergebnissen in den höchsten Spielklassen wird unmittelbar klar, dass es von einem einzigen Pfiff oder Nicht-Pfiff abhängen kann (und oft genug auch wird), dass diese oder jene Mannschaft die Nase vorn hat.
Dazu gibt es natürlich das wahre Leistungsvermögen der Mannschaften sowie eine Erwartungshaltung, bei Zuschauern, Anhängern, Medien, Spielern, Trainern und sonstig Verantworlichen. Das “wahre Leistungsvermögen” ist eine schwer bestimmbare Größe, zumal sie höchst dynamisch ist und Entwicklungen unterworfen. Dennoch liegt sie sozusagen “objektiv” zugrunde. Wobei hier tatsächlich die Trainer ihren EInfluss geltend machen können, inwieweit das vorhandene Potenzial abgerufen wird und es sich positiv entwickeln oder entfalten kann. Eine höchst komplexe Angelegenheit, aber dennoch zumindest hier mal erwähnt.
Nun wird bei einem einzigen Spiel und in dessen Verlauf zunächst die Frage sein, wie die Spielverhältnisse zu erwarten wären – sei es hier erneut “objektiv” genannt –, und wie diese im Spiel selbst ausfielen.